New Yorker Arzt warnt:

„Wir müssen bald auswählen, wer sterben muss“

Ausland
31.03.2020 10:43

New York City ist jene US-Stadt, die am härtesten von der Coronavirus-Pandemie getroffen wurde. Am Montag starben in der Metropole in „nur sechs höllischen Stunden“, wie die „New York Post“ schreibt, 124 Menschen. Das bedeutete einen Todesfall alle 2,3 Minuten. „Wir haben unsere Kapazitäten noch nicht überschritten, aber wir planen die Überschreitung der Kapazitäten ein“, erklärte der New Yorker Arzt Shamit Patel. Bald müsste man in den Spitälern - wie zuvor schon in Italien - auswählen, wer behandelt wird und wer sterben müsse.

New York ist der Brandherd in der Coronavirus-Krise in den USA. Noch vor zehn Tagen seien nur die Hälfte seiner Patienten im Krankenhaus Beth Israel in Manhattan Coronavirus-Infizierte gewesen, sagte Patel. Doch die Zahl der Neuinfektionen steige in New York exponentiell. „Gemessen an der Rate, die ich beobachte, könnte der Höhepunkt irgendwann zwischen Ende dieser Woche und einem Zeitpunkt in der nächsten Woche erreicht sein“, sagte Patel.

Sonst stark belebte Straßen sind nun in New York verwaist. (Bild: AP)
Sonst stark belebte Straßen sind nun in New York verwaist.
(Bild: AP)

Die Stadt New York meldete bis Montag 36.000 bestätigte Coronavirus-Infektionsfälle, 790 Menschen starben. Vor zwei Wochen hatte es gerade einmal 463 nachgewiesene Infektionen gegeben. In der Metropole reagierte man auf die Entwicklung, indem man ein Feldkrankenhaus im Central Park errichtete. Am Montag legte ein Krankenhausschiff der US-Marine an, in dem zwar keine Coronavirus-Patienten behandelt werden, das aber die Krankenhäuser in der Stadt entlasten soll.

Mediziner: Ärzteanzahl müsste „verdoppelt oder verdreifacht“ werden 
Patel befürchtet ein Szenario wie in manchen Regionen Norditaliens, wo Ärzte wegen der überwältigenden Zahl an Patienten entscheiden müssen, wer behandelt wird und wer sterben muss. In der Krise müssten Ärzte ihre Patienten schneller diagnostizieren und Therapiemaßnahmen festlegen, sagte der Internist. Wahrscheinlich müsse die Zahl der Patienten pro Arzt „verdoppelt oder verdreifacht“ werden, sagte der 46-Jährige weiter. Dies könne jedoch nicht bis ins Unendliche fortgesetzt werden, weil dann keine wirksame Behandlung mehr möglich sei.

Beatmungsgeräte könnten knapp werden
Auch möglichen Engpässen bei der Versorgung sieht der Internist mit Sorge entgegen, vor allem mit Blick auf Beatmungsgeräte. Wenn viele Patienten auf einmal ins Krankenhaus kämen, die künstlich beatmet werden müssten, „dann muss man anfangen, auszuwählen“, sagte er.

Symbolbild (Bild: AFP)
Symbolbild

Beinahe täglich heben der New Yorker Bürgermeister Bill de Blasio und der Gouverneur des Staates New York, Andrew Cuomo, derzeit die Notwendigkeit nach mehr Beatmungsgeräten hervor. 400 zusätzliche Geräte müssten bis Ende der Woche in der Stadt eintreffen, sagte De Blasio am Montag. Der kommende Sonntag sei der alles entscheidende Tag für New York.

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