Die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) hat sich in einem Schreiben an die Telekomanbieter gewandt und den Betreibern im Fall einer Netzüberlastung eine Außerkraftsetzung der normalerweise streng gehandhabten Netzneutralität erlaubt. Das bedeutet, dass bei hoher Netzauslastung einzelne Dienste - etwa Video-Streaming - gegenüber wichtigeren Diensten nachrangig behandelt bzw. blockiert werden können.
Durch die derzeitigen Ausgangsbeschränkungen sind viel mehr User im Internet unterwegs. Nicht nur zum Privatvergnügen, sondern auch für viele zusätzliche Homeoffice-Dienste geht die Datennutzung nun massiv nach oben. User klagen vermehrt über ein langsames Netz. Stockende Video-Konferenzen, diverse Probleme mit WhatsApp oder ähnlichen Diensten erfordern möglicherweise mit zunehmender Dauer der Ausgangsbeschränkungen Engpässe.
RTR erlaubt vorübergehende Datenpriorisierung
Darum hat die RTR laut einem „Standard“-Bericht den Telekom-Anbietern in einem Schreiben erlaubt, vorübergehend Prioritäten zu setzen. Konkret könnten bestimmte Datenpakete, etwa Streaming-Angebote wie Netflix, in der Priorität nachgereiht bzw. gedrosselt werden, während andere Anwendungen Vorrang haben.
Normalerweise gilt die Netzneutralität
Das ist normalerweise im Sinne der erstmals 2016 eingeführten Netzneutralität nicht möglich. Denn es müssten alle Datenpakete im Netz gleich behandelt werden. Ob es sich um eine Notfallsituation handelt, beurteilen die Telekomanbieter selbst. Allerdings gibt es Vorgaben: So müssten laut dem vom Telekom-Geschäftsführer Klaus Steinmaurer verfassten Schreiben „objektiv nachvollziehbare, messbare Kriterien“ angewandt werden, um das Erfordernis im Einzelfall und auf Nachfrage nachweisen zu können.
Maßnahmen müssen mit Behörde abgestimmt werden
Etwaige Maßnahmen müssen bei der RTR allerdings noch am selben Tag gemeldet werden. Es muss begründet werden, welche Auswirkungen es haben wird und wie lange die Einschränkung bestehen wird. Eine Steuerung des Datenverkehrs, die „über das notwendige und erforderliche Ausmaß“ hinausgeht, sei ausdrücklich verboten, heißt es in dem Schreiben.
Mobilfunker beteuern, dass Netzkapazität reicht
Telekomanbieter wie A1 oder „3“ haben in den vergangenen Tagen mehrfach betont, dass es genügend Internetkapazitäten gebe und diese auch ausgebaut würden. Auch halte die Infrastruktur eine Zunahme an Streaming-Nutzung aus. Netflix, die ORF-TVthek und andere Anbieter passen die Qualität der Videostreams nämlich an die Bandbreite an. Viele Dienste schaffen auch bei geringer Bandbreite eine hohe Auflösung, weil sie die Streams komprimieren. Am Dienstag sagte „3“-Chef Jan Trionow, dass „Zurückhaltung beim Videostreamen“ nicht nötig sei.
Die Problematik stellt sich auch in anderen von der Coronavirus-Pandemie betroffenen Ländern. In der Schweiz erwägt der Bundesrat sogar, Videostreaming gänzlich zu blockieren. Gespräche zwischen Netzbetreibern und Bund sind dort offenbar am Laufen, unterdessen werden Nutzer dazu aufgefordert, Anwendungen, die besonders datenhungrig sind - wie eben Videostreaming -, nur sparsam zu nutzen.
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