Lager besucht
Grüne auf Lesbos: „Müssen sofort handeln“
Nach einem Besuch in dem völlig überfüllten Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos hat die stellvertretende Klubobfrau der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic, ein „sofortiges Handeln“ gefordert. Die Zustände, vor allem für Kinder, seien „verheerend“, sagte Ernst-Dziedzic am Sonntag. Zuvor hatte bereits Klaus Schwertner, Generaldirektor der Caritas Wien, der seit Samstag vor Ort ist, von Perspektiven- und Hoffnungslosigkeit in dem Lager berichtet.
„Wir müssen unbedingt handeln, wie das dann konkret aussehen wird, ist eine Frage des demokratischen Diskurses.“ Es gehe nicht nur um Evakuierungen, vor allem brauche es finanzielle Mittel - und die müssten „gut investiert“ werden, betonte die grüne Nationalratsabgeordnete. Der Wiener Caritas-Direktor Klaus Schwertner hatte bereits davon berichtet, dass in dem Flüchtlingslager niemand mehr registriert wird, keine Asylanträge mehr angenommen werden. Die Flüchtlinge seien ohne Perspektive und ohne Hoffnung, so Schwertner.
Bisher sind laut offiziellen Angaben mehr als sechs Millionen Euro in das Flüchtlingslager geflossen. Man müsse hinterfragen, wohin dieses Geld fließe, so Ernst-Dziedzic. Sie befürworte zwar Grenzschutz, doch wenn die Mittel nicht auch der humanitären Unterstützung zugute kommen, „dann sollten wir aufschreien“.
Moria besteht seit 2015 und beherbergt derzeit laut Schätzungen 23.000 Menschen, obwohl es nur für wenige Tausend ausgerichtet ist. Hilfsorganisationen machen seit Langem auf die prekären Zustände aufmerksam.
Für Ernst-Dziedzic ist es besonders die Situation der Kinder, die rasch verbessert werden muss. Für die rund 7000 Minderjährigen, die momentan in dem Camp leben, gibt es weder die Möglichkeit, eine Schule zu besuchen, noch sonstige Betreuungsmöglichkeiten. Einige NGOs bieten sporadisch Unterrichtseinheiten an.
Wenn es gelinge, die Bildungssituation sowie die hygienischen Zustände und die medizinische Versorgung in Moria „drastisch zu verbessern“, stelle sich die Frage der Umverteilung auf andere EU-Staaten nicht mehr unmittelbar, betonte Ernst-Dziedzic. Danach könne man noch immer eruieren, wie viele trotzdem in „akuter Not“ sind. „Und für die paar Hundert Kinder würden sich auch in Europa Regierungen finden, die diese aufnehmen würden“, so die Nationalratsabgeordnete.
Innenpolitische Debatte um Aufnahme von Frauen und Kindern
Die Frage, ob Österreich besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aus Griechenland aufnehmen soll, hatte in der vergangenen Woche für eine innenpolitische Debatte gesorgt. Die Grünen sprachen sich für die Aufnahme von Frauen und Kindern aus, der große Koalitionspartner ÖVP stemmt sich vehement gegen die Idee, die auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen gutheißt. Dazu hatte Kanzler Sebastian Kurz bereits im großen „Krone“-Interview mit Conny Bischofberger Stellung bezogen, in der ORF-„Pressestunde“ bekräftigte er am Sonntag seine Einstellung.
Sollte sich die Situation auf Lesbos weiter verschlechtern, müsse eine andere Lösung gefunden werden, möglicherweise eine „Allianz der Willigen“, so Ernst-Dziedzic. Ob daran auch Österreich beteiligt sein werde und „ob es gelingt, Überzeugungsarbeit zu leisten, kann ich im Moment nicht beurteilen“. Im Regierungsprogramm mit der ÖVP habe man sich punkto Migration jedenfalls auf Grenzschutz, aber auch einen humanistischen Anspruch geeinigt. „Wir dürfen den Boden der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte nicht verlassen“, appellierte die grüne Parlamentarierin.
Von ihren Eindrücken auf der griechischen Insel Lesbos und Moria, dem größten Flüchtlingslager Europas, will Ernst-Dziedzic kommende Woche ihren Kollegen im Außenpolitischen Ausschuss berichten.
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