Die Strabag, das größte österreichische Bauunternehmen, stellt mit Mittwoch den geregelten Baubetrieb in Österreich ein. Von der Maßnahme werden rund 1000 Baustellen betroffen sein. Das gilt so lange wie die Verordnung der Bundesregierung - also zumindest bis zum 22.3.2020.
„Die Einschränkungen im öffentlichen Leben im Zusammenhang mit der Coronavirus-Prävention haben massive Auswirkungen auf unseren Baubetrieb. Nach Abwägung aller Interessen und vor allem auch der gesellschaftlichen Verantwortung wegen sehen wir uns gezwungen, diesen drastischen Schritt zu setzen“, so Strabag-Vorstandsvorsitzender Thomas Birtel. Eine Evaluierung der Baustellen hat ergeben, dass bei einer Vielzahl an Baustellen ein Ein-Meter-Abstand zwischen Mitarbeitenden im praktischen Baubetrieb nicht - wie nun gesetzlich gefordert - durchgängig gewährleistet werden und die Lieferkette von Materialien und Nachunternehmen nicht mehr sichergestellt werden kann, hieß es weiter.
Die einzustellenden Baustellen werden gesichert und, weil nicht abschätzbar ist, wie lange dieser Ausnahmezustand tatsächlich dauert, für einen mehrwöchigen Stillstand vorbereitet. Projekte, bei denen der Mindestabstand eingehalten werden kann, sowie Projekte von übergeordnetem öffentlichem Interesse werden - im Einverständnis mit der Auftraggeberseite - eingeschränkt weitergeführt.
Negative Folgen für das Unternehmen befürchtet
Die Strabag warnt zugleich vor negativen Folgen für das Unternehmen, kann diese aber nicht beziffern: „Bei einem längeren Anhalten oder einer Verschärfung der aktuellen Situation über die kommenden Monate ist aber jedenfalls mit negativen Folgen zu rechnen.“
Ob und inwieweit es auch in anderen Konzernländern zu temporären Baueinstellungen kommen werde, lasse sich derzeit nicht verlässlich abschätzen, erklärte der Konzern. Die Strabag ist in vielen europäischen Ländern vertreten und hat konzernweit fast 77.000 Mitarbeiter.
Mitarbeiter vorsorglich zur Kündigung angemeldet
In Österreich beschäftigt das Unternehmen rund 11.000 Mitarbeiter. Diese werden „höchst vorsorglich“, wie die Strabag betont, beim Frühwarnsystem des AMS zur Kündigung angemeldet.
Auch andere Baufirmen schließen Baustellen
Nachdem die Strabag ihre Baustellen einstellt, ziehen andere Baufirmen nach. Die Entscheidungen seien branchenweit abgestimmt worden. „Wir haben ja viele Arbeitsgemeinschaften und sind daher mit den Konzernleitungen der anderen Unternehmen in Kontakt gewesen“, sagte Habau-Konzernchef Hubert Wetschnig am . Seines Wissens nach schließen auch die anderen großen Baufirmen in Österreich ihre Baustellen.
Es habe sowohl Auftraggeber gegeben, die eine Einstellung forderten, als auch welche, die auf eine Fortführung pochten. Letztendlich hätten aber fast alle der rund 600 Baustellen der Habau-Gruppe stillgelegt werden müssen. „Einerseits weil wir das Personal nicht mehr bekommen von Zulieferern, von Firmen, die für uns arbeiten, wo die Mitarbeiter auch teilweise durch Auslandszugehörigkeiten gar nicht mehr über die Grenze gekommen sind“, sagte Wetschnig. Andererseits weil auch Baumaterial nicht mehr verfügbar sei. Dringende Bauarbeiten bei ÖBB oder Asfinag sollen in Ausnahmefällen gemacht werden. „Wir sind gerne bereit, Sonderlösungen für einzelne Baustellen zu finden“, so Wetschnig.
Kurzarbeit bei Habau
Habau setzt auf das neue Corona-Kurzarbeitsmodell. Dieses sei am Dienstag „Gott sei Dank“ noch sehr gut nachverhandelt worden, sodass es unternehmerisch vertretbar sei. „Wir werden keinen einzigen Mitarbeiter im gewerblichen Bereich kündigen“, versprach Wetschnig. „Wir haben vorsorglich natürlich auch beim Frühwarnsystem Kündigungen angemeldet, weil wir nicht wussten, ob die Kurzarbeitslösung kommt, oder so verhandelt werden kann, wie sie eben dann verhandelt wurde. Wir werden diese Kündigungen nun nicht umsetzen, sondern auf das Kurzarbeitsmodell gehen“, erklärte Wetschnig. Betroffen davon sind rund 2000 Mitarbeiter der Habau-Gruppe.
Wie schwer die Folgen für Habau und die gesamte Branche sein werden, hänge davon ab, wie lange die Krise andauert. „Das kann heute wirklich niemand sagen“, sagte Wetschnig. Dazu komme, dass es sein könnte, dass Kunden, etwa im Hochbau, ein Bauprojekt anders einschätzen und daher nicht fortführen. Wetschnig betonte, dass die Habau-Gruppe als Familienunternehmen sehr gesund sei und auch konservativ kalkuliere und „da gibt es keine Frist, dass wir jetzt sagen, wir halten das nur einige Monate durch“, erklärte Wetschnig. „Wir haben da jetzt gar keine Sorge, dass wir Liquiditätsprobleme haben.“
Mehr als 100.000 Beschäftigte in Baubranche
Nach Angaben der Wirtschaftskammer arbeiten in Österreich deutlich mehr als hunderttausend Menschen in der Baubranche. Insgesamt gibt rund 14.000 Unternehmen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.