Notplan tritt in Kraft

Corona: Nun drastische Schritte auch in Österreich

Österreich
10.03.2020 11:27

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) haben Dienstagmittag angesichts der jüngsten Entwicklungen in der Corona-Krise ein neues und besonders weitreichendes Maßnahmenpaket vorgestellt. Freiluft-Veranstaltungen mit mehr als 500 Besuchern und Hallen-Events mit mehr als 100 Gästen werden bis Anfang April verboten, Fachhochschulen und Universitäten schließen. Auch Einschränkungen an den heimischen Schulen stehen bevor. Außerdem wurde grundsätzlich von zwischenmenschlichen Kontakten abgeraten, um eine weitere Ausbreitung des Virus zu vermeiden.

Das Verbot von Veranstaltungen ist mit deutlichen Einschränkungen des öffentlichen Lebens verbunden, so fällt darunter zum Beispiel auch der Besuch der Staatsoper, diverser Messen und zahlreicher Sportereignisse. Dazu gehört auch das „Masters of Dirt“, das auf Juni verschoben wird. Universitäten und Fachhochschulen schließen, soweit möglich wird auf Fernstudium umgestellt. Die bevorstehenden Einschränkungen an Schulen müssten wegen der großen Auswirkungen besonders gut vorbereitet werden.

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) (Bild: APA/Herbert Neubauer)
Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne)

„Es gilt, dass jeder einen Beitrag dazu leistet, ältere Menschen zu schützen, um damit die Verbreitung in der Gesellschaft einzudämmen oder zu verzögern“, so der Bundeskanzler. Man könne die Verbreitung des Virus so verzögern, dass der Peak nicht gleichzeitig mit der Grippewelle, „sondern hoffentlich erst danach“ stattfinde.

(Bild: GEPA pictures)

Nach Italien gilt Reisewarnstufe 6
Innenminister Karl Nehammer betonte, dass die gesetzten Maßnahmen gemeinsam mit dem Einsatzstab erarbeitet wurden. „Hier wird alles getan, um das Virus einzudämmen“. Es gelte die Reisewarnstufe 6 nach Italien. Österreichische Reisende werden dringend aufgerufen, nach Österreich zurückzukehren. Die Polizei werde an der Grenze zu Italien Kontrollen durchführen. „Eine Durchreise durch Österreich bleibt erlaubt, solange kein Zwischenstopp in Österreich durchgeführt wird“, so Nehammer. Der Grenzverkehr in beide Richtungen sei bereits um mehr als 50 Prozent zurückgegangen.

Wiener Spitäler „unsere wertvollste Struktur“
Die Stadt Wien hat inzwischen Maßnahmen bekannt gegeben, um die städtische Spitalsinfrastruktur besonders zu schützen. So soll unter anderem der Lehr- und Unterrichtsbetrieb inklusive des Universitätsbetriebs in den Krankenhäusern „massiv reduziert“ werden, sagte Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Die Wiener Spitäler seien in der Coronavirus-Krise „unsere wertvollste Struktur“, diese gelte es zu beschützen, so der Ressortchef.

(Bild: APA/Helmut Fohringer)

Bundeskanzler weist auf den Ernst der Lage hin
„Ich weiß, dass viele Menschen in unserem Land der Meinung sind, dass 160 infizierte Personen nur eine sehr geringe Zahl sind“, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz. Das Coronavirus sei aber nicht mit einer Grippe vergleichbar, denn die Zuwachsraten seien enorm, auch bei den Todeszahlen im Nachbarland Italien und einigen anderen europäischen Ländern. Die Sterblichkeit sei um ein Zehn- bis Dreißigfaches höher als bei der regulären Grippe. Deshalb setze man nun Maßnahmen, auf die man vorbereitet war und die man aufgrund der aktuellen Entwicklungen in Italien vorziehe.

Schulen und Kindergärten vorerst nicht gesperrt
Bezüglich Schulen und Kindergärten sagte Kurz, dass es hier auch hier zu Maßnahmen kommen werde. Nähere Details nannte der Kanzler jedoch nicht, auch weil es unter anderem „massive Betreuungsherausforderungen“ gebe. Der richtige Zeitpunkt müsse ganz exakt gewählt werden. Welche Schritte gesetzt werden, würde am Mittwoch mit den zuständigen Behörden und auch mit den Sozialpartnern besprochen.

(Bild: APA/Roland Schlager)

Einreisestopp für Menschen aus Italien
Der Umgang mit dem Nachbarland Italien verändere sich: „Es gibt einen Einreisestopp für Menschen aus Italien nach Österreich, mit der Ausnahme von Menschen, die ein ärztliches Attest haben“, so Kurz. Eine weitere Bitte des Kanzlers ist, dass Unternehmen ihren Mitarbeitern Heimarbeit gewähren, das sei ein „richtiger und wichtiger Schritt“. 

Fachhochschulen und Universitäten sperren zu
Zur Eindämmung der Verbreitung in Österreich werde es Maßnahmen geben, wie zum Beispiel am kommenden Montag keine Lehrveranstaltungen mehr an Fachhochschulen und Universitäten. Der eingeschränkte Lehrbetrieb an den Hochschulen soll von spätestens Montag bis zu den Osterferien andauern. An den mehr als 70 Hochschulen studieren insgesamt fast 380.000 Personen.

Das Coronavirus sei nicht mit einer Grippe vergleichbar - die Zuwachsraten seien enorm, warnte Österreichs Bundesregierung. Soziale Kontakte sollten gemieden werden. (Bild: APA/Herbert Neubauer)
Das Coronavirus sei nicht mit einer Grippe vergleichbar - die Zuwachsraten seien enorm, warnte Österreichs Bundesregierung. Soziale Kontakte sollten gemieden werden.

Anschober: „Steigerungen reduzieren“
Gesundheitsminister Rudolf Anschober wies darauf hin, dass die ersten Fälle in Italien Mitte Februar aufgetreten seien. Die Zahl sei in den vergangenen Tagen noch einmal deutlich angestiegen. In vielen Nachbarländern gebe es deutliche Anstiege bei den Infektionen, auch in Österreich zeige die Infektionskurve nach oben. „Es geht um das Reduzieren dieser Steigerungen“, so Anschober. Gleichzeitig habe man aufgrund der Daten aus China einen Hoffnungsfaktor, da in den letzten 24 Stunden dort nur mehr 19 Erkrankte hinzugekommen seien. Es gebe bereits 59.900, die von Covid-19 wieder genesen seien.

(Bild: APA/Expa/Johann Groder)

Veranstaltungen in Österreich großflächig abgesagt
Man bleibe bei der Abgrenzungsstrategie nach einem ganz klar definierten Plan. „Wir haben uns heute Vormittag dazu entschlossen, dass wir bis Anfang April alle Outdoor-Veranstaltungen mit über 500 Teilnehmern absagen und alle Indoor-Veranstaltungen mit über 100 Teilnehmern.“ Das sei ein gravierender Schritt, aber eine verbindliche, klare und österreichweite Lösung. 

Die Islamische Glaubensgemeinschaft Österreichs (IGGÖ) gab am Dienstagmittag bekannt, dass Gottesdienste ab Freitag in Moscheen ausfallen werden.

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