Wallner zählt Pakt an

Krise schlägt durch: Regierungsprogramm hinfällig?

Politik
23.04.2020 12:22

Am 2. Jänner haben Kanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Werner Kogler das erste türkis-grüne Regierungsprogramm präsentiert. Knapp vier Monate und eine Pandemie später stellt sich die Frage, was davon noch plangemäß umsetzbar ist und in welchen Bereichen die epochale Corona-Krise ihre Spuren hinterlässt. Am Donnerstag sprach mit Vorarlbergs Landeschef Markus Wallner erstmals ein prominenter ÖVP-ler davon, dass einiges in dem Pakt wohl nicht haltbar sei - und löste prompt Neuwahlgerüchte aus.

Die jüngsten Zahlen aus der Wirtschaft lassen erschaudern: Am Donnerstag prognostizierte das Wifo einen Einbruch von 5,25 bis 7,5 Prozent im heurigen Jahr. Das Budgetdefizit wird sich demnach auf 7,5 bis zehn Prozent belaufen, die Zahl der Beschäftigten um bis zu 2,5 Prozent zurückgehen. Von alledem war zum Jahreswechsel noch nichts zu sehen, weshalb auch das türkis-grüne Regierungsprogramm keine entsprechenden Maßnahmen beinhaltet.

Kurz und Kogler bei der Präsentation des gemeinsamen Regierungsprogramms (Bild: APA/Hans Klaus Techt)
Kurz und Kogler bei der Präsentation des gemeinsamen Regierungsprogramms

Wallner für „neue politische Agenda“
Landeshauptmann Wallner sagte nun gegenüber den „Vorarlberger Nachrichten“, man müsse sich die Frage stellen, ob das Regierungsprogramm noch haltbar sei. „Bei aller Bedeutung eines ausverhandelten Regierungsprogramms und eines Budgets, das nun ohnedies nicht hält“, müsse man eine „neue politische Agenda“ entwickeln, so der ÖVP-Politiker.

Schmerzliche Umwelt-Kompromisse für Grüne?
Ausgerechnet im den Grünen so wichtigen Umweltbereich könnte es laut Wallner zu Abstrichen kommen: „Natürlich werden ökologische Fragen weiterhin dazugehören, aber es wird Verschiebungen geben.“ Es stelle sich jedenfalls die Frage, „ob das bisherige Programm der Bundesregierung weiterhin die Grundlage der Zusammenarbeit von Türkis-Grün sein kann“.

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (Bild: APA/EXPA/Johann Groder)
Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner

„Eine Neuwahl steht nicht zur Diskussion“
Mit diesen Aussagen war das Neuwahl-Gespenst auf den Plan gerufen, am Donnerstagvormittag tauchten erste entsprechende Spekulationen in den sozialen Netzwerken auf. Wallner wies dies zurück: „Eine Neuwahl steht nicht zur Diskussion.“ Mit seinen Aussagen zur Überarbeitung des Regierungsprogramms habe er vor allem ausdrücken wollen, „dass wir angemessen reagieren müssen“. Er gehe davon aus, dass es auf Bundesebene bereits ähnliche Überlegungen gibt. „Das Regierungsprogramm muss auf die Krise reagieren“, so der Landeshauptmann.

Kurz und Kogler: „Vor, in und nach der Krise gut zusammenarbeiten“
Auf Bundesebene fiel die Reaktion auf Wallners Vorstoß äußerst knapp aus: „Der Landeshauptmann hat seine Aussagen klargestellt. Wir arbeiten in der Bundesregierung vor, in und nach der Krise gut zusammen“, hieß es in einer gemeinsamen schriftlichen Stellungnahme von Kanzler und Vizekanzler. Auf das Regierungsprogramm selbst gingen sie nicht ein.

Türkis-Grün in Vorarlberg wird neu verhandelt
Fix neu verhandelt wird der - ebenfalls türkis-grüne - Koalitionspakt in Vorarlberg. In der „größten Krise der Zweiten Republik“ sei es notwendig, „das Regierungsprogramm im Land zu ergänzen. Sie werden in der im vergangenen Herbst ausgearbeiteten Fassung weder die Begriffe Krise noch Pandemie finden“, sagte Wallner. Das mit den Grünen verhandelte Programm müsse nicht von Grund auf neu gestaltet, aber eben ergänzt werden. „Das ist auch mit Grünen-Landessprecher Johannes Rauch so abgesprochen“, stellte der Landeshauptmann klar.

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