Corona-Folgen

Hahn: „Wird ein Umdenken in Europa geben müssen“

Politik
28.03.2020 11:14

Österreichs EU-Kommissar Johannes Hahn, zuständig für die Finanzen, spricht im „Krone“-Interview darüber, mit welchen Herausforderungen Europa derzeit zu kämpfen hat und was Brüssel an Hilfe beitragen kann.

„Krone“: Herr Hahn, man hat den Eindruck, dass jeder Nationalstaat auf seine Art und Weise gegen die Folgen der Corona-Krise kämpft.
Johannes Hahn: Gesundheitspolitik und Katastrophenschutz gehören nicht zu den Aufgaben der EU. Es gibt aber genug Möglichkeiten, bei denen die Kommission durch ergänzende Maßnahmen helfen kann, von der Koordinierung, über Finanzierungen aus dem EU-Budget bis hin zu Verhandlungen mit den Chinesen, die lieber mit einer Person als mit jedem Land einzeln sprechen.

Was hat die EU bisher konkret gemacht?
Da viele Länder in Alleingängen ihre Binnenmarkt-Grenzen geschlossen haben, wurde EU-weit der ungehinderte Transport von Lebensmitteln und medizinischer Ausrüstung sichergestellt. Damit ist gewährleistet, dass die Supermärkte voll sind. Gleichzeitig haben wir in Europa die Produktion von medizinischer Ausrüstung erfolgreich hochgefahren. Wir organisieren auch gemeinsame Einkäufe, um dringend benötigte medizinische Ausrüstung zu guten Konditionen zu beschaffen.

(Bild: P. Huber)

Weil wir alles billiger aus Asien bezogen haben, das rächt sich jetzt.
Ja, da wird es ein Umdenken geben müssen, damit wir in kritischen Bereichen unabhängiger werden. Wir bemühen uns gerade zu erreichen, dass Indien sein Monopol auf das Fiebersenkungsmittel Paracetamol aufhebt.

Die Mitgliedsländer zusammen haben bereits über 1000 Milliarden Euro an Wirtschaftshilfe lockergemacht. Was trägt die EU zur Bewältigung der Wirtschaftskrise bei?
Wir haben die strengen Haushaltsregeln gelockert, staatliche Beihilfen sind bis Dezember 2020 erlaubt. Da haben wir schnell das Ruder herumgerissen. Für ein Unternehmen sind nun bis zu einer Million Euro an Zuschüssen aus den nationalen Budgets gestattet, ohne dass das Beihilfenrecht verletzt wird. Zusätzlich gibt es 37 Milliarden aus den EU-Strukturfonds, die bisher nicht genutzt wurden. Man darf nicht vergessen, dass das gesamte EU-Budget nur ein Prozent des BIP der Staaten ausmacht, nationale Haushalte liegen bei bis zu 50 Prozent. Dafür hat die EZB mit 750 Milliarden Euro die Finanzmärkte entlastet, das hat die Talfahrt an den Börsen gestoppt.

Eine Euro-Skulptur vor der EZB-Zentrale in Frankfurt am Main (Bild: APA/dpa)
Eine Euro-Skulptur vor der EZB-Zentrale in Frankfurt am Main

All das wird aber dazu führen, dass die Budgetdefizite steigen, vor allem in hoch verschuldeten Ländern wie Italien. Kommt dann die nächste Euro-Krise?
Nein, da sind wird mit unserem Euro-Rettungsschirm gut aufgestellt, da sind noch 410 Milliarden Euro drin. Was ein Problem werden könnte, sind die Nicht-Euro-Staaten. Da sieht man schon, was für ein Vorteil es ist, wenn man Teil der Währungsunion, also der Eurozone, ist.

Sitzt die EU-Kommission jetzt auch im Homeoffice?
Wir haben täglich Videokonferenzen. Aber meine größte Herausforderung war, die 32.000 Mitarbeiter der Kommission binnen einer Woche umzustellen, davon sind jetzt 29.000 in Tele-Arbeit, wir haben auch viele in Luxemburg oder sogar in Italien.

Manfred Schumi, Kronen Zeitung

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