„Offene Grenzen“
Flüchtlinge aus Syrien marschieren Richtung EU
Nun macht die Türkei offenbar tatsächlich Ernst: Nachdem ein ranghoher Regierungsbeamter angekündigt hatte, ab sofort Flüchtlinge aus Syrien auf ihrem Weg Richtung Europa nicht mehr aufzuhalten, haben sich bereits Dutzende Menschen Richtung EU aufgemacht. In den sozialen Medien verbreiten sich Aufnahmen von winkenden Menschen beim mutmaßlichen Übertreten der Grenze zu Griechenland. Diese Bilder konnten aber noch nicht verifiziert werden. Das türkische Außenministerium dementierte zudem: „Es ist zu keiner Änderung der Flüchtlingspolitik gekommen“, hieß es in einer Stellungnahme. Dennoch haben sowohl Griechenland als auch Bulgarien ihre Grenzkontrollen verstärkt.
„Griechenland hat die Bewachung seiner Grenzen zu Land und zu Wasser maximal verschärft“, hieß es am Freitag aus Regierungskreisen. Aus Polizeikreisen erfuhr die Nachrichtenagentur AFP, dass die Grenzpatrouillen verdoppelt wurden. Nach Angaben aus Militärkreisen wurden in der Region Evros an der Grenze auf türkischer Seite rund 300 Menschen gesichtet. Diese Zahlen seien aber nicht ungewöhnlich, sagte ein Militärvertreter. Bulgariens Ministerpräsident Bojko Borissow berichtete in einer Regierungssitzung von „Daten über viel Gedränke“, über die die Behörden seines Landes verfügten.
Ranghoher Beamter: „Werden Grenzen nicht länger schließen“
Die Türkei werde die Grenzen nicht länger für Flüchtlinge schließen, „die nach Europa wollen“, hatte ein ranghoher Regierungsvertreter am Freitag vor dem Dementi des Außenministeriums in Ankara der Nachrichtenagentur AFP gesagt. Der Sprecher von Präsident Recep Tayyip Erdogans Partei AKP, Ömer Celik, sagte dem Sender CNN Türk am Freitag, bei einer Krisensitzung der Regierung sei festgehalten worden, dass die Türkei „dem Druck durch neu ankommende Flüchtlinge nicht standhalten“ könne. „Es gibt nur eine Sache, die die Europäische Union tun kann, und das ist, der Türkei zu helfen“, fügte er hinzu. Bereits Ende vergangenen Jahres hatte Erdogan mit der Öffnung der Grenzen gedroht.
Bootsfahrten Richtung Lesbos geplant
Dass diese Drohung nun offenbar Realität geworden sei, verbreitete sich wie ein Lauffeuer in türkischen und sozialen Medien. Wie die Nachrichtenagentur DHA berichtete, machten sich in Folge Hunderte Migranten in der Türkei auf den Weg in Richtung der EU-Grenzen. Fast 300 Migranten, darunter Syrer, Iraner, Iraker, Marokkaner und Pakistaner, erreichten am Morgen die Provinz Edirne an der Grenze zu Griechenland. Eine weitere Gruppe Migranten befand sich laut DHA im westtürkischen Canakkale, von wo aus sie mit Booten auf die griechische Insel Lesbos übersetzen wollte.
„Hier ist die Tür zu Europa“
In Istanbul kamen Menschen Medien zufolge unter anderem im Stadtteil Zeytinburnu zusammen, um in Sammeltaxis und Bussen nach Edirne oder in Küstenorte zu fahren. Auf CNN Türk war ein Mann einer Transportfirma zu hören, der Menschen anlockte mit dem Slogan „Hier ist die Tür zu Europa“. Der Fernsehsender TRT zeigte Szenen von Migranten, die im Morgengrauen an einem Strand standen oder über Felder liefen. Die Bilder ließen sich nicht unmittelbar verifizieren.
Seit Anfang Dezember sind nach UNO-Angaben rund 950.000 Menschen aus den umkämpften Gebieten in Nordwestsyrien geflohen, darunter eine halbe Million Kinder. Viele von ihnen leben unter katastrophalen Bedingungen in der Grenzregion zur Türkei. Kaltes Winterwetter verschärft die Lage.
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