Die Regierung hat am Samstagvormittag ein vier Milliarden Euro schweres Paket zur wirtschaftlichen Bewältigung der Corona-Krise präsentiert. Es widmet sich zielgerichtet der Sicherung von Arbeitsplätzen, unter anderem durch ein neues Kurzarbeits-Modell. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der einmal mehr einen dringenden Appell an alle richtete, die sozialen Kontakte bis auf Weiteres auf ein Minimum zu reduzieren, und betonte, dass die derzeitige Krise mit nichts bisher Dagewesenem vergleichbar sei, sprach bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Sozialpartnern von einem ersten Schritt. Er gehe aber davon aus, dass weitere Maßnahmen nötig werden. Vorerst sei der nun vorgestellte Maßnahmen-Mix „der richtige Weg“. Das angepeilte Nulldefizit sagte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) ab.
Mit der Maximalsumme von vier Milliarden Euro wird der Covid-19-Krisenbewältigungsfonds dotiert. Die Maßnahmen, die von Kurz, Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP), Blümel sowie ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian und Wirtschaftskammer-Chef Harald Mahrer vorgestellt wurden, sollen dann am Nachmittag auch gleich auf den parlamentarischen Weg gebracht werden.
Verwendet werden können die Mittel sowohl zur Stabilisierung der Gesundheitsversorgung (z.B. durch Zukauf von Geräten) als auch zur Belebung des Arbeitsmarkts (etwa Beihilfen zur Kurzarbeit), zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sowie zur Abfederung von Einnahmenausfällen (von Arbeitgebern wie Dienstnehmern) infolge der Krise und zur Konjunkturbelebung mittels Konjunkturpaketen, geht auch aus dem Gesetzesentwurf hervor, der vor der Präsentation an die Parlamentsclubs gegangen war.
„Haushalt ist wichtig, aber Gesundheit der Österreicher ist wichtiger“
Der eigentlich für heuer geplante Budgetüberschuss ist damit Geschichte. „Das Budget 2020 wird keines sein, wo ich von einem ausgeglichenen Haushalt sprechen werde“, sagte Blümel bei der Pressekonferenz. „Ein ausgeglichener Haushalt ist immer wichtig, aber die Gesundheit der Österreicher, die Arbeitsplätze und der Standort sind wichtiger.“ Wie viel die Krisenbewältigung im Endeffekt kosten wird, konnte Blümel auf Nachfrage noch nicht abschätzen: „Wie viel das am Ende des Tages kostet, das könnte ich nur beantworten, wenn Sie mir sagen, wie lange die Krise dauert und wie schwer sie wird.“
400 Millionen Euro für das neue Kurzarbeits-Modell
Für die Kurzarbeit werden laut Wirtschaftsministerin Schramböck 400 Millionen Euro zur Verfügung stehen - also deutlich mehr als im Krisenjahr 2009. Neu ist unter anderem, dass die Arbeitszeit auf bis zu Null reduziert werden kann. Mahrer ergänzte, dass man bereits ab Montag Anträge für das neue Modell stellen können werde. Mahrer lobte die angekündigten Soforthilfen und sprach wie auch Katzian von einer „extremen Kompromissbereitschaft“ von allen Seiten. Er warnte davor, Profit aus der Krise zu schlagen: „Das ist ein gemeinsames, rot-weiß-rotes Programm und kein Programm für Trittbrettfahrer.“
Katzian: „Nicht too big to fail, sondern too many to fail“
Es gehe aber nicht nur um Kompromisse, „es geht um Schicksale, um Existenzen“, meinte auch der ÖGB-Chef. Das soziale Netz müsse die Menschen auffangen, denn diese seien „nicht too big to fail, sondern too many to fail“. An die Unternehmer appellierte er, das Kurzarbeitsmodell in Anspruch zu nehmen und Arbeitsplätze zu sichern, und an die Arbeitnehmer, nichts ungeprüft zu unterschreiben.
Kogler: „Das Blut im Wirtschaftskreislauf behalten“
Für Vizekanzler Kogler dienen die Sofortmaßnahmen vor allem dazu, „das Blut im Wirtschaftskreislauf zu behalten“. Die aktuelle Situation sei dramatischer als die Finanzkrise, denn diese habe oben (bei großen Banken, Anm.) begonnen - heute verbreite sich die Krise aber von unten nach oben. Kogler lobte daher die in der Krise funktionierende „Konsens-Demokratie“.
Modifizieren will die Regierung offenbar die im Epidemiegesetz verankerten Schadenersatzansprüche. Diese sehen für Betriebe, die zur Bekämpfung des Coronavirus geschlossen werden, einen Anspruch auf Entschädigung für Verdienstentgang vor. Darauf angesprochen, kündigte Kurz „einige Gesetzesänderungen“ an, denn: „Das Epidemiegesetz stammt teilweise aus einer Zeit, die mit der heutigen nicht vergleichbar ist.“ Details nannte er nicht.
Hohe Strafen bei verbotenen Geschäftsöffnungen
Aus dem Gesetzesentwurf ging zudem laut APA hervor, dass, wenn Geschäfte verbotenerweise geöffnet werden, der Geschäfteinhaber mit einer Verwaltungsstrafe von bis zu 30.000 Euro bedroht wird. Ebenfalls geregelt werde die Bezuschussung für Arbeitgeber, wenn sie Eltern bis zu drei Wochen zur Kinderbetreuung freigeben. Hier übernimmt der Staat ein Drittel der Kosten des Sonderbetreuungsentgelts.
Die ersten tatsächlichen Beschlüsse von National- und Bundesrat zur Corona-Krise wird es jedenfalls schon am Sonntag geben. Die Sitzungen müssen ohne Publikum, abgesehen von Medienvertretern, durchgeführt werden. Die Abgeordneten werden im Großen Redoutensaal der Wiener Hofburg auch breiter aufgefächert, damit keine Mandatare direkt nebeneinander sitzen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.