„An apple a day keeps the doctor away“ lautet ein englisches Sprichwort - übersetzt könnte man sagen: „Ein Apfel am Tag und der Doktor bleibt, wo er mag“. Aber egal, wie man es ausdrückt, Forscher an der Uni Innsbruck zeigen: In dieser Redewendung liegt mehr Wahrheit, als man denken mag. Im Rahmen einer Studie konnten Birkenpollen-Allergiker erfolgreich mit Äpfeln behandelt werden.
15 Prozent leiden an Birkenpollen-Allergie
Aber zum Anfang: Rund 15 Prozent der Tiroler leiden an einer Birkenpollen-Allergie, zwei Drittel davon vertragen zudem kein rohes Stein- und Kernobst oder Nüsse. Zurückzuführen ist das auf die hohe Ähnlichkeit von Allergenen in Äpfeln und Birkenpollen, die „Krone“ berichtete. Eine Tatsache, die die Wissenschaft nun geschickt nützt, um beiden Dingen Herr zu werden.
Mit der Neubeschaffung von Messinstrumenten an der Universität Innsbruck, erklärt Projektleiter Martin Tollinger, ist es jetzt erstmals möglich, diese Ähnlichkeit im Experiment zu zeigen und diese Information zu nutzen. Das tat man in Kooperation mit Südtiroler Studienzentren und dem Landwirtschaftlichen Versuchszentrum Laimburg.
Immuntherapie mit täglichen Apfelstücken
Konkret bedeutet das, dass die Proteine, die in Äpfeln zu finden sind, im Labor untersucht wurden: „Wir haben uns im Detail angeschaut, wo die Ähnlichkeiten und wo Unterschiede liegen“, erklärt Chemiker Reiner Eidelpes. Das wiederum kommt direkt dem Patienten zugute. Im klinischen Bereich wurden parallel 23 Apfelsorten untersucht und deren Verträglichkeit für Allergiker in „wenig, mittel und gut“ eingestuft.
Die Äpfel bekamen die Probanden für acht Monate auf den Teller: „Nach einer Untersuchung zu Beginn der Studie haben die Patienten täglich ein Apfelstück zu sich genommen“, erklärt Mikrobiologin Bettina Nothegger, die mit ihrem Chef Norbert Reider am klinischen Teil der Studie arbeitet. Gestartet wurde mit einem gut verträglichen Apfel, die Menge gesteigert.
„Patienten haben nun weniger Heuschnupfen“
Die Ergebnisse der Studie konnten nun veröffentlicht werden – und geben Betroffenen allen Grund zur Hoffnung: „Die Patienten können Großteils wieder frische Äpfel essen, vertragen Pfirsiche, Mandeln oder Karotten besser und haben weniger Heuschnupfen im Frühling“, schildern die Wissenschaftler. „Sie wurden quasi sensibilisiert“, erklärt Nothegger. Kann man also herkömmliche Spritzentherapien durch Äpfel ersetzen? „Das ist derzeit noch nicht klar, aber das wäre das Ziel“, sagt die Doktorandin.
Wie wichtig die Forschung in diesem Bereich ist, zeigen Zahlen: „Bis zum Jahr 2025 sind Studien zufolge europaweit 50 Prozent der Bevölkerung von Allergien betroffen“, sagt Nothegger. Die Gründe dafür sind vielfältig: „Zum einen der Klimawandel, aber auch die Züchtung der Äpfel spielt eine Rolle“, erklärt Tollinger. Denn das Allergen werde mehr, je länger der Apfel gelagert wird – viele Äpfel wurden aber so gezüchtet, dass sie lange haltbar sind. Alte Apfelsorten seien deshalb oft auch wesentlich besser verträglich. Im Herbst geht die Studie in die nächste Runde.
Wenn Sie an einer Kreuzallergie leiden und an der Studie teilnehmen wollen, schreiben Sie eine E-Mail an: nothegger.bettina@i-med.ac.at
„Alte Sorten gut vertragen“
Herr Reider, die Birkenpollenallergie ist eine der aggressivsten unter den Pollenallergien. Ist nun das Allheilmittel gefunden?
So weit sind wir noch nicht. Die bisherigen Ergebnisse sind aber sehr vielversprechend. Dass wir die Ähnlichkeit der Allergene nutzen konnten, zeigt, dass wir das System großteils verstehen. Die weiteren Studien ab Herbst sollen Klarheit bringen.
Aber nicht alle Äpfel wurden von den Probanden gleich gut vertragen.
Hochgezüchtete Sorten tragen deutlich mehr Allergene in sich als alte Apfelsorten. Wir haben immer mit kleinen Mengen begonnen und dann die Dosis gesteigert. So, wie es bei der gängigen Allergie-Therapie in Form der Hyposensibilisierung gemacht wird. Am Ende konnten die Teilnehmer Äpfel großteils wieder vertragen, auch die hochallergenen Sorten.
Diese Hyposensibilisierung ist also nach wie vor das Mittel der Wahl?
Ja, aber sie wird laufend genauer und besser. Denn nicht jeder Betroffene ist auf die gleichen Bestandteile von Pollen allergisch. Die Therapie läuft über Jahre. Rund 75 Prozent der Pollenallergiker können wir damit nachhaltig helfen.
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