Viele Hilferufe

Corona-Krise: Gefahrenzone in den Seniorenheimen

Österreich
08.04.2020 06:00

Alte und kranke Menschen sind besonders gefährdet. Es gibt Hilferufe von Betroffenen und Experten: Es braucht mehr Ressourcen für Senioren- und Pflegeeinrichtungen.

Ein Hilferuf einer Verzweifelten, die anonym bleiben will. Es geht um das renommierte Augustiner Pflege- und Seniorenheim in Korneuburg. „Ein Patient wurde positiv auf Covid-19 getestet. Er war länger im Pflegeheim, also dürfte er vom Pflegepersonal angesteckt worden sein, da Besuche verboten sind“, heißt es im Schreiben an die „Krone“. Der Herr sei in ein Krankenhaus, sein Zimmernachbar in ein anderes Spital gebracht worden. Die Pfleger seien weder in Quarantäne geschickt noch getestet worden. „Sie mussten weiterarbeiten, weil man sie braucht.“ Es drohe eine Weiterverbreitung.

Im Fokus: Das Augustiner Pflege- und Seniorenheim (Bild: Imre Antal)
Im Fokus: Das Augustiner Pflege- und Seniorenheim

„Erkrankte Bewohner werden abgeschirmt und bestmöglich versorgt“
Die „Krone“ konfrontierte das Augustiner-Heim via Mail mit den Vorwürfen. Die Antwort kam bemerkenswerterweise nicht aus Korneuburg, sondern aus der Landesregierung in St. Pölten. Erst ein Anruf. Man wisse von solchen Vorwürfen, aber in Niederösterreich sei alles in Ordnung. Und es werde eine schriftliche Stellungnahme folgen. Die folgte auch. Allerdings ohne auf die detaillierten Vorhaltungen einzugehen. Dafür liest man Allgemeines: „Trotz zahlreicher Maßnahmen gibt es erste an Covid-19 erkrankte Bewohner. Sie werden abgeschirmt, bestmöglich versorgt.“ In Niederösterreichs Pflegeeinrichtungen gebe es sieben an Corona erkrankte Bewohner.

Kollektive Forderung nach mehr Ressourcen
Diese Episode ist jedenfalls symbolisch für die Gefahr, die in Betreuungsheimen steckt. Richard Greil, Leiter des Salzburger medizinischen Krisenstabes, warnt vor einer zweiten Erkrankungswelle aus Pflege-, Alten- und Behindertenheimen mit schweren Verläufen. Zuletzt waren in den Salzburger Einrichtungen 47 Bewohner und Mitarbeiter infiziert. Auch in Wien gibt es zahlreiche Fälle. Caritas, Hilfswerk, Diakonie, Volkshilfe fordern, „Pflegebetreuung bei Ausstattung prioritär zu behandeln“.

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In dieser Krise werden die dunklen Flecken unseres Systems offenbart. Vielleicht kann man daraus lernen.

Ursula Frohner, Chefin des Gesundheits- und Krankenverbandes

Besuchsverbot 
Auch Ursula Frohner wünscht sich mehr Ressourcen. Sie führt den Kampf schon seit vielen Jahren. Die Präsidentin des Österreichischen Gesundheits- und Krankenverbandes hat schon vor dem verhängten Besuchsverbot in Alten- und Pflegeheimen ein solches gefordert. „Das muss sein, auch wenn alte und kranke Menschen Kontakt brauchen. Man kann ihnen nicht das Essen mit einem Meter Abstand geben. Und wie wollen Sie einem dementen Menschen erklären, dass er eine Schutzmaske tragen muss?“ Insofern seien diese Einrichtungen besondere Gefahrenherde.

Ursula Frohner, Chefin des Gesundheits- und Krankenverbandes (Bild: ÖGKV)
Ursula Frohner, Chefin des Gesundheits- und Krankenverbandes

Gegen soziale Isolation hat man Wege gefunden. „Mit Videotelefonie können Pflegebedürftige ihren Verwandten nahe sein.“ Das große Problem sei der Personalmangel. „Wenn dann noch Teile in Quarantäne geschickt werden, dann verschärft das die Situation zusätzlich.“ Aber vielleicht, hofft Ursula Frohner, werde man angesichts der Krise endlich reagieren. „Es braucht eine Aufwertung des Pflegeberufes. Das sind jene Menschen, die mit verantwortlich sind, damit unser Gesundheitssystem funktioniert.“

Kronen Zeitung

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