Schon seit Jahren, nämlich auch schon vor ihrer Verwirklichung, sorgt die im September 2018 eröffnete Gmundener Straßenbahn (zwischen Vorchdorf und Gmunden) für Sorgen hinsichtlich ihrer geringen Fahrgastzahlen, siehe zum Beispiel einen „Krone“-Bericht aus dem Oktober 2019. Nun bestätigt ein Rohbericht des Bundesrechnungshofes den „Crash“ dieses Verkehrsprojektes.
Auf 128 Seiten hat sich der Bundesrechnungshof die „Traunsee-Tram“ penibel vorgeknöpft. Er hat sich, womöglich an den erwähnten „Krone“-Bericht anknüpfend, imPrüfungszeitraum vom November 2018 bis April 2019 das Projekt genau angesehen.
Gesamtkosten von 169 Millionen Euro
Schon die Errichtungs- und Betriebskosten dieser Mischung aus Straßenbahn und Regionalbahn sind atemberaubend: Der gesamte Mitteleinsatz zur Realisierung der Traunseetram im Zeitraum 2003 (das Jahr der Grundsatzentscheidung) bis 2030 betrage rund 169,07 Millionen Euro, stellt der Bundesrechnungshof dar. Der Bund, das Land Oberösterreich und die Stadt Gmunden finanzier(t)en das Projekt.
Nur 2260 Fahrgäste pro Werktag im ersten Jahr
Der „Wurm“ war - hinsichtlich Fahrgästepotenzial - schon von Anfang an drin, ergibt sich jetzt auch aus der Darlegung der Wiener Prüfer: „Die Potenzialanalyse rechnete mit 2730 Fahrgästen pro Werktag und prognostizierte bis 2025 sogar 3300 Fahrgäste. Tatsächlich fuhren im ersten Jahr nur durchschnittlich 2260 Fahrgäste mit der Traunseetram“.
Fahrgastzahlen weit unter Referenzwerten
Und weiter im Bericht. „Diese Fahrgastzahlen lagen auch deutlich unterhalb der Referenzwerte für die Leistungsfähigkeit von Straßenbahnen, die laut Fachliteratur bei 20.000 bis 100.000 Fahrgästen pro Tag liegt. Für Buslinien liegt dieser Wert bei 8000 bis 15.000 Fahrgästen.“
Es hätte Buskonzept geben müssen
Daher gelte: „Bereits ein Vergleich der prognostizierten Fahrgastzahlen in der Potenzialanalyse mit den Referenzwerten für Straßenbahn und Bus hätte zur Umsetzung eines Buskonzeptes führen müssen.“
Dreimal höhere Kosten als Nutzen
Das daraus folgende finanzielle Fiasko beschreibt der Rechnungshof so: „Erstellt man die Kosten-Nutzen-Analyse anhand tatsächlicher Zahlen, so ergeben sich jährliche Kosten von rund 4,05 Millionen Euro und ein jährlicher Nutzen von 1,43 Millionen Euro. Die Kosten inkl. Betrieb und Erhalt der Traunseetram übersteigen damit den Nutzen um das Dreifache.“
Zu wenig Kontrolle und Steuerung
Und all das unter den etwas blinden Augen der Mitfinanciers. „Die Fördergeber, also das Land Oberösterreich und die Stadtgemeinde Gmunden, nahmen ihre Kontroll- und Steuerungsrechte bei der Abwicklung des Projekts nicht in dem Ausmaß wahr, wie dies in der Finanzierungsvereinbarung vorgesehen war.“
Lücken auch im Verkehrsministerium
Überdies hatte das Verkehrsministerium „den Nachweis der verkehrswirtschaftlichen Notwendigkeit (Wirtschaftlichkeitsberechnung), der Sinnhaftigkeit sowie die Übereinstimmung der geplanten Investitionen und Erhaltungsmaßnahmen mit regionalen Verkehrskonzepten nicht schriftlich dokumentiert.“
Stellungnahmen fehlen noch im Rohbericht
An die Kritik schließt der Rechnungshof einige Empfehlungen an das Verkehrsministerium, das Land Oberösterreich und die Stadtgemeinde Gmunden an, die am Projekt selbst aber nichts mehr ändern können. Die 128 Seiten Prüfergebnis sind ein Rohbericht, also noch ohne Stellungnahmen der geprüften Stellen Bund, Land, Stadt.
Werner Pöchinger, Kronen Zeitung
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