Bogen überspannt?

Tusk möchte Ungarns Fidesz-Partei aus EVP werfen

Ausland
16.04.2020 19:11

Bereits seit einem Jahr liegt die Mitgliedschaft der ungarischen Fidesz in der Europäischen Volkspartei (EVP) auf Eis. Ende März könnte Premierminister Viktor Orban den Bogen mit seinem autoritären Umgang in der Corona-Krise jedoch endgültig überspannt haben. Donald Tusk, der Parteivorsitzende der europäischen Konservativen, drängt nun auf einen Ausschluss.

Die Fidesz-Partei des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban soll nach dem Willen von EVP-Chef Donald Tusk noch heuer aus der christdemokratischen Parteienfamilie ausgeschlossen werden. Das ungarische Notstandsgesetz in der Corona-Krise möge formaljuristisch nicht zu beanstanden sein, habe aber „mit dem Geist der Demokratie nichts mehr zu tun“, sagte der ehemalige EU-Ratschef am Donnerstag. 

Die nationalkonservative Partei von Ungarns Ministerpräsident Orban ist nach wie vor von der Europäischen Volkspartei suspendiert. (Bild: APA/AFP/EMMANUEL DUNAND)
Die nationalkonservative Partei von Ungarns Ministerpräsident Orban ist nach wie vor von der Europäischen Volkspartei suspendiert.

Entscheidung wohl bei nächster Vorstandssitzung
Die nächste Vorstandssitzung der Europäischen Volkspartei, der auch die ÖVP angehört, ist noch nicht fixiert. Sie könnte, je nach Entwicklung der Corona-Krise, schon im Juni oder auch erst im September stattfinden. Bis dahin wolle Tusk aber die Kollegen in der EVP überzeugen, „dass wir nicht zwischen Freiheit und Sicherheit wählen müssen, sondern dass wir den Bürgern beides anbieten können.“

„Auch Sie haben ein Recht zu wissen, was Brüssel vorhat“, stand auf dem Plakat, das den ehemaligen Kommissionspräsidenten Juncker verschmähen sollte. (Bild: APA/AFP/ATTILA KISBENEDEK)
„Auch Sie haben ein Recht zu wissen, was Brüssel vorhat“, stand auf dem Plakat, das den ehemaligen Kommissionspräsidenten Juncker verschmähen sollte.

EVP ringt um einheitliche Linie
Tusk war allerdings schon zu Beginn des Jahres daran gescheitert, die Delegierten vom Fidesz-Rauswurf zu überzeugen. Seit gut einem Jahr liegt die EVP-Mitgliedschaft der Fidesz auf Eis - unter anderem wegen Attacken auf den damaligen EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker sowie mutmaßlicher Verstöße gegen EU-Grundwerte. Im Februar konnten die Delegierten sich lediglich zur Verlängerung der Suspendierung durchringen.

Scharfe Kritik gab es an der Machtfülle, mit der sich Ungarns Premierminister Viktor Orban zur Bekämpfung der Corona-Krise ausstatten ließ. (Bild: AP)
Scharfe Kritik gab es an der Machtfülle, mit der sich Ungarns Premierminister Viktor Orban zur Bekämpfung der Corona-Krise ausstatten ließ.

Orbans Vorgehensweise unter heftiger Kritik
Ende März ließ sich Orban vom Parlament in Budapest mit umfassenden Sondervollmachten zur Bewältigung der Corona-Krise ausstatten. So kann er ohne zeitliche Befristung und gegebenenfalls ohne parlamentarische Kontrolle auf dem Verordnungsweg regieren. Dies sorgte im In- und Ausland für heftige Kritik.

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