Entspannung erwartet
Schweden geht eigenen Weg unbeirrt weiter
Schweden hat mit seiner Bevölkerung von 10,2 Millionen etwa 1,4 Millionen Einwohner mehr als Österreich. Auch bei den bestätigten Corona-Fällen lassen sich Parallelen ziehen. Den knapp 14.700 österreichischen Infektionen, stehen etwa 13.800 schwedische gegenüber. Bei den Todesfällen gibt es jedoch deutlichere Unterschiede, denn während Österreich am Sonntag eine Covid-19-Todeszahl von 443 aufwies, waren es in Schweden bereits 1511 Todesfälle. Schwedens Chef-Epidemiologe Anders Tegnell gab offen zu, dass dies auch mit Fehlern bei der Krisenbewältigung in Altersheimen zu tun habe. Dennoch sehe sich das skandinavische Land insgesamt auf dem richtigen Weg. Auch erste Nachbarländer schwenkten zumindest teilweise auf die Stockholmer Linie ein.
Rund ein Drittel aller schwedischen Covid-19-Todesfälle gehen auf Bewohner von Altersheimen zurück. Tegnell gab bei der Arbeit dort zwar zu, „Fehler gemacht“ zu haben, betonte aber, dass in Schweden fast nur Menschen ins Altersheim kommen, die eine verbleibende Lebenserwartung von wenigen Monaten haben. Daher ist man in Schweden davon überzeugt, auf dem richtigen Weg zu sein. Die Bevölkerung halte sich zu 98 Prozent an die Ratschläge der Behörden, sagte Tegnell vergangene Woche.
Erwartete Spitzenwerte nach Ostern nicht eingetreten
Er hatte nach Ostern sogar mit Spitzenwerten bei den Neuinfektionen gerechnet, die aber nicht eingetreten seien. Eine mögliche Erklärung für diesen Umstand könnte laut Tegnell eine beginnende Herdenimmunität in Schweden sein. Die Strategie des skandinavischen Landes, in dem rund 40 Prozent der Corona-Fälle in der Hauptstadt Stockholm aufgetreten sind, war es von Beginn an, möglichst wenige gesetzliche Verbote zu erlassen und keine Maßnahmen einzuführen, die nur über wenige Wochen einzuhalten wären.
Schweden setzt auf Empfehlungen statt auf Verbote
So sind etwa Kindergärten, die Unterstufen von Schulen, die Gastronomie und Hotellerie weiterhin geöffnet. Selbst die Skigebiete des Landes blieben anfangs geöffnet. Die Gesundheitsbehörden und auch Ministerpräsident Stefan Löfven gaben Empfehlungen ab, anstatt Verbote auszusprechen, wofür es aus der ganzen Welt teils heftige Kritik setzte. US-Präsident Donald Trump hatte etwa vor einer Woche gesagt, dass Schweden „außerordentlich leide“, weil es auf eine mögliche Herdenimmunität setze.
Regierung kann Maßnahmen jederzeit nachschärfen
Derzeit liegt die Versammlungsgrenze bei maximal 50 Personen, am Donnerstag ermöglichte es der Reichstag in Stockholm der Regierung jedoch, bestimmte Betriebe und Institutionen rasch zu schließen und die Versammlungsfreiheit weiter einzuschränken, sollte dies notwendig sein. Außenministerin Ann Linde widersprach dem im Ausland vorherrschenden Bild über Schweden, dass sich das Leben der Menschen in dem skandinavischen Land kaum verändert habe. Viele Lebensbereiche würden auf Eis liegen und auch die Wirtschaft leide stark unter der Corona-Epidemie.
Dänemark öffnet Schulen und Kindergärten
Erste Nachbarstaaten haben jedenfalls damit begonnen, zumindest teilweise auf die schwedische Linie umzuschwenken. Den Anfang machte Dänemark mit der Öffnung von Kindergärten und Schulen bis zur fünften Schulstufe unmittelbar nach Ostern, was heftige Proteste von Eltern auslöste, die nicht wollen, dass ihre Kinder „Versuchskaninchen“ in Zeiten der Corona-Krise sind. Die Regierung in Kopenhagen ließ sich davon nicht beirren und erlaubt ab Montag, dass persönliche Dienstleister wie Friseure oder Fahrschulen wieder öffnen dürfen. Auch in Norwegen dürfen ab Montag die Kindergärten wieder öffnen, eine Woche später die ersten vier Schulstufen.
Dänemark und Norwegen wollen außerdem auf freiwillige Apps setzen, um mittels „Contact Tracing“ Infektionsketten aufzuspüren und einzudämmen. In Norwegen luden sich seit der Einführung am Donnerstag über eine Million Menschen die App herunter, das ist rund ein Fünftel der Gesamtbevölkerung.
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