Ihr Schicksal war bis zuletzt ungewiss, doch nun können die rund 1250 Passagiere des mächtigen Kreuzfahrschiffs endlich aufatmen: Die MS Zaandam und ihr Schwesternschiff Rotterdam legten nach ihrer Irrfahrt am Donnerstagabend Ortszeit im Hafen von Fort Lauderdale im US-Bundesstaat Florida an. Im „Krone“-Interview schildert ein Pärchen aus Niederösterreich, wie aus einer Traumreise ein Albtraum wurde.
Mit einer Schreckensmeldung durch die Lautsprecher des Ozean-Riesen nahm die Odyssee ihren Lauf: Der Kapitän berichtete höchstpersönlich über vier Passagiere an Bord, die höchstwahrscheinlich am Coronavirus verstorben seien. Und von weiteren Infizierten. „Das war natürlich ein Schock. Ich hab‘ mir gar nicht vorstellen können, wie furchtbar das für die Angehörigen der Opfer sein muss“, erinnert sich Sabine Pröllinger.
Gemeinsam mit Werner Zemliczka war die Pöchlarnerin am 8. März zu einer zweiwöchigen Kreuzfahrt entlang der südamerikanischen Pazifikküste aufgebrochen. Nur wenige Tage später wurde aus der Traumreise ein Albtraum. Die Passagiere wurden aufgefordert, ihre Kabinen nicht mehr zu verlassen. Die MS Zaandam war von nun an unter Quarantäne gestellt - die „Krone“ berichtete.
„Beißender Geruch von Desinfektionsmittel“
Verpflegung wurde ab sofort nur noch an die Kabinentür geliefert - vor allem für Reisende in Innenkabinen ein Gefängnis auf hoher See. Tür auf, Tür zu. Schluss. Keine Frischluft. „Und ständig dieser beißende Geruch von Desinfektionsmittel, der sich durch den Türschlitz in den Kabinen breitmachte. Mit der Zeit wurden die hygienischen Zustände auch nicht besser“, so die Niederösterreicherin. Unter den Passagieren befand sich laut „Krone“-Infos auch eine in Deutschland lebende Tirolerin.
Abgesehen von den Toten und Kranken an Bord wurde ein weiteres Problem immer klarer: Kein Hafen wollte den „verseuchten“ Dampfer aufnehmen, sogar die rettende Fahrt durch den Panamakanal in Richtung Florida stand zunächst auf der Kippe. Vor knapp einer Woche konnten schließlich rund zwei Drittel der Passagiere per Beibooten von der Zaandam auf das Schwesternschiff Rotterdam übersiedeln, das zur Unterstützung angefordert wurde.
„Hier hat Donald Trump Menschlichkeit gezeigt“
Es war eine Hängepartie bis zuletzt. Noch vor wenigen Tagen hatte nämlich auch Floridas Gouverneur Ron DeSantis den Schiffen die Zufahrt verweigert - doch dann sprach der US-Präsident ein Machtwort: „Ich werde tun, was das Richtige ist“, ließ Donald Trump ausrichten. Und tatsächlich: Donnerstagabend dockte zunächst die Zaandam und kurze Zeit später die Rotterdam im Hafen von Fort Lauderdale an. „Man muss schon sagen, dass Trump Menschlichkeit gezeigt hat. Das kann ihm niemand absprechen“, so Zemliczka.
„Sind miteinander und aneinander gewachsen“
Die Evakuierungsaktion war generalstabsmäßig geplant: Über den Schiffen kreisten Hubschrauber, die Küstenwache patrouillierte in den Gewässern, die Nationalgarde bezog Stellung. Die erkrankten Passagiere - einige davon in Lebensgefahr - wurden in umliegende Spitäler gebracht, für die Europäer, Kanadier und Australier organisierte die Reederei Flüge in die Heimat. Der holländische Kapitän verabschiedete sich mit dramatischen Worten von seinen Passagieren: „Wir sind miteinander und aneinander in dieser schwierigen Situation gewachsen.“
Nach einer weiteren, letzten Nacht an Bord geht es für die Touristen nun per Bus direkt zum Flughafen. Auch für das überglückliche Pärchen aus Pöchlarn, das sich bereits auf der Heimreise befindet. „Irgendwann werden wir sicher wieder eine Kreuzfahrt machen. Für die nächste Zeit haben wir aber genug …“
Aus den USA berichtet „Krone“-Reporter Oliver Papacek.
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