„Klinkt sich in Hirne“

Schütze von Hanau zeigte „Geheimorganisation“ an

Ausland
21.02.2020 13:17

Über die kruden Weltanschauungen und Verschwörungstheorien des mutmaßlichen Hanau-Terroristen ist seit Donnerstagfrüh - als feststand, was hinter dem furchtbaren Verbrechen an neun Deutschen mit Migrationshintergrund steckt - bereits einiges berichtet worden. Nun bestätigte der deutsche Generalbundesanwalt Peter Frank, dass Tobias R. sich im vergangenen November an die Bundesanwaltschaft gewendet hatte. Dort sei von dem 43-Jährigen eine Strafanzeige gegen eine unbekannte geheimdienstliche Organisation eingebracht worden.

In der Anzeige brachte Tobias R. demnach zum Ausdruck, dass es eine übergreifende große Organisation gebe, die vieles beherrsche, „sich in die Gehirne der Menschen einklinkt und dort bestimmte Dinge dann abgreift, um dann das Weltgeschehen zu steuern“, schilderte der Generalbundesanwalt am Freitag.

Generalbundesanwalt Peter Frank (Bild: APA/AFP/CLEMENS BILAN)
Generalbundesanwalt Peter Frank

Lieblingsthemen Geheimdienste, Frauen, Verschwörungstheorien
Wie der „Focus“ berichtet, seien auch auf der inzwischen offline gestellten Homepage des Hanauers zuletzt nicht nur Videos mit rassistischem Gedankengut veröffentlicht worden, auch Geheimdienste, wilde Verschwörungstheorien und sein Hass auf Frauen - da er noch nie eine Beziehung gehabt habe - hätten zu den Lieblingsthemen von Tobias R. gezählt. Kurz vor der Tat sprach er in einem Video in fließendem Englisch über angeblich in den USA existierende unterirdische Militäreinrichtungen, Kindesmisshandlungen und Teufelshuldigungen.

Ein Hinweis auf eine bevorstehende eigene Gewalttat - in zwei Shisha-Bars tötete R. neun Menschen, danach in seiner Wohnung seine Mutter und sich selbst - ist in dem Video nicht enthalten, genauso wenig wie in der Anzeige bei der Bundesanwaltschaft. Auch seien in der Anzeige keine rechtsextremistischen oder rassistischen Ausführungen enthalten gewesen. Man habe kein Ermittlungsverfahren eingeleitet, so Frank.

Blumenkränze vor einem der Tatorte, der Bar Midnight in Hanau (Bild: AP)
Blumenkränze vor einem der Tatorte, der Bar Midnight in Hanau

Auch der Vater des mutmaßlichen Täters sei in der Vergangenheit im Kontakt mit Behörden aufgefallen, durch verschiedene Schreiben wie Beschwerden. Der Mann sei bei der „Wohnungsöffnung“ in der Nacht auf Donnerstag auch angetroffen worden. Er sei aber kein Beschuldigter des Ermittlungsverfahrens, sondern im Zeugenstatus.

Auch Niederösterreicher Anzeige geschickt
Auch einem Niederösterreicher hatte Tobias R. eine Anzeige geschickt: Der mutmaßliche Todesschütze hatte bis vor wenigen Wochen Kontakt zu Bernd Gloggnitzer, der im niederösterreichischen Ternitz sein Institut namens Remote Viewing School betreibt. Beim „Krone“-Lokalaugenschein im spirituellen Kurszentrum erinnert sich der Mentalexperte, von dem sich Tobias R. offenbar parapsychologische Hilfe erhoffte, an die Kontaktaufnahme per E-Mail im Dezember 2019.

Der Niederösterreicher Bernd Gloggnitzer hatte mit dem Terrorverdächtigen von Hanau Kontakt per E-Mail. (Bild: Reinhard Judt, "Krone", krone.at-Grafik)
Der Niederösterreicher Bernd Gloggnitzer hatte mit dem Terrorverdächtigen von Hanau Kontakt per E-Mail.

Rasch festgestellt, dass er nicht alle Tassen im Schrank hat“
„Ich bekomme öfters Anfragen von Spinnern. Herr R. schrieb mir, dass sich ein Privatdetektiv bei ihm gemeldet habe und dieser hätte mich empfohlen“, erzählt der Niederösterreicher aus dem Bezirk Neunkirchen. Er habe jedenfalls rasch festgestellt, dass der 43-Jährige „nicht alle Tassen im Schrank hat“. Nach zwei E-Mails habe R. ihm die 19-seitige Anzeige geschickt, „in der es um Verschwörungstheorien und Geheimdienste ging“.

Handy, Computer, Auto - alles wird untersucht
Im Zuge der Aufklärung des Anschlages durchleuchten die Ermittler nun Handy- und Computerdaten des 43-Jährigen. Abgeklärt werde, mit wem im Inland und Ausland er Kontakt gehabt und wo er sich aufgehalten habe, sagte Frank. Mittlerweile seien 40 Zeugen angehört worden, um den genauen Tathergang abzuklären. Zudem würden die GPS-Daten vom Auto des mutmaßlichen Täters ausgewertet.

Das Auto des mutmaßlichen Schützen wird weggebracht. (Bild: AFP)
Das Auto des mutmaßlichen Schützen wird weggebracht.

„Devise Gründlichkeit vor Schnelligkeit“
In der Wohnung des 43-Jährigen seien schriftliche Unterlagen und auch technische Gerätschaften sichergestellt worden, die in den kommenden Tagen und Wochen ausgewertet würden. Auch Finanzermittlungen seien angestoßen worden. „Das wird dauern“, sagte Frank. Auch wenn Schnelligkeit gewünscht werde. „Hier gilt die Devise Gründlichkeit vor Schnelligkeit.“

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