„De-facto-Ausweisung“
USA empören China mit Journalisten-Obergrenze
Das neuartige Coronavirus hat sich auch in den USA weiter ausgebreitet und bisher zu sechs Todesfällen geführt. Im Kampf gegen die Ausbreitung erwägt Washington eine Ausweitung der geltenden Einreisebeschränkungen. Das US-Außenministerium verfügte zudem neue Beschränkungen für die Ableger chinesischer Staatsmedien in den USA. Die Obergrenze von 100 akkreditierten Mitarbeitern für fünf chinesische Presseorgane belasten die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen den beiden Ländern.
Die neue Obergrenze betrifft die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua, das Staatsfernsehen, China Radio International sowie die Zeitung „China Daily“ und das kommunistische Parteiorgan „Volkszeitung“. Das Vorgehen folgt auf die Ausweisung von drei Korrespondenten des „Wall Street Journal“ aus China - und könnte nach US-Medienberichten dazu führen, dass bis zu 60 zugelassene Chinesen das Land verlassen müssen. Zudem erwägt die US-Regierung, Visa für chinesische Journalisten künftig stärker zeitlich zu begrenzen, wie ein hoher US-Beamter sagte.
Trotz der neuen Beschränkungen seien die Regelungen der US-Regierung für chinesische Journalisten in den USA immer noch wesentlich großzügiger als die für ausländische Reporter in China, argumentierte der US-Beamte. Seit Mitte Februar stuft die US-Regierung Chinas Staatsmedien allerdings auch schon als Organe der kommunistischen Führung in Peking ein. Aufgrund des neuen Rechtsstatus müssen sie sich in den USA ähnlich einer Botschaft als ausländische Vertretung registrieren, was stärkere Kontrollen und Auflagen zur Folge hat.
„Denkweise aus Zeit des Kalten Krieges“
Die chinesische Außenamtssprecherin Hua Chunying verurteilte die Obergrenze am Dienstag in Peking als „De-facto-Ausweisung“. Auch der chinesische Botschafter bei der UNO, Zhang Jun, verurteilte die US-Maßnahmen. Es sei nicht „angemessen“, dass sich die US-Regierung in die Arbeit von Journalisten aus China „einmischt“. Zhao Lijian, Sprecher des Außenministeriums, warf den USA eine „Denkweise aus der Zeit des Kalten Krieges“ und „ideologische Vorurteile“ vor. Die USA zögen „haltlose Gründe“ heran, um chinesische Medien „politisch zu unterdrücken“.
Der Schritt entlarve „die Scheinheiligkeit der sogenannten Pressefreiheit der Vereinigten Staaten als offensichtliche Doppelmoral und hegemoniale Schikane“, sagte Zhao. China behalte sich das Recht vor, zu reagieren und weitere Maßnahmen zu ergreifen. „Es waren die USA, die zuerst gegen die Spielregeln verstoßen haben. China kann es ihnen nur gleichtun“, erklärte Zhao.
„Überwachung, Drangsalierung und Einschüchterung“
US-Außenminister Mike Pompeo erklärte, dass mit den Beschränkungen wie bereits zuvor auf anderen Feldern „lang überfällige gleiche Wettbewerbsbedingungen“ zwischen den beiden Staaten hergestellt werden sollten. China setze zunehmend harsche Methoden der „Überwachung, Drangsalierung und Einschüchterung“ gegen Journalisten aus den USA und anderen Ländern ein, kritisierte er.
Eine in New York ansässige US-Journalistenorganisation hatte zuvor bereits vor einer „gefährlichen ‘Wie du mir, so ich dir‘-Spirale“ gewarnt. Diese könnte den Informationsfluss inmitten der Coronavirus-Epidemie behindern, erklärte das Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ).
Zahl der Infektionen außerhalb Chinas nimmt zu
Weltweit haben sich laut dem Berliner Robert Koch-Institut inzwischen rund 90.900 Menschen in 73 Ländern nachweislich mit dem neuen Coronavirus infiziert. Allein China hat nach offiziellen Angaben 80.280 Infizierte. „Das Geschehen verlagert sich etwas weg von China, und der Rest der Welt wird vermehrt betroffen“, sagte Vizepräsident Lars Schaade am Dienstag in Berlin. Seit Montag seien in China offiziell 115 Fälle hinzugekommen, in den restlichen 72 Ländern 1700 Fälle. Es handle sich weiterhin um eine dynamische und ernst zu nehmende Situation.
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