Überlebenswichtig
Produktion am Limit: Mehr Beatmungsgeräte gefragt
In Zeiten der Corona-Krise sind Beatmungsgeräte Mangelware. Weltweit stocken die Hersteller ihre Kapazitäten auf, inzwischen bieten selbst Autohersteller ihre Hilfe bei der Produktion an. Dem italienischen Medizintechnikunternehmen Siare Engineering springen 25 Techniker der Armee bei, weitere Armeemitarbeiter unterstützen die Lieferanten von Siare.
„Normalerweise stellen wir 160 Maschinen pro Monat her. Unser Ziel ist es, in vier Monaten 2000 herzustellen, das ist mehr als das Dreifache unserer monatlichen Produktion“, sagt Siare-Chef Gianluca Preziosa. Die Unternehmen, die an der Lieferkette zur Herstellung von Beatmungsgeräten beteiligt seien, könnten die hohe Nachfrage nicht decken, weil es sich um eine Nischen-Industrie handle. Nun stehen die Hersteller der Beatmungsgeräte auf einmal an der Front der größten Gesundheitskrise des Jahrhunderts, die durch die rasante Ausbreitung des Coronavirus verursacht wurde.
Ohne Beamtmungsgerät tritt der Tod innerhalb weniger Stunden ein
Das grippeähnliche Virus kann zu Atembeschwerden und Lungenentzündung führen. Beatmungsgeräte sind besonders wichtig, weil Covid-19 bei schweren Verläufen die Lunge schädigt. „Die Sterblichkeit unter den Intensivpflege-Patienten wird auf 50 bis 60 Prozent geschätzt“, sagt Rahuldeb Sarkar, Arzt für Atemwegsmedizin und Intensivmedizin in Großbritannien. Wenn ein schwer kranker Patient keinen Platz an einem Beatmungsgerät bekomme, sterbe er innerhalb weniger Stunden.
Militär hilft
Regierungen wenden sich angesichts der Engpässe mit ihren Hilfegesuchen an das Militär oder prüfen die Möglichkeiten von 3D-Druck in der Hoffnung, die Produktion so hochzufahren. Die Schweizer Firma Hamilton Medical, einer der weltgrößten Hersteller von Beatmungsgeräten, will die Produktion in diesem Jahr auf rund 21.000 ausweiten nach 15.000 Geräten im vergangenen Jahr. Dafür sollen auch Mitarbeiter aus dem Marketing in der Produktion mithelfen.
Markt für Beatmungsgeräte auf mehr eine Miliarde Dollar geschätzt
Die Beatmungsgeräte werden zunächst in die Länder geliefert, die sie am dringendsten benötigten, allen voran Italien, wie Hamilton-Chef Andreas Wieland sagt. Er schätzt den weltweiten Markt für Beatmungsgeräte auf mehr als eine Milliarde Dollar (934 Millionen Euro) jährlich, davon mache Hamilton rund ein Viertel aus. Weitere Hersteller sind etwa die Lübecker Drägerwerk, die schwedische Getinge und Beijing Aeonmed aus China.
Auch VW will jetzt mit 3D-Druckern Medizintechnik bauen
In einigen Ländern wie Italien, Großbritannien und den USA haben die Regierungen Auto- und Flugzeugbauer - deren Geschäfte gegenwärtig brach liegen - dazu aufgerufen, Beatmungsgeräte herzustellen. McLaren prüft, wie eine einfache Version eines Beatmungsgeräts hergestellt werden könnte, und Nissan arbeitet mit anderen Unternehmen zusammen, um die bereits bestehenden Hersteller zu unterstützen. Tesla-Chef Elon Musk verkündete auf Twitter, in dieser Woche 1200 Beatmungsgeräte ausliefern zu wollen. Auch VW will 3D-Drucker bereitstellen, für die Wolfsburger ist aber unklar, wer die Produktion von Bauteilen für Beatmungsgeräte überhaupt koordinieren wird. „Es ist alles noch etwas im Fluss.“
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