Kleine Revolution
Kuba erlaubt Bürgern erstmals Firmengründung
Die Maßnahmen bedeuteten einen strukturellen Wechsel, sagte der Präsident. Sie verfolgten das Ziel, das soziale System des Landes zu entwickeln und für die Zukunft zu erhalten. Zugleich warnte Castro die Opposition vor subversiver Tätigkeit. In Anspielung auf die derzeit laufende Freilassung und Abschiebung von 52 politischen Häftlingen (siehe Infobox) drohte er: "Niemand soll sich täuschen. Die Verteidigung unserer heiligen Errungenschaften, unserer Straßen und Plätze wird die erste Pflicht der Revolutionäre bleiben."
"Der Ministerrat ist übereingekommen, die Arbeit auf eigene Rechnung zu erweitern, als eine weitere Alternative für überzählige Arbeiter", erklärte der Präsident. Dazu würden Hindernisse und Verbote beseitigt und der Handel mit bestimmten Produkten erlaubt. Kuba will damit in erster Linie die Produktivität der lahmenden Wirtschaft erhöhen, die seit Jahren vor dem Kollaps steht.
Vor Journalisten hatte auch Wirtschaftsminister Murillo am Rande der Regierungs-Tagung bekräftigt, die Maßnahmen seien eher Aktualisierungen, aber keine Reformen. Sozialismus und Staatswirtschaft blieben in Kuba unangetastet.
Belegschaft in Staatsbetrieben wird reduziert
Nach den Worten Castros soll gleichzeitig die Belegschaften in den Staatsbetrieben etappenweise reduziert werden. Im April hatte er bei anderer Gelegenheit davon gesprochen, das eine Million der rund fünf Millionen Beschäftigten im Staatssektor überzählig seien.
Wie bereits in den vergangenen Jahren blieb auch am Sonntag der Sessel Fidel Castros frei. Nachdem der Revolutionsführer in den vergangenen zwei Wochen achtmal in Erscheinung getreten war und das Parlament beauftragt hatte, über eine vermeintliche Atomkriegsgefahr durch die USA im Nahen Osten zu beraten, war vermutet worden, er könnte an diesem Sonntag wieder auf die politische Bühne treten.
Sämtliche Wirtschaftssektoren eingebrochen
Kuba steckt in großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Mangelhafte Produktivität, Bürokratie und Korruption, aber auch die Weltwirtschaftskrise und Wetterkatastrophen haben zum Niedergang beigetragen. In den vergangenen Jahrzehnten schrumpfte die Produktion von Zucker und Kaffee - Produkte, mit denen Kuba in früheren Zeiten viel Geld verdient hatte - auf ein Minimum. Die jährliche Kaffee-Ernte ist in den rund 50 Jahren der Herrschaft Fidel Castros, Bruder des jetzigen Staatschefs, von 60.000 auf 6.000 Tonnen zusammengeschrumpft.
Raúl Castro hatte bei seinem Amtsantritt vor zwei Jahren Veränderungen und Erleichterungen im Alltag versprochen. Doch außer der Verteilung brachliegenden Landes an Bauern zur Erhöhung der Lebensmittelproduktion und der Schaffung einer Behörde zur Korruptionsbekämpfung war nichts daraus geworden. Vor drei Monaten erlaubte die Regierung dann als Test für weitere private Tätigkeiten im Kleinen, dass bisher beim Staat angestellte Friseure auf eigene Rechnung ihren Kunden die Haare schneiden dürfen.
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