Norden abgeschottet
Italien stellt 16 Mio. Menschen unter Quarantäne
Wegen der Coronavirus-Epidemie steht in Italien nun rund ein Viertel der Bevölkerung unter Quarantäne. Die Regierung in Rom erließ am Sonntag ein grundsätzliches Ein- und Ausreiseverbot für Gebiete in Norditalien mit insgesamt mehr als 16 Millionen Einwohnern, zu denen auch die Wirtschaftsmetropole Mailand und der Touristenmagnet Venedig gehören. Italiens Premier Giuseppe Conte rief die Norditaliener zu „Verantwortung“ im Einsatz zur Eingrenzung der Epidemie auf. „Wir werden es zusammen schaffen“, sagte der Premier.
Wie Italiens Regierungschef Giuseppe Conte via Twitter mitteilte, gilt die in Europa beispiellose Quarantäne für große Teile Norditaliens von Sonntag an bis zum 3. April. Ausnahmen bei dem grundsätzlichen Ein- und Ausreiseverbot sind nur aus nachgewiesenen dringenden beruflichen oder familiären Gründen und in gesundheitlichen Notfällen möglich. Conte unterzeichnete in der Nacht zum Sonntag ein entsprechendes Dekret. Auch in Österreich soll es demnächst Gesundheitschecks an den Grenzen zu Italien geben.
„Wir stehen vor einer nationalen Notlage“, sagte Conte. „Wir haben sie von Anfang an mit maximalen Vorsichtsmaßnahmen bekämpft“, ergänzte der Ministerpräsident. „Wir haben zwei Ziele: die Ausweitung der Ansteckung einzudämmen und eine Überlastung der Krankenhauseinrichtungen zu vermeiden.“ Conte sagte, er übernehme die „politische Verantwortung“ für den in Europa beispiellosen Beschluss.
Komplettes Veranstaltungsverbot
Das Dekret sieht außerdem ein Verbot aller kulturellen, sportlichen und religiösen Veranstaltungen vor. Museen, Kinos, Theater, Diskotheken, Tanzschulen und ähnliche Einrichtungen müssen vorerst ebenso schließen wie Wintersport-Stationen. Die Schulen und Universitäten sind bereits seit Donnerstag in ganz Italien geschlossen.
Bars und Restaurants dürfen in den Quarantänegebieten nur ihren Betrieb fortsetzen, wenn ein Mindestabstand zwischen den einzelnen Gästen und Mitarbeitern von einem Meter eingehalten wird. Diese Regelung betrifft auch religiöse Orte wie Kirchen, Zeremonien wie Taufen oder Hochzeiten müssen verschoben werden.
16 Millionen Italiener von Maßnahmen betroffen
Das Dekret gilt für die gesamte Lombardei, einen Teil der Region Venetien, den Norden der Emilia-Romagna und den Osten des Piemont. Betroffen sind damit rund ein Viertel der 60 Millionen Einwohner Italiens. Allein in der Lombardei leben zehn Millionen Menschen, davon knapp 1,4 Millionen in Mailand. Die Region ist das wirtschaftliche und industrielle Herz Italiens.
Mit rund 5900 nachgewiesenen Infektionen und mehr als 230 Toten ist Italien das am schwersten von der Epidemie betroffene Land Europas. Am Samstag begann die Regierung damit, Ärzte aus dem Ruhestand zu holen. Insgesamt sollen 20.000 neue Mitarbeiter für das Gesundheitssystem rekrutiert werden, vor allem Krankenschwestern und -pfleger.
In China, wo das neuartige Coronavirus im Dezember erstmals aufgetreten war, wuchs unterdessen die Hoffnung auf ein Ende der drastischen Quarantäne-Maßnahmen. Mit 44 Neuinfektionen war diese Zahl am Sonntag erneut rückläufig. Mit 27 neuen Todesopfern - alle in Hubeis Hauptstadt Wuhan - verzeichnete das Land die geringste Opferzahl seit mehr als einem Monat. Insgesamt starben damit in Festlandchina 3097 Infizierte. Das neuartige Coronavirus hat sich mittlerweile auf mehr als 90 Länder ausgebreitet. Weltweit wurden mehr als 100.000 Infektionen und mehr als 3500 Todesfälle registriert.
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