Anschlag in Hanau

Behörden fürchten mehr Gewalttaten als Reaktion

Ausland
22.02.2020 14:00

Nach dem offenbar rechtsradikalen Anschlag im hessischen Hanau stellen sich die Sicherheitsbehörden auf gewaltsame Gegenreaktionen ein. Auch, wenn nach Einschätzung der Ermittler keine konkrete Gefährdung für Moscheen aus der Tat abgeleitet werden kann, soll die Polizeipräsenz erhöht werden - auch vor Moscheen. Unterdessen bringen SPD und Grüne verpflichtende psychologische Begutachtungen für Waffenbesitzer wieder ins Gespräch.

Nach der Tat in Hanau rechnen Ermittlerkreise mit Veranstaltungen der linksextremistischen Szene gegen „Rechts“, aber auch mit Straftaten gegen örtliche Vertreter der AfD, berichtet die „Funke Mediengruppe“. Deutschlands Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte am Freitag angekündigt, die Polizeipräsenz auch vor Moscheen zu erhöhen - Reaktionen aus der islamischen Szene seien möglich.

Katrin Göring-Eckardt von den Grünen (l.) spendet einer Frau Trost. (Bild: AP)
Katrin Göring-Eckardt von den Grünen (l.) spendet einer Frau Trost.

„Gesetz entsprechend reformieren“
Man müsse „sehr ernsthaft prüfen, ob wir das Waffenrecht wieder nachjustieren müssen“, sagte SPD-Innenexperte Helge Lindh der Zeitung „Die Welt“. „Sollte sich herausstellen, dass die Behörden die psychologische beziehungsweise persönliche Eignung von Waffenbesitzern nicht ausreichend prüfen können, müssen wir das Gesetz entsprechend reformieren.“ Denkbar wäre, die Genehmigung von Waffenbesitzkarten künftig von der Vorlage eines psychologischen Gutachtens oder Tests abhängig zu machen, sagte Lindh.

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Sollte sich herausstellen, dass die Behörden die psychologische beziehungsweise persönliche Eignung von Waffenbesitzern nicht ausreichend prüfen können, müssen wir das Gesetz entsprechend reformieren.

SPD-Innenexperte Helge Lindh

Zahlreiche Menschen gehen bei einem Trauermarsch vom Tatort Heumarkt zum Tatort Kurt-Schumacher-Platz und halten dabei Fotos der Opfer in den Händen. (Bild: APA/dpa/Nicolas Armer)
Zahlreiche Menschen gehen bei einem Trauermarsch vom Tatort Heumarkt zum Tatort Kurt-Schumacher-Platz und halten dabei Fotos der Opfer in den Händen.

Es stelle sich schon die Frage, „ob das aktuelle System wirklich funktioniert und ob regelmäßige obligatorische psychologische Begutachtungen nicht besser wären“. Ziel müsse sein, „dass nur diejenigen eine waffenrechtliche Erlaubnis erhalten, die auch die physische, kognitive und psychologische Eignung für Besitz von Schusswaffen haben“, so Irene Mihalic, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion zu der „Welt“.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht und Innenminister Horst Seehofer besuchten am Donnerstag einen der Tatorte in Hanau, um dort Blumen niederzulegen. (Bild: AP)
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht und Innenminister Horst Seehofer besuchten am Donnerstag einen der Tatorte in Hanau, um dort Blumen niederzulegen.

Krankheit darf nicht zu Gefahr werden
In der „Bild“-Zeitung vom Samstag plädierte Innenminister Seehofer unter bestimmten Voraussetzungen für zusätzliche Psychotests für Inhaber eines Waffenscheins. Er sprach von „einem medizinischen Gutachten oder einer ärztlichen Bestätigung“. Es müsse gewährleistet sein, „dass da alles in Ordnung ist und die Verwirrung oder die Krankheit einer Person nicht zur Gefahr für die Allgemeinheit werden“.

(Bild: APA, krone.at-Grafik)

Am Mittwochabend hatte der 43-jährige Deutsche Tobias R. an verschiedenen Tatorten in Hanau neun Menschen mit ausländischen Wurzeln offenbar aus rassistischen Gründen getötet, später wurden er und auch seine 72-jährige Mutter tot in einer Wohnung aufgefunden. Im Vorfeld hatte Tobias R. bei der Bundesanwaltschaft Strafanzeige gegen eine unbekannte geheimdienstliche Organisation eingebracht und sich per E-Mail an einen niederösterreichischen Mentaltrainer gewandt.

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