Fälle ohne Symptome

1500 Corona-Tests sollen Dunkelziffer enthüllen

Österreich
02.04.2020 06:51

Die Regierung testet Tausende Menschen in Berufsgruppen, die viel Kontakt mit Kunden oder Patienten haben, auf das Coronavirus - auch wenn sie keine Symptome der neuartigen Lungenkrankheit haben. So will man der Dunkelziffer auf die Spur kommen. Es wurden bereits 1500 repräsentative Proben von Supermarkt-Mitarbeitern, Ärzten und Gesundheits- und Pflegepersonal gewonnen - die Ergebnisse stehen allerdings noch aus. Eine Expertin erhebt jedoch bereits jetzt Zweifel an der Aussagekraft der Untersuchung.

Nicht jede Erkrankung mit Covid-19 verläuft mit Symptomen - die Ansteckungsgefahr ist jedoch auch in diesem Fall hoch. Laut Regierung sei die Testung repräsentativ und soll helfen, den Anteil der „asymptomatisch“ Infizierten aufzudecken.

Keine Informationen über genaue Methodik 
Am vergangenen Wochenende wurde die Untersuchung begonnen, am Dienstag und Mittwoch wurden weitere Tests genommen, hieß es aus dem Gesundheitsministerium. Über die genaue Methodik und operative Abwicklung hielt sich das Ministerium von Rudolf Anschober (Grüne) aber bedeckt. Nach der Feldphase sei jedenfalls die wissenschaftliche Auswertung geplant. Bis wann die Ergebnisse vorliegen sollen, blieb unbeantwortet.

Ziel der Testreihe ist es, mehr Wissen über die Dunkelziffer und damit den Anteil der tatsächlich Infizierten in den jeweiligen Bereichen zu bekommen. Das ist wichtig, da es sich um Orte mit einer hohen Interaktions- und Kontaktdichte handelt.

(Bild: Wilhelm Eder)

Sollte sich nun herausstellen, dass es unter Supermarkt-Angestellten mit Kundenkontakt, Ärzten und Pflegern zahlreiche Infizierte mit SARS-CoV-2 gibt, die keine Symptome haben, wäre Handlungsbedarf gegeben. Denn auch ohne Symptome kann das Virus übertragen werden. Noch problematischer wäre ein solcher Befund aus dem Grund, weil in Supermärkten, vor allem aber Spitälern und Pflegeheimen immer auch ältere und vorerkrankte Personen sind, die vor einer Ansteckung eigentlich stärker geschützt werden sollten.

Expertin zweifelt an, dass es sich um repräsentative Stichproben handelt
Vor diesem Hintergrund sei es auch richtig und legitim, das Personal schwerpunktmäßig zu testen, sagte die Sozialforscherin Eva Zeglovits. Die Expertin vom Institut für empirische Sozialforschung (IFES) meldete aber Bedenken wegen der Repräsentativität der Stichprobe an. Müsste ihr Institut eine ähnliche Erhebung machen, „hätte ich keine schnelle Lösung auf der Hand“, gestand sie.

(Bild: APA/Georg Hochmuth)

Denn grundsätzlich bräuchte es Listen aller Beschäftigten in den einzelnen Bereichen, idealerweise mit Informationen wie Alter, Geschlecht, Herkunft etc. „Eine vollständige Liste für die Supermärkte, eine für Gesundheit und eine für Pflege. Dann könnte man eine Zufallsstichprobe daraus ziehen, das wäre sozusagen die methodisch gute Vorgangsweise“, führte Zeglovits aus. Schon allein aus Datenschutzgründen sei es aber in der kurzen Zeit schwierig, an solche Listen zu kommen.

Sie vermute daher, dass die Auswahl der Testpersonen nach weniger strengen Regeln und Kriterien erfolgte, die Stichprobe also kein unverzerrter Querschnitt der Grundgesamtheit sein könne. In der empirischen Forschung bezeichne man eine solche Vorgehensweise als „Convenience Sample“.

Eva Zeglovits, Polit-Expertin und Leiterin des Meinungsforschungsinstituts IFES (Bild: IFES)
Eva Zeglovits, Polit-Expertin und Leiterin des Meinungsforschungsinstituts IFES

Aussagekraft von Untersuchung „genau hinterfragen“
„Das ist zwar auch interessant“, sagte Zeglovits, auf diese Weise ließen sich durchaus Hinweise ableiten. Die gewonnenen Daten hätten aber kaum Aussagekraft hinsichtlich der tatsächlichen Rate an Infizierten in den untersuchten Berufsgruppen. Man könne auch keine Schwankungsbreiten berechnen, weil die Qualität der Stichprobe das nicht hergeben würde. Sollten die Testergebnisse öffentlich gemacht werden, müsste jedenfalls „genau hinterfragt werden, wie die Zahlen zustande gekommen sind“, meinte sie.

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