„Notstand historisch“
Coronavirus: USA haben mehr als 100.000 Infizierte
In den USA sind nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters und der Johns-Hopkins-Universität vom Freitag mehr als 100.000 Menschen positiv auf das neuartige Coronavirus getestet worden. Das ist weltweit die höchste Infektionszahl - die Zahl der bekannten Infektionen hat sich in den Vereinigten Staaten innerhalb einer Woche vervielfacht. US-Präsident Donald Trump unterzeichnete das 2,2 Billionen Dollar schwere Hilfspaket gegen die Corona-Krise. Unter Nutzung eines ursprünglich für Kriegszeiten entwickelten Gesetzes befahl Trump dem Autobauer General Motors die Produktion von Beatmungsgeräten. Das Unternehmen müsse Verträge zur Produktion von Beatmungsgeräten „akzeptieren, durchführen und priorisieren“, erklärte das Weiße Haus. Per Verordnung ermächtigte Trump Verteidigungsminister Mark Esper zudem zur Einberufung von Reservisten.
Der US-Kongress hatte wegen der Coronavirus-Pandemie ein massives Konjunkturpaket gebilligt, mit dem rund zwei Billionen US-Dollar (1,82 Billionen Euro) in die Wirtschaft gepumpt werden sollen. Nach dem von den Republikanern dominierten Senat beschloss am Freitag auch das von den Demokraten kontrollierte Repräsentantenhaus den Gesetzesentwurf mit Unterstützung über Parteigrenzen hinweg.
Pelosi: „Notstand von historischem Ausmaß“
Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, sagte: „Unsere Nation steht heute vor einem wirtschaftlichen und gesundheitlichen Notstand von historischem Ausmaß.“ Bei der Unterzeichnung des Hilfspakets sagte Trump am Freitag, nun könnten Unternehmen und Einzelpersonen Unterstützung erhalten. Er erwarte zudem, dass Tausende dringend benötigte Beatmungsgeräte produziert werden.
Höhe des Pakets soll zehn Prozent der Wirtschaftsleistung entsprechen
Das Volumen des Pakets von zwei Billionen Dollar - Trump zufolge das größte der Nachkriegsgeschichte - entspricht fast zehn Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Damit bekommen Gesundheitssektor und besonders vom Coronavirus betroffene Staaten zusätzliche Milliardenbeträge. Zudem soll es umgehend direkte Auszahlungen an die meisten Steuerzahler geben: Erwachsene sollen 1200 US-Dollar pro Person bekommen, zusätzlich soll es 500 US-Dollar pro Kind geben.
Ein wichtiger Bestandteil des Pakets sind auch Kredite für kleinere und mittlere Unternehmen von insgesamt rund 350 Milliarden Dollar, die zu bestimmten Bedingungen später erlassen werden können. Das Finanzministerium soll zudem 500 Milliarden Dollar für weitere Notkredite für Unternehmen zur Verfügung haben.
Trump zwingt GM zur Produktion von Beatmungsgeräten
Unter Nutzung eines ursprünglich für Kriegszeiten entwickelten Gesetzes befahl Trump zudem dem Autobauer General Motors (GM) die Produktion von Beatmungsgeräten. Das zuständige Ministerium werde angesichts der Corona-Epidemie die Zahl der zu produzierenden Apparate festlegen. Beatmungsgeräte werden in Krankenhäusern in großer Zahl gebraucht, um an der Lungenkrankheit Covid-19 leidende Patienten zu versorgen.
GM habe „Zeit verschwendet“, erklärte Trump am Freitag. Er setze deswegen den sogenannten „Defence Production Act“ ein. Das Gesundheitsministerium könne damit von General Motors verlangen, Regierungsaufträge für Beatmungsgeräte „anzunehmen, auszuführen und ihnen Vorrang einzuräumen“. Das Gesetz wurde 1950 während des Koreakriegs beschlossen. Mit ihm kann die US-Regierung in Krisenzeiten Unternehmen verpflichten, bestimmte Aufträge anzunehmen.
Gesetz Mitte des Monats unterschrieben, bisher aber nicht angewendet
Nur wenige Stunden zuvor hatte Trump GM über Twitter angegriffen. Der Konzern halte sein Versprechen nicht ein, „sehr schnell“ 40.000 Beatmungsgeräte zu liefern, behauptete er. Trump drohte GM damit, das für Kriegszeiten vorgesehene Gesetz einzusetzen, mit dem er stärker in die Privatwirtschaft eingreifen kann. Trump hatte das Gesetz Mitte des Monats unterschrieben, bisher aber nicht angewendet.
Die Herstellung der benötigten Beatmungsgeräte gilt für branchenfremde Unternehmen als sehr komplex. Firmen wie GM beteuern, bereits auf Hochtouren an Lösungen zu arbeiten, um dem Land in der Coronavirus-Krise zu helfen. GM hatte am Freitag mitgeteilt, bald für Ventec Life Systems Beatmungsgeräte zu bauen, die ab nächstem Monat ausgeliefert werden sollen. GM beginne auch mit der Fertigung von chirurgischen Atemschutzmasken.
Trump ermöglicht Einberufung von Reservisten
Verteidigungsminister Mark Esper wurde zur Einberufung von Reservisten ermächtigt. In einem Schreiben an die Vorsitzenden der beiden Parlamentskammern im Kongress hieß es, damit sollten bereits aktive Kräfte in der Reaktion auf die Corona-Krise unterstützt werden. Der amtierende Heimatschutzminister Chad Wolf wurde autorisiert, Reservisten der Küstenwache zum aktiven Dienst einzuberufen. Die Küstenwache untersteht dem Heimatschutz-, nicht dem Verteidigungsministerium. Trump sagte bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus, mit der Verordnung könnte beispielsweise medizinisches Personal aus der Reserve mobilisiert werden.
Trump steht wegen seines Krisenmanagements und relativierenden Äußerungen zur Corona-Pandemie in der Kritik. Noch am Donnerstagabend hatte er im Sender Fox News Zweifel an einem von US-Bundesstaaten beklagten Versorgungsmangel angebracht. „Ich glaube nicht, dass man 40.000 oder 30.000 Beatmungsgeräte braucht“, sagte er in einer Talkshow.
Weltweit höchste Infektionszahl vor Italien und China
Die USA haben inzwischen mit mehr als 100.000 Fällen die weltweit meisten bestätigten Coronavirus-Infektionen. Mehr als 1300 Tote sind bisher verzeichnet. Die Zahl der weltweiten Todesfälle durch das neuartige Coronavirus hat sich bis Freitag auf mehr als 25.000 erhöht.
Nach Daten des US-Arbeitsministerium vom Donnerstag stieg die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in den USA in der Woche bis 21. März etwa um das Zehnfache von 282.000 auf rund 3,3 Millionen. Das war der höchste Wert seit Beginn der Datenerhebung. Die Erstanträge gelten als Indikator für die kurzfristige Entwicklung des Arbeitsmarkts. In der Vorwoche - zu Beginn der Epidemie in den USA - waren die Erstanträge nur um 70.000 auf 281.000 angestiegen.
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