Der sicherste Ort sind aktuell die eigenen vier Wände. Aber für Opfer häuslicher Gewalt könnte das Gegenteil stimmen. Die Isolation kann die Lage verschärfen - doch „Quarantäne ist kein rechtsfreier Raum“.
Kein Gasthausbesuch, kein Fußballtraining - im schlimmsten Fall ein Jobverlust und eine Beziehung, die vielleicht auch vor Corona schon konfliktgeladen war: Das Virus und die damit einhergehende Isolation könnte für Frauen drastische Folgen haben. Berichte aus China zeigen einen massiven Anstieg häuslicher Gewalt in der Zeit der Quarantäne - und auch in Österreich vermelden einige Hotlines, wie etwa die „Frauenhelpline gegen Gewalt“, bereits vermehrt Anrufe. „Wir haben viele Anrufe von Frauen, die Angst davor haben, mit dem gewalttätigen Partner auf engsten Raum verwiesen zu sein“, schildert Gabi Plattner vom Tiroler Frauenhaus. Auch die Anfragen nach Plätzen seien in den vergangenen Tagen gestiegen. Das Land Tirol reagierte deshalb sofort. „Wir schaffen zusätzliche Plätze. Keine Frau und kein Kind wird alleinegelassen. Jeder, der Hilfe braucht, bekommt sie auch“, betont Soziallandesrätin Gabriele Fischer.
„Quarantäne ist kein rechtsfreier Raum“
Eine Botschaft, die allen Schutz- und Beratungseinrichtungen wichtig ist: „Alle Strukturen sind aufrecht“, sagt Eva Pawlata vom Gewaltschutzzentrum Tirol. „Die Polizei kommt natürlich auch weiterhin, wenn sie angerufen wird, auch Wegweisungen werden weiterhin ausgesprochen. Die Gerichte funktionieren, die Opferschutzeinrichtungen sind erreichbar“, betont sie. Zudem reagierte auch der Bund bereits auf die verschärfte Situation: „Die Krise ist kein Freibrief für Gewalt“, stellte Frauenministerin Susanne Raab am Donnerstag klar. Mit voller Härte werde gegen all jene vorgegangen, die sich an Frauen und Kinder vergreifen. Und auch Justizministerin Alma Zadic betonte: „Quarantäne ist kein rechtsfreier Raum.“ Die Kapazitäten der Helplines wurden bereits erhöht. Das Frauenbudget soll um 20 Prozent aufgestockt werden.
„Neue Strategien für die Zeit finden“
„Die meisten Frauen, die sich melden, sind schon in gewalttätigen Strukturen“, schildert Plattner, „doch der enge Wohnraum verschärft die Situation.“ Das bestätigt auch Karin Urban vom Zentrum für Ehe- und Familienfragen. „Wir haben Frauen, die in Trennungen stecken, nun aber weiter mit dem Partner zusammenleben müssen, das ist natürlich extrem schwierig. Deshalb gilt es, neue Strategien für diese Zeit zu finden.“
Petra Sansone, Geschäftsführerin der Kinder und Jugend GmbH, weiß: „Studien zufolge leiden Kinder, die erleben, dass der Mutter Gewalt widerfährt, an ähnlichen Traumafolgen, als wären sie selbst betroffen gewesen.“ Der Kinderschutz Tirol berät telefonisch und auch gerne per Mail. Auch die Schulsozialarbeit und der „Turntable WG“ in Kufstein bieten Kindern eine Stütze und Zuflucht.
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