Moderne Smartphones messen heute oft mehr als sechs Zoll in der Diagonale, da sind die Kapazitätsgrenzen der Hosentasche schnell erreicht. Manch einer sehnt sich daher nach den Klapp-Handys der frühen 2000er, die nun tatsächlich in Smartphone-Gestalt ein Comeback feiern. Samsung bringt mit dem Galaxy Z Flip in Schminkspiegel-Optik das erste Gerät mit dem alten neuen Formfaktor nach Österreich. Wir haben es getestet.
Samsung kann für sich in Anspruch nehmen, in doppelter Hinsicht Erster zu sein, was Falt-Smartphones in Österreich angeht. Mit dem Galaxy Fold - hier geht’s zum Test - hat man das erste Handy nach Österreich gebracht, das vom Smartphone zum Tablet wird und damit Huaweis Mate X ausgestochen. Und mit dem Galaxy Z Flip, das seit kurzem im heimischen Handel ist, hat man das wiederauferstandene Moto Razr überholt, das unter dem Dach des PC-Riesen Lenovo gedeiht.
Alle klappbaren Handys sind unvernünftig teuer: Das Galaxy Z Flip spielt mit 1500 Euro am unteren Ende der Preisskala, das Fold mit knapp über 2000 in der Mitte, Huaweis Mate XS soll Ende März für 2600 Euro nach Österreich kommen. Die Geräte sind also teure Technikdemos und nicht unbedingt für den Massenmarkt gedacht.
Nicht für die Ewigkeit gebaut
Über die Haltbarkeit der Smartphones zum Zusammenfalten wurde bei allen genannten Geräten viel debattiert und in der Fachwelt ist man sich einig, dass die nun veröffentlichte erste Generation nicht für die Ewigkeit gebaut ist. Da gibt es ungelöste Fragen beim Displayschutz: Momentan picken meist Kunststofffolien auf den Bildschirmen, die naturgemäß schlechtere Gleiteigenschaften und geringere Härte als Glas aufweisen. Die Scharniere, welche die beiden Gerätehälften in Position bringen, leiern - ebenso wie das Display selber - mit jedem Faltvorgang ein klein wenig aus.
Für ein paar Jahre - Smartphones werden selten länger als drei verwendet - sollen die Flexi-Bildschirme der täglichen Nutzung standhalten. Beim mittlerweile recht intensiv getesteten Galaxy Fold nennt Samsung offiziell eine Lebensspanne von rund 200.000 Faltvorgängen, in unabhängigen Härtetests mit Faltrobotern schaffte es rund 120.000.
Nimmt man vier Jahre Nutzungszeit an, wären das 80 Faltvorgänge am Tag. Das entspricht einschlägigen Studien zufolge recht genau der Häufigkeit, mit der Menschen im Verlauf eines Tages zum Smartphone greifen. Zum Galaxy Z Flip gibt es solche Zahlen noch nicht, man darf aber annehmen, dass ähnliche Lebensdauern gelten. Mit dem Unterschied, dass das Galaxy Fold einen recht großen äußeren Zweitbildschirm mitbringt, auf dem man viele kleinere Aufgaben erledigen und so das große Falt-Display schonen kann. Das Galaxy Z Flip wird man öfter aufklappen, es hat außen nur ein kleines Info-Display für Uhrzeit, Akkustand und kleinere Benachrichtigungen.
Überzeugende Bildqualität, mittig gewellt
Wie lang es wirklich überdauert, lässt sich momentan nur abschätzen und hängt nicht nur von der Zahl der Faltvorgänge, sondern auch anderen Faktoren ab - etwa Staub, der ins Gerät eindringen kann. Die Bildqualität des flexiblen Bildschirms ist aber schon recht überzeugend. Er spiegelt relativ stark, ist aber hinreichend hell und erfreut mit viel Kontrast, sattem Schwarz und intensiven Farben. Bei der Bildschärfe und der seitlichen Ablesbarkeit steht man starren OLED-Geschwistern in kaum etwas nach. Ans sehr lang gezogene 22:9-Format muss man sich aber etwas gewöhnen.
Eine leichte Wellung an der Faltstelle und die ungünstigeren Gleiteigenschaften im Vergleich zu kratzfestem Glas offenbaren beim Galaxy Z Flip aber trotzdem schnell, dass die hier genutzte Technologie noch recht neu ist. Die Wellung ist bei ausgeschaltetem Bildschirm gut sicht- und auch bei eingeschaltetem fühlbar. Stellt der Bildschirm Inhalte dar, wird sie bei frontaler Betrachtung in der Praxis überstrahlt. Trotzdem: Haptisch wirkt die ganze Sache eher filigran und nicht sehr edel.
So viel zum Stand der Bildschirmtechnik, nun aber zum Galaxy Z Flip im Detail:
Samsung Galaxy Z Flip | |
CPU | Qualcomm Snapdragon 855 Plus: |
RAM | 8 GB |
Bildschirme | 2636 x 1080 Pixel (aufgeklappt) |
Diagonale | 6,7 Zoll (aufgeklappt) |
Kameras | 12 MP (F/1.8): Phase-Detection-Autofokus, OIS |
Frontkamera | 10 MP (F/2.4) |
Speicher | 256 GB |
microSD-Slot | Nicht vorhanden |
Funk | LTE, Gigabit-WLAN (.ac), Bluetooth 5.0, NFC, GPS, GLONASS, BeiDou, Galileo |
Akku | 3300 mAh |
Extras | Flexibles Display |
Software | Android 10 |
Preis | Ab 1500 Euro |
Genug Rechenpower - auch für Gamer
Auch abseits des Hightech-Bildschirms ist das Galaxy Z Flip ein sehr gut ausgestattetes Smartphone. Der Qualcomm-Oberklasseprozessor und die acht Gigabyte RAM ermöglichen eine vollends flüssige Android-Nutzung, problemloses Multi-Tasking und sind auch für fordernde Spiele gut gerüstet. Den Vergleich zur Konkurrenz braucht man nicht zu scheuen, in Benchmark-Tests spielt das Galaxy Z Flip ganz an der Spitze mit, wird aber unter längerer Last im Bereich ums Info-Display, wo der Prozessor verbaut sein dürfte, spürbar warm.
Konservative, aber sehr gute Doppelkamera
Bei der Kamera ist man konservativ: Zwei 12-Megapixel-Linsen - eine für normale, eine für Weitwinkel-Bilder - stehen hier bereit, während Samsung in planen Geräten schon auf 108 Megapixel aufrüstet. Daraus entsteht dem Galaxy Z Flip aber kein Nachteil. Die optisch stabilisierte und recht lichtstarke Hauptkamera liefert im guten wie im schlechten Licht höchst brauchbare Ergebnisse, stellt schnell scharf und löst flott aus. Für den Alltag bietet das Galaxy Z Flip eine sehr gute Schnappschusskamera, vergleichbar mit jener des Galaxy S10. Die zusätzliche Weitwinkellinse kann etwa für Gruppenfotos praktisch sein und machte ihre Sache im Test auch gut.
Ausstattung ohne Audioklinke und microSD-Slot
Die Ausstattung ist solide: Der seitlich ins Gehäuse integrierte Fingerscanner arbeitet zuverlässig, das Scharnier des Geräts ist geräuscharm und wartet mit angemessenem Widerstand auf. Die Tasten bieten einen klaren Druckpunkt, offensichtliche Verarbeitungsmängel hatte unser Testgerät keine. Was manche User aber vermissen könnten, sind Audioklinke und Speicherkarten-Slot.
Furchteinflößend rutschig für ein 1500-Euro-Handy
Gewöhnungsbedürftig - wir haben eine rosa-verchromte Farbvariante getestet - bis unpraktisch ist die Außenschale des Galaxy Z Flip. Das Gerät ist im zugeklappten Zustand vorne und hinten mit Glas überzogen, obendrein noch spiegelglatt und ein extremer Fingerabdruckmagnet.
Tatsächlich ist es so glatt, dass es uns im Test mehrere Male vom Tisch in den Schoß gefallen ist - ohne unser Zutun, offenbar nur angetrieben von der minimalen Vibration, die der darunter säuselnde PC verursacht hat. Das schreit nach einer Hülle, die - zweigeteilt natürlich - beiliegt und mit Klebestreifen am Gerät befestigt wird, da sie sonst abrutscht. Mit der Hülle liegt das Galaxy Z Flip dann auch etwas besser in der Hand: Ohne ist das Gehäuse angsteinflößend rutschig für ein 1500-Euro-Smartphone.
Zusammengeklappt äußerst kompakt
Seinen größten Trumpf spielt das Gerät letzten Endes in der Hosentasche aus: Zusammengeklappt ist es wahrlich winzig. Sicher, etwas dicker als normale Geräte, aber nicht viel - ähnlich dick wie ein Smartphone in Outdoor-Hülle, aber eben nur halb so groß. Konkret verringern sich die Maße von 167,3 x 73,6 x 7,2 Millimeter im offenen auf 87,4 x 73,6 x 17,3 Millimeter im geschlossenen Zustand. Damit bringt man das knapp 180 Gramm schwere Galaxy Z Flip auch in sehr kleine Taschen, profitiert aber aufgeklappt trotzdem von der großen Bildfläche - im Moment ein Alleinstellungsmerkmal!
Software ohne besondere Anpassungen
Bei der Software des Galaxy Z Flip gibt es keine Besonderheiten, hier läuft Android 10 mit bekannten Samsung-Anpassungen wie dem Sprachassistenten Bixby. Eigens für das zusammenklappbare Display entwickelte Extras wie die geteilte Tastatur beim Galaxy Fold fehlen hier, sind aber im klassischen Smartphone-Formfaktor auch nicht nötig. Der 3300 mAh dicke Akku brachte das Gerät im Test ohne Probleme durch den Tag, einen zweiten holt man aber wohl nur bei äußerst sparsamer Nutzung heraus, weshalb die meisten User ihn nachts vollladen werden.
Fazit: Coole Technikdemo, die noch reifen muss
Ein vollwertiges Smartphone, das sich auf die halbe Größe zusammenfalten lässt, ist für viele User sicher eine verführerische Idee. Angesichts des hohen Preises und der zumindest fragwürdigen Nehmerqualitäten des Galaxy Z Flip sollte man mit der Anschaffung aber wohl noch etwas warten und die neue Gerätekategorie reifen lassen.
Unabhängig solch praktischer Überlegungen ist das Galaxy Z Flip aber - genau wie der große Bruder Galaxy Fold - eine eindrucksvolle Technikdemo, die auf Mehr hoffen lässt. Wenn in zwei, drei Jahren die Preise gesunken, die Wellungen im Display verschwunden und ausgereifte Lösungen zum Schutz der flexiblen Displays da sind, könnten die Nachfahren des Galaxy Z Flip großen Anklang finden.
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