AMS OÖ-Geschäftsführer

„Wir tun alles, um die Existenzen zu sichern“

Oberösterreich
22.03.2020 12:56

Mehr als 10.600 Oberösterreicher meldeten sich arbeitslos, dazu 4700 Kurzarbeitanträge: AMS-OÖ-Geschäftsführer Gerhard Straßer über Schutzmaßnahmen und Tage am Limit.

„Krone“: Herr Straßer, innerhalb von fünf Tagen haben sich mehr als 10.600 Oberösterreicher arbeitslos gemeldet. Wie bereitet man sich auf so einen Ansturm vor?Gerhard Straßer: „Wir haben am Wochenende vor dem 16. März in den Krisen-Modus geschaltet. Uns war klar, dass es aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des Virus enorm viel Bewegung am Arbeitsmarkt geben wird. Wir haben noch versucht, so gut es geht, zu kommunizieren, dass man sich auch online oder telefonisch arbeitslos melden kann, zugleich haben wir aber auch unsere Geschäftsstellen umgerüstet.

„Krone“: Inwiefern?
Straßer: Indem wir Absperrungen aufgestellt haben, ein Einbahn-System einführten, damit die Bewegungsströme jener, die trotzdem zu uns kommen, vorgegeben sind. Das hat viel mit Sicherheitsmaßnahmen zu tun. Wir wollen und müssen auch unsere Mitarbeiter vor einer Ansteckung schützen.

„Krone“: Trotz der Online- und Telefon-Alternative kamen ja auch noch viele persönlich vorbei.
Straßer: Ja, vor allem jene, die nicht Deutsch als Muttersprache haben, haben Schwierigkeiten, sich online oder telefonisch arbeitslos zu melden. Wir haben da Riesen-Unterstützung von der Polizei bekommen, um alle zu servicieren und die Maßnahmen einzuhalten.

„Krone“: Allein am Montag haben sich 3300 Oberösterreicher arbeitslos gemeldet. Wie darf man diese Zahl einschätzen?
Straßer: Vor einem Jahr waren es an diesem Montag Mitte März 360 und heuer 3000 mehr aufgrund der Coronakrise. Das ist enorm. So sehr, dass auch unsere Telefonleitungen kurzfristig zusammengebrochen sind.

„Krone“: Für Ihre Mitarbeiter ist der Ansturm enorm fordernd. Wie geht ihr Team damit um?
Straßer: Viele unserer 800 Beschäftigten sind im Dauereinsatz, arbeiten am Limit, um die Existenzsicherung für die Menschen zu gewährleisten und die Kurzarbeit-Beratungen abzuwickeln. Wir halten zusammen, helfen uns gegenseitig aus - in anderen Teams, in anderen Geschäftsstellen, je nachdem, wo Bedarf ist. Wir haben auch Mitarbeiter in Quarantäne, die von daheim arbeiten.

„Krone“: Wie nahmen es die Menschen, die wegen der Coronakrise ihre Jobs verloren haben, auf?
Straßer: Sie sind unglaublich diszipliniert und verständnisvoll. Normal erleben wir oft Leute, die aggressiv sind. Da gab es diese Woche zum Glück keinen einzigen Fall.

„Krone“: Sie werben für die Kurzarbeit. Warum?
Straßer: Kurzarbeit war ein Modell, das große Produktionsbetriebe genutzt haben. Die Corona-Variante ist aber selbst für kleinste Betriebe eine gute Lösung. Die Mitarbeiter erhalten 80 bis 90 Prozent des Nettolohns als Kurzarbeitgeld und sind voll sozialversichert. In der Arbeitslosigkeit bleiben nur zwischen 55 bis 60 Prozent des Nettolohns. Die meisten können davon nur noch Strom, Miete und Ähnliches bezahlen, aber an ein normales Weiterleben ist da nicht zu denken.

„Krone“: Wie wird sich die Situation weiterentwickeln?
Straßer: Die Möglichkeit der Corona-Kurzarbeit greift immer mehr, deshalb ging die Zahl der Menschen, die sich neu arbeitslos melden, im Wochenverlauf zurück. Trotzdem wird die Arbeitslosigkeit in dieser großen Krise weiter steigen.

Barbara Kneidinger, Kronen Zeitung

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