Gesundheitsminister Rudolf Anschober hat am Dienstagnachmittag präzisiert, wie mit Arbeitnehmern, die sich in Risikogruppen befinden, weiter verfahren wird. Es wurde ein Katalog mit Krankheitsbildern erstellt, mit denen man auch auch nach der schrittweisen Lockerung der Coronavirus-Maßnahmen nicht am Arbeitsplatz erscheinen muss, wenn man als Mitarbeiter dadurch gefährdet wird. „Ein hoher Blutdruck allein reicht dabei nicht aus“, so Anschober.
Bei der schrittweisen Lockerung der Maßnahmen will Arbeitnehmer aus Risikogruppen weiter schützen. Wer an einer schweren Vorerkrankung leidet, wird vom Sozialversicherungsträger einen Brief bekommen. Damit kann man dann zu seinem Arzt gehen, wo eine Checkliste mit klar definierten Krankheitsbildern aufliegt. „Es wird auch ein freies Feld geben für zusätzliche Bilder, die sich nicht in der Liste befinden“, so Anschober. Der Arzt stellt dann ein Attest aus, sofern eine Akutgefährdung gegeben ist.
90.000 Menschen in Akutsituationen betroffen
Mit diesem Attest soll mit dem Arbeitgeber eine weitere Vorgehensweise erarbeitet werden. Entweder werde der Arbeitsplatz so eingerichtet, dass der Mitarbeiter nicht gefährdet wird, wenn dieser beispielsweise alleine in einem Raum arbeiten kann. Eine weitere Möglichkeit sei Home-Office, wenn das auch nicht umsetzbar sei, dann soll der Arbeitnehmer freigestellt werden. „Der Bund übernimmt in diesem Fall die Refinanzierung“, so der Gesundheitsminister.
Die Freistellung für den Arbeitnehmer sei freiwillig, niemand werde zum Arzt gezwungen, betonte Anschober. Es seien etwa 90.000 Menschen in Akutsituationen betroffen. Die Empfehlung des Gesundheitsministeriums soll am 4. Mai 2020 in Kraft treten.
Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres präsentierte den Katalog der Krankheitsbilder: „Das sind etwa Menschen mit einer fortgeschrittenen chronischen Lungen- oder Nierenkrankheit, Menschen mit chronischer Herzerkrankung, Menschen mit aktiver Krebserkrankung oder Erkrankungen, die mit dauerhafter Immunsuppression behandelt werden müssen, Menschen mit fortgeschrittener chronischer Nierenerkrankung oder chronischer Lebererkrankung, Menschen mit ausgeprägter Adipositas mit einem BMI von größer oder gleich 40, ausgeprägtem Diabetes oder arterieller Hypertonie mit bestehenden Endorganschäden.“
Szekeres: „Wer Risiko sieht, soll Arzt kontaktieren“
Das Attest erhalte man jedoch nicht automatisch, wenn man unter einer Krankheit leide, die in dem Katalog angeführt ist. Menschen mit Diabetes oder Bluthochdruck werden nicht berücksichtigt, sollten diese „gut eingestellt sein“. Weiters könne nicht jeder, für den ein hohes Risiko bestehe, automatisch kontaktiert werden, da beispielsweise Patienten, die eine Chemotherapie machen, gar nicht bei den Krankenkassen aufgelistet seien. „Wer sich als Teil der Risikogruppe sieht, sollte auf jeden Fall seinen Arzt kontaktieren“, rät Szekeres.
NEOS-Kritik: „Hausverstand hätte gereicht“
Kritik an dieser Vorgangsweise äußerten die NEOS: „Nach dem wochenlangen Theater darum, ob ein Brief an die Risikogruppen geschrieben wird und wer zu dieser Risikogruppe zählen soll, sind jetzt am Ende der Vorstellung alle ganz genauso schlau wie vorher“, meinte Gesundheitssprecher Gerald Loacker. Die Entscheidung über jeden einzelnen Fall treffen schließlich Patient und Arzt: „Dafür hätte es keine wochenlangen Expertengruppen gebraucht, dafür hätte etwas Hausverstand gereicht.“
Gewerkschaft fordert Schutz auch für schwangere Mitarbeiterinnen
Die Gewerkschaft vida bemängelte, dass Schwangere nicht als Risikogruppe definiert wurden. „Hier wurde eine Riesenchance vertan, schwangere Arbeitnehmerinnen endlich zu schützen. Die Bundesregierung handelt fahrlässig, immerhin geht es um zwei Menschenleben, um jenes der Mutter und jenes des ungeborenen Kindes“, argumentierte die Frauen-Vorsitzende Elisabeth Vondrasek. Besonders im Gesundheitsbereich oder in Berufen, die viel Kontakt mit Menschen haben, würde man Schwangere einem unnötigen Risiko aussetzen.
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