Patienten entlassen
Ungarn räumt Krankenhäuser für Corona-Infizierte
Aufgrund einer Regierungsanordnung müssen Ungarns Spitäler 60 Prozent ihrer Betten zur Bewältigung der Corona-Krise freimachen. Patienten wurden vorzeitig nach Hause geschickt - diese sollen nun von ihren Familien betreut werden. Ob eine derart hohe Bettenkapazität für die Bewältigung der Krise auch notwendig ist, wird jedoch bezweifelt.
Die ungarische Regierung hat die Krankenhäuser des Landes angewiesen, die Mehrzahl ihrer Betten für die künftige Behandlung von Covid-19-Patienten zur Verfügung zu stellen. Bis zum Mittwoch mussten die Spitäler 60 Prozent ihrer Betten freimachen und dabei Patienten nach Hause schicken, berichteten ungarische Medien. Angehörige von Patienten seien ratlos und überfordert.
Familien überrumpelt
Nach Vorstellung der rechtsnationalen Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban sollen 36.000 Betten Menschen zugutekommen, die am Coronavirus erkrankt und auf eine stationäre Behandlung angewiesen sind. Chronisch Kranke und Pflegefälle, die nun aus den Krankenhäusern entlassen werden, sollen zu Hause von ihren Familien betreut werden, erklärte die oberste Amtsärztin Cecilia Müller am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Budapest. „Wir müssen darauf vorbereitet sein, dass jeder eine Versorgung bekommt, der eine solche (wegen der Corona-Pandemie, Anm.) benötigt.“
Kranke vorzeitig entlassen
Aufgrund der Regierungsanordnung sahen sich Chefärzte gezwungen, Kranke vorzeitig zu entlassen. Angehörige sehen sich mit der Situation überfordert und fürchten, dass die notwendige Betreuung nicht gewährleistet werden kann. Das Internet-Portal index.hu zitierte einen Betroffenen: „Meinen Vater hat man nach einer Fußamputation mit kaum verheilter, eiternder, noch vernähter Wunde nach Hause geschickt.“ Die Schwiegertochter verbinde nun die Wunde, die Familie suche noch nach einer Fachkraft, die die Nähte zieht.
Unverständnis bei Ärzten und Experten
Experten und Ärzte zweifeln daran, dass eine derartige Bettenkapazität für Corona-Fälle in näherer Zukunft überhaupt nötig sein wird. Bis zum Mittwoch waren in Ungarn 1579 Menschen nachweislich mit dem Virus infiziert, das die Lungenkrankheit Covid-19 auslösen kann - 134 starben bisher. „Das ist die denkbar unmenschlichste Verantwortungslosigkeit, die eine Regierung in dieser Lage begehen kann,“ erklärte der Sozialdemokrat Ferenc Gyurcsany. Orbans Kabinett verschulde damit den Tod von Tausenden Menschen, so der Oppositionspolitiker.
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