Erste Zusammenstöße
Migrantensturm: Türkei lässt Grenzen zur EU offen
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will ungeachtet der Vereinbarungen mit der EU Flüchtlinge die Grenzen zu Griechenland und Bulgarien passieren lassen. „Wir haben die Tore geöffnet“, sagte Erdogan am Samstag und warf der EU vor, sich nicht an die Zusagen im Flüchtlingspakt gehalten zu haben. Laut Erdogan sind seit Freitag bereits 18.000 Flüchtlinge an die türkischen Grenzen zur EU gekommen (siehe Video vom Ansturm oben). Griechische Polizisten und Flüchtlinge lieferten sich bereits erste heftige Auseinandersetzungen.
Die griechische Polizei setzte Tränengas gegen die Flüchtlinge ein, die sich zu Tausenden am Grenzübergang Pazarkule in der westtürkischen Provinz Edirne versammelt hatten. Einige von ihnen bewarfen die Beamten mit Steinen.
Die Gewalt brach aus, nachdem die Türkei angekündigt hatte, Flüchtlinge, die in die EU wollten, nicht mehr am Grenzübertritt zu hindern. Ankara reagierte damit auf den Tod von 33 türkischen Soldaten bei Luftangriffen in der syrischen Provinz Idlib.
Flüchtlingspakt: EU bekam angeblich „Zusicherung“ zur Einhaltung
Bereits am Freitag hatte ein ranghoher türkischer Regierungsvertreter gesagt, die Türkei werde ihre Grenzen für Flüchtlinge, „die nach Europa wollen“, nicht länger schließen. Am Abend teilte dann aber der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nach einem Telefonat mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu via Twitter mit, die EU habe von der Türkei eine „Zusicherung“ erhalten, dass Ankara sich an seinen Teil des Flüchtlingspakts zwischen der EU und der Türkei halten werde.
Nehammer: „Beobachten Lage sehr genau“
„Wir beobachten die Lage sehr genau“, sagte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). „Wir vertrauen darauf, dass die Türkei pakttreu ist“, betonte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). Nehammer sagte, dass der österreichische Verbindungsbeamte in Griechenland genau beobachte, „ob es eine tatsächliche Veränderung gibt oder nicht“. Die EU und die Türkei hatten im März 2016 ein Flüchtlingsabkommen geschlossen, nachdem 2015 Hunderttausende Flüchtlinge über die Balkanroute nach Mitteleuropa gekommen waren. Nach dem teils heftig kritisierten Flüchtlingspakt sank die Zahl der über die Türkei in die EU gelangenden Syrer deutlich.
In dem Abkommen verpflichtete sich Ankara, alle neu auf den griechischen Ägäis-Inseln ankommenden Flüchtlinge zurückzunehmen und stärker gegen Schlepperbanden vorzugehen. Die EU versprach im Gegenzug Milliardenhilfen, eine beschleunigte Visa-Erleichterung und die Modernisierung der Zollunion.
Zahl der Flüchtlinge aus Syrien nimmt wieder zu
Die Zahl der Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien nimmt derzeit wieder zu, weil Machthaber Bashar al-Assad zusammen mit seinem Verbündeten Russland eine Offensive in der letzten Hochburg der Assad-Gegner in Idlib führt. Dort sind vor allem islamistische und dschihadistische Milizen aktiv, die teils von der Türkei unterstützt werden. Bei Luftangriffen in Idlib wurden am Donnerstag 33 türkische Soldaten getötet, ein weiterer erlag später seinen Verletzungen.
Erdogan richtete wegen des Konflikts am Samstag scharfe Warnungen an Russland und Syrien. In einem Telefonat mit Kreml-Chef Wladimir Putin am Freitag sagte er nach eigenen Angaben seinem russischen Kollegen: „,Was macht ihr dort? Wenn ihr einen Stützpunkt aufbauen wollt, bitte, aber geht uns aus dem Weg. Lasst uns mit dem (syrischen) Regime allein.'" Syrien drohte Erdogan, dass es den „Preis zahlen“ werde für den Tod der türkischen Soldaten.
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