Beengte Situation

Obdachlos in Zeiten der Corona-Krise

Vorarlberg
24.03.2020 11:23

Der Verein DOWAS in Bregenz tut sich schwer, die verordneten Maßnahmen der Bundesregierung gegen die Ausbreitung des Corona-Virus umzusetzen. Die Notschlafstellen sind zu beengt.

„Wir haben bald keinen Platz mehr. Es gibt mehr Anfragen bei uns in der Notschlafstelle, als wir Kapazitäten haben“, berichtet Peter Brunner. Der DOWAS-Geschäftsführer ist die beengte Wohnsituation zwar gewohnt, durch die Corona-Krise wird sein Team aber vor noch größere Herausforderungen gestellt. „Wir haben uns in Zweierteams aufgeteilt, damit wir den Betrieb, falls jemand von uns ausfällt, aufrechterhalten können.“ Anfragen von Wohnungssuchenden müssen nach Dringlichkeit abgearbeitet werden, für die Notschlafstelle wurden Zugangsbeschränkungen festgelegt. Der DOWAS-Treffpunkt wurde vorübergehend so gut wie dicht gemacht. Duschen ist weiterhin möglich, aber nur unter Einhaltung strenger Regeln. „Unsere Klienten sind sich der Notwendigkeit der Maßnahmen bewusst.“

Auch wenn das „Abstandhalten“ in der beengten Einrichtung schwer fällt. „Wir können nicht aus wenigen Zimmern viele machen. Wir können Hilfesuchende aber auch nicht wegschicken.“ Brunner zeigt ein grundlegendes Problem auf: „Einrichtungen wie die unsere müssen möglichst platzsparend und einfach gestaltet sein. Dabei wäre es grundsätzlich besser, wenn jeder sein eigenes Zimmer hätte - jeder braucht einen Rückzugsraum. Jetzt haben wir durch die Ansteckungsgefahr ein massives Problem damit.“

Öffnungszeiten der Krise angepasst

Dem DOWAS-Team bleibt nichts anderes übrig, als die Menschen verstärkt auf die notwendigen Vorkehrungen aufmerksam zu machen. Die Notschlafstelle hat aufgrund der Verordnungen und Empfehlungen der Bundesregierung auch seine Öffnungszeiten ausgeweitet. „Jemand der obdachlos ist, kann nicht zu Hause bleiben. Deshalb können unsere Klienten früher kommen und länger bleiben.“ Probleme mit der Polizei habe es bislang nicht gegeben. „Die Exekutive weiß über die Situation unserer Klienten Bescheid“, dankt Brunner den Beamten für ihr Verständnis. Sollte es einen Corona-Fall in der Notschlafstelle geben, werde es kritisch: „Wir haben vorgesorgt und Notbetten vorbereitet. Das geht allerdings zu Lasten des verfügbaren Platzes, wodurch wir noch beengter werden. Wegschicken können wir eigentlich niemanden, denn nach uns kommt nur die Straße.“

Brunner sieht aufgrund der Krise auch auf viele andere Menschen Probleme zukommen. Durch Kurzarbeit oder gar den Wegfall des gesamten Einkommens droht so mancher in prekäre Verhältnisse abzurutschen. „Genau für solche Situationen brauchen wir ein existenzsicherndes soziales Auffangnetz. Das fordern wir seit Jahren, jetzt sieht man, wie schnell es gehen kann. Jemand, der sich vor Wochen noch keine Sorgen machen musste, hat jetzt plötzlich Existenzängste.“ Sein Wunsch an die Politik: „Es wäre schön, würden wir auch auf die Schwächsten unserer Gesellschaft in der Krise nicht vergessen!“

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