Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober haben am Donnerstag ein Arbeitsgespräch im Bundeskanzleramt mit den Landeshauptleuten und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) zu der neuartigen Lungenkrankheit Covid-19 geführt. Der Kanzler sagte bei einer Pressekonferenz nach dem Treffen, dass die aktuelle Entwicklung mit mehr als 600 Fällen in Europa auf weitere Fälle hindeute: „Mit einer weiteren Ausweitung in Europa und Österreich ist zu rechnen.“ Am Abend nahm der Kanzler zudem in der „ZiB 2“ Stellung zur aktuellen Situation.
Laut aktuellen Entwicklungen gebe es in Europa bereits mehr als 600 Fälle, zuletzt auch in Dänemark, Estland, Rumänien und den Niederlanden. Auch in Österreich gibt es bereits fünf bestätigte Coronavirus-Fälle, drei davon in Wien. „Aber wir rechnen mit weiter steigenden Zahlen“, so Kurz. Das Ziel sei es, bestabgestimmt zu agieren, um eine Eindämmung so weit wie möglich zustande zu bringen. „Es können derzeit 1000 Testungen pro Tag durchgeführt werden und nicht jeder Verdachtsfall ist auch eine positive Testung.“
Wer Symptome hat, soll 1450 anrufen
Die Mitwirkung der Bevölkerung sei wichtig, denn jeder Einzelne könne einen wichtigen Beitrag leisten. „Es gibt Reisewarnungen, das sind keine Reiseempfehlungen, sondern diese Reisewarnungen müssen ernst genommen werden“, mahnte der Kanzler eine strenge Einhaltung der behördlichen Vorgaben ein. Wer die betroffenen Gebiete besucht habe und jetzt in Österreich sei, solle sich von größeren Veranstaltungen fernhalten. „Wer Symptome verspürt, soll nicht zum Arzt gehen, sondern die Corona-Hotline (Gesundheitsberatung 1450, Anm.) anrufen.“
Bundesweit einheitliche Vorgehensweise
„Wir wissen in den nächsten zwei bis drei Wochen, ob die Welt eine globale Pandemie erfahren wird“, sagte Gesundheitsminister Anschober. Er kündigte Verordnungen und Erlässe an, damit Verdachtsfälle österreichweit einheitlich behandelt werden. „Es geht um Ablaufpläne in allen Bereichen.“ Es sei besonders wichtig, bundesweit einheitliche Vorgehensweisen zu haben.
Anschober: „Jeder Österreicher kann einen Beitrag leisten“
Derzeit habe man eine Grippewelle auf der einen Seite und eine beginnende Coronawelle auf der anderen Seite. „Beide weisen ähnliche Symptome auf.“ Deshalb sei es umso wichtiger, bei Anzeichen nicht zum Arzt oder in die Spitalsambulanz zu gehen, sondern die 1450 anzurufen. So könne jeder Österreicher einen Beitrag leisten, dass sich die Coronavirus-Welle nicht weiter ausbreitet.
Für eine mögliche Absage von Veranstaltungen gebe es keine „Absolut-Regelungen“. „Hier muss man von Fall zu Fall entscheiden“, so Anschober.
Der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) betonte, er sei sehr froh, dass es am Donnerstag zu diesem Austausch gekommen sei. „Bei dieser großen gemeinsamen Herausforderung ist es uns wichtig, dass wir gemeinsam mit gleichen Standards vorgehen.“ Eine gute öffentliche Information sei besonders wichtig. Mittelfristig müsse man auch gemeinsam den Nachschub von Materialien wie Atemschutzmasken und Schutzkleidung regeln.
Grippepatienten stichprobenartig untersuchen
Der 72-jährige Patient in Wien befand sich bereits seit zehn Tagen im Krankenhaus und wurde auch auf der Intensivstation behandelt. Er war zunächst als normaler Grippepatient eingeliefert worden. Nunmehr sollen stichprobenartig Grippepatienten untersucht werden, „ob hier auch Corona dabei sein kann“, sagte Anschober.
Bundeskanzler: „Wichtig, Zeit zu gewinnen"
„Es ist wichtig, Zeit zu gewinnen, weil es derzeit noch keinen Impfstoff gegen das Coronavirus gibt und weil es auch noch die Grippe gibt. Deshalb haben wir derzeit auch weniger Kapazitäten in den Spitälern“, sagte Kurz am Donnerstagabend in der „ZiB 2“. Der Kanzler versuchte, die angespannte Situation zu beruhigen: „Wir müssen uns auf eine Ausbreitung in ganz Europa vorbereiten. Das bedeutet aber nicht, dass wir in Panik verfallen sollen.“
Kurz: „Corona kommt zur Grippe noch hinzu“
Auf die Frage, ob die Verhältnismäßigkeit verglichen mit der regulären Grippe stimme, antwortete Kurz: „Es ist nicht entweder oder, sondern Corona kommt zusätzlich zur Grippe hinzu. Das bedeutet eine weitere Herausforderung in den Spitälern. Es gibt eine etwas höhere Sterblichkeit als bei der Grippe, insbesondere bei älteren Menschen.“ Wenn man eine Ausweitung schon nicht verhindern könne, sei es zumindest gut, „Zeit zu gewinnen“.
Wichtig ist dem Bundeskanzler, Verdachtsfälle weiterhin transparent zu kommunizieren. Nicht jeder Verdachtsfall sei jedoch auch ein Coronavirus-Fall: „Wir leben in Demokratien, wir wollen ein transparentes Vorgehen. Die Medien und die Öffentlichkeit müssen richtig darauf reagieren.“
Kurz wurde auch befragt, ob der Corona-Verdachtsfall aus der Delegation, die mit Außenminister Alexander Schallenberg in den Iran gereist war, mit dem SARS-CoV-2 Virus infiziert sei. „Es handelt sich hier konkret um einen Journalisten, spätestens am Freitag soll es das Testergebnis geben.“
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