Alleine in Tirol sind laut offiziellen Angaben des Ministeriums bereits über 1000 Menschen positiv auf das Coronavirus getestet worden. Die Causa um Hotspots in Tiroler Skiorten (wie Ischgl) beschäftigt mittlerweile auch die Justiz. Verbraucherschützer Peter Kolba brachte am Dienstag bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck eine Sachverhaltsdarstellung ein, weil die Tiroler Behörden die Sperren von Hotels und Pisten hinausgezögert haben sollen. Die Anzeige richtet sich u.a. gegen Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP).
Auf den Tiroler Nobelskiort Ischgl rollt nun eine ganze Lawine an Problemen zu. Nicht nur, dass das Landeskriminalamt wegen der fahrlässigen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten am Dienstag die Ermittlungen aufgenommen hat, nun wurde auch aufgrund von „ZiB 2“-Recherchen bekannt, dass der Tourismusverband bereits eineinhalb Stunden vor offizieller Bekanntgabe der Quarantäne seine Betriebe gewarnt hatte. Das Land Tirol bestätigte, dass es vorab Kontakt mit Ischgl gegeben hatte - allerdings nur, um fachliche Abklärungen zu treffen.
„Vom Land Tirol gibt es dazu keine Stellungnahme“
„Spätestens seit 5. März müssten die Behörden gewusst haben, dass von Ischgl eine große Coronavirus-Ansteckungsgefahr ausging“, betonte Kolba. Die Anzeige richtet sich ihm zufolge gegen Landeshauptmann Platter sowie gegen zwei Landesräte, mehrere Bürgermeister von bekannten Skiorten sowie drei Seilbahnverbände. Für alle gilt die Unschuldsvermutung. „Vom Land Tirol gibt es dazu keine Stellungnahme“, wie ein Sprecher auf APA-Anfrage sagte.
Spätestens seit 5. März müssten die Behörden gewusst haben, dass von Ischgl eine große Ansteckungsgefahr ausging. Ich will wissen, ob absichtlich zu langsam gehandelt wurde.
Verbraucherschützer Peter Kolba
Ischgl: Corona-Verdachtsfall schon Ende Februar bekannt?
Bereits am Montag schaltete sich die Staatsanwaltschaft ein. Es geht um den Verdacht, dass in einem Lokal in Ischgl schon Ende Februar ein Corona-Verdachtsfall bekannt war. Es handelte sich um eine Mitarbeiterin, die nach Hause geschickt wurde. Der Betrieb habe aber, so der Vorwurf, den Fall nicht den Gesundheitsbehörden gemeldet.
Anlass für die Einschaltung der Staatsanwaltschaft durch das Land Tirol war die Anfrage einer deutschen ZDF-Journalistin an den Ischgler Bürgermeister. Die Journalistin wollte am Sonntag eine Stellungnahme zu einem kolportierten Corona-Fall haben. Einen Tag darauf wurde ihre E-Mail vom Land an die Anklagebehörde weitergegeben.
Handelten Behörden absichtlich zu langsam?
Der Verbraucherschutzverein (VSV), deren Obmann Kolba ist, will nun von der Staatsanwaltschaft Innsbruck geprüft wissen, ob die Behörden absichtlich zu langsam gehandelt haben, um die Tiroler Tourismusbetriebe zu schützen. In der Sachverhaltsdarstellung erhebt der Verein respektive dessen Anwalt Alfred Noll den Verdacht der fahrlässigen und vorsätzlichen Gemeingefährdung und des Amtsmissbrauchs. Ein weiterer Vorwurf dreht sich um Vorsatz bzw. Fahrlässigkeit bei der Verbreitung meldepflichtiger Krankheiten, wie Kolba am Dienstag sagte.
Sammelaktion für Coronavirus-Erkrankte
Der Verbraucherschutzverein startet weiters eine Sammelaktion für Coronavirus-Erkrankte, die sich in Tirol angesteckt haben - in erster Linie spricht der VSV Urlauber an. „In Hamburg gibt es einen Hotspot von in Ischgl Infizierten“, so Kolba. Auch Dänen und Norweger sollen sich beim Skiurlaub in Tirol angesteckt haben. In der Sachverhaltsdarstellung stützt sich der VSV zu einem Gutteil auf Verdachtsmomente, über die der Journalist Sebastian Reinfeldt in seinem Blog (Semiosisblog) berichtet hat. „Es ist abenteuerlich, was da Gäste aus Deutschland und anderen europäischen Ländern erlebt haben“, so Reinfeldt in einer Aussendung des VSV.
Tiroler Betriebe sollen schon vorab gewusst haben, dass die Regierung die Quarantäne über Tiroler Skiorte ausrufen würde und dann noch schnell Mitarbeiter aus dem Ort geschickt haben. Das hatte Blogger Reinfeldt vorige Woche berichtet, am Montagabend auch der ORF.
Kronen Zeitung/krone.at
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