Statt einer klassischen Konjunkturprognose haben die Wirtschaftsforscher diese Woche mögliche Szenarien für die weitere Entwicklung in der Corona-Krise vorgestellt. Eines ist sicher: Die Krise lässt die heimische Wirtschaft abstürzen, bringt ein hohes Budgetdefizit und steigende Arbeitslosenzahlen. Im günstigsten Fall soll es 2020 einen Rückgang der Wirtschaftsleistung von zwei bzw. 2,5 Prozent geben. Hoffnungsschimmer: Auf einen scharfen, kurzen Einbruch im ersten Halbjahr könnte bei einer Normalisierung laut IHS und Wifo eine kräftige wirtschaftliche Erholung im zweiten Halbjahr und dann 2021 folgen - eine sogenannte V-Rezession.
„Es gibt ein großes Maß an Unsicherheit“, sagte IHS-Chef Martin Kocher am Donnerstag. Eine Prognose sei „sehr schwer“, weil die Rahmenbedingungen sich ständig ändern. Auch für Wifo-Chef Christoph Badelt ist „eine seriöse Prognose mit hinreichender Sicherheit nicht gegeben“. Das Ausmaß des Wirtschaftseinbruchs werde wesentlich davon abhängen, wie lange die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus in Kraft bleiben.
Fix: Defizit und Schulden steigen massiv
Die Corona-Krise wird auf jeden Fall zu einem massiven Anstieg von Defizit und Staatsschulden führen. Laut Wifo wird der Staat heuer zumindest 21,5 Milliarden Euro neue Schulden machen. Das entspricht 5,5 Prozent der Wirtschaftsleistung, wäre mehr als im Krisenjahr 2009 und das dritthöchste Defizit seit 1954. Eine weitere Verschlechterung ist möglich. Auch die Arbeitslosenquote soll Corona-bedingt 2020 um einen Prozentpunkt auf 8,4 Prozent steigen.
Keine Horrorszenarien: „Bringt nur Panik“
Im Gegensatz zu deutschen Wirtschaftsforschern wollten die beiden Ökonomen mögliche Worst-Case-Szenarien vorerst nicht präsentieren. Man werde nicht Horrorszenarien zeichnen, das bringe „nur Panik“, so Badelt. Die Wirtschaftsforscher wiesen aber darauf hin, dass eine Verlängerung des „Shutdown“ über den April hinaus genau abzuwägen sei. „Es besteht die dringende Empfehlung, das Hochfahren der Wirtschaft wieder ernsthaft zu überlegen“, sagte Badelt. Es sei natürlich eine Abwägung zwischen Gesundheits- und Wirtschaftsüberlegungen.
Industrie und Bau aufrechterhalten
Der Wifo-Chef plädierte dafür, Coronavirus-Hochrisikogruppen zu schützen, wenn die Wirtschaft wieder hochgefahren wird. Für IHS-Chef Kocher ist nicht vorstellbar, dieses Ausmaß des „Shutdown“ über den April hinaus zu verlängern. Sonst werde es auch größere Probleme in der Industrie und am Bau geben. Wenn der „Shutdown“ in Österreich bis Mitte Mai dauern würde, erwartet das IHS einen BIP-Rückgang von fünf Prozent. „Wir können uns das wirtschaftlich nicht leisten“, so Kocher. „Wir müssen es schaffen, die Industrieproduktion und den Bau aufrechtzuerhalten, unter Einhaltung der nötigen Sicherheitsabstände und der nötigen medizinischen Vorgaben.“
Bange Blicke in die USA
Die Wirtschaftsforscher sind in ihrer Szenarioschätzung noch nicht von einer Weltwirtschaftskrise ausgegangen. „Wenn die USA einbrechen, dann ist unsere Prognose deutlich zu optimistisch“, sagte IHS-Ökonom Helmut Hofer.
Badelt und Kocher lobten das 38-Milliarden-Euro-Hilfspaket der Regierung. Für den Wifo-Chef ist es wirtschaftspolitisch „völlig richtig“, auch Kocher unterstützt die Maßnahmen der Regierung. Die Schwierigkeit liegt laut Badelt nun in der praktischen Umsetzung, wie schnell die Hunderttausenden Anträge bearbeitet werden können und Unternehmen wieder über Liquidität verfügen.
Silberstreif: Banken gut aufgestellt
Positives konnten die Ökonomen über den heimischen Finanzsektor vermelden. „Ich glaube, wir haben einen Bankensektor, der wesentlich besser aufgestellt ist als in der Finanzkrise seinerzeit“, so Wifo-Chef Badelt. Auch IHS-Chef Kocher glaubt nicht, dass die österreichischen Banken durch die Ausweitung der Kreditvergabe an Unternehmen kurz- oder mittelfristig Probleme bekommen würden.
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