Wen auch immer er für sein mieses Leben verantwortlich macht: Sie konnte nichts dafür. Doch entlud sich der Zorn des Rumänen im Vorjahr über eine Niederösterreicherin (83), die er gar nicht kannte. Zwölfmal stach er auf offener Straße zu, bis sich die Messerklinge verbog. Beim Prozess jetzt weint er - aus Selbstmitleid.
Wut, Zorn, das Gefühl, ungerecht behandelt zu werden - das prägte wohl das Leben des Angeklagten. Er wuchs laut Anwalt Wolfgang Blaschitz als „rumänisches Straßenkind“ auf, von der Mutter als einziges von vielen Kindern abgegeben in einem Heim, in dem „das Recht des Stärkeren galt. Es war ein täglicher Überlebenskampf.“ Von der Leiterin fühlte er sich vor die Tür gesetzt, als er für das Heim zu alt war: Schon sie habe er töten wollen, sagt er im Gericht in Wiener Neustadt. Tat es nur nicht, weil sie ihm einen Wohnplatz besorgte.
Aber 2005 erstach er den Vermieter: „Ich wollte einen Raubmord machen“, hatte er einst erklärt. Er saß in Rumänien in Haft, wurde 2017 bedingt entlassen.
Angst aufgrund seiner aggressiven Art
Im August 2019 wurde er nach Österreich zum Arbeiten vermittelt, an ein Pferdegestüt im Bezirk Neunkirchen. Dort fiel er wegen seiner aggressiven Art auf, man hatte Angst vor ihm. Der Vorarbeiter informierte das Besitzer-Ehepaar, die kamen tags darauf in Begleitung von Polizisten und kündigten ihn. Er wurde in ein Hotel nach Gloggnitz gebracht, von wo er mit dem Bus nach Rumänien zurückfahren sollte. Der Bus kam nicht, also blieb er noch zwei Tage, bettelte, rief den Notruf, weil er von den Pferdegestüt-Besitzern noch Geld wollte, und meinte, dort auch zu wenig zu essen bekommen zu haben.
„Ich glaubte, es sei die Frau vom Chef“
Schließlich stahl er ein Messer mit 16-Zentimeter-Klinge: Er wollte den Vorarbeiter „töten, weil er mich aufgegeben hat“, sagt er jetzt. Er fand aber nicht mehr zum Pferdehof zurück. Dafür aber die 83-Jährige, die allein unterwegs war: „Ich glaubte, es sei die Frau vom Chef. Da bin ich auf sie losgegangen.“ Sie wehrte sich, war aber chancenlos. Er stach zwölfmal zu, traf Lunge, Leber, er trennte ihr Fingerteile ab, durchtrennte das Halsmark und trennte ihr so fast den Kopf ab.
Jetzt tut es ihm leid - nicht die Tat, sondern die Verwechslung: „Dass ich eine Unschuldige getötet hab.“ Warum er die - übrigens um 20 Jahre jüngere - Frau des Chefs überhaupt hätte töten wollen, will Richterin Birgit Borns wissen. Antwort: „Sie ist Teil dieser Familie, die mich ganz einfach aufgegeben hat, und die sollten so leiden, wie ich gelitten habe. Wenn sie korrekte Menschen gewesen wären, hätten sie mich nicht auf die Straße gestellt und mir Geld gegeben.“
Der Prozess wird fortgesetzt.
Silvia Schober, Kronen Zeitung
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