In Zeiten der Unsicherheit und Angst versuchen viele Betroffene den Kontrollverlust durch krankhaften Umgang mit Nahrung auszugleichen.
Wo soziale Kontakte fehlen, Essen gehamstert oder rationiert wird, findet sich vermehrt Platz für Essstörungen. „Bei Personen, die an der Schwelle zu dieser seelischen Erkrankung stehen, dient die jetzige Ausnahmesituation oft gleichsam als Türöffner. Erkrankte am Weg der Genesung berichten gleichzeitig davon, dass sie fühlen, wie sich die Sucht wieder vermehrt einschleicht“, unterstreicht auch Psychiater Dr. Christof Argeny, ärztlicher Leiter bei „sowhat. Kompetenzzentrum für Menschen mit Essstörungen“ mit Standorten in Wien, St. Pölten und Mödling.
Kann man sich nicht so oft aus den eigenen vier Wänden bewegen, dreht sich der isolierte Alltag oft ums Essen - auch in durchschnittlichen Haushalten. „Die Hamsterkäufe der vergangenen Wochen führten bei vielen Menschen dazu, dass sie enorme Vorräte zu Hause haben. Für Bulimie-Kranke bedeutet das bei Essanfällen eine große Herausforderung, nicht übermäßig zuzugreifen. In normalen Zeiten versuchen etliche Betroffene ihre Ess-Brech-Sucht auch so zu regulieren, dass sie erst gar nicht zu viel Nahrung zu Hause haben“, erläutert der Psychiater.
Essstörungen sind in der derzeitigen Krise mit Sicherheit im Steigen begriffen.
Dr. Christof Argeny, ärztlicher Leiter bei „sowhat. Kompetenzzentrum für Menschen mit Essstörungen“
Viele Magersüchtige beginnen damit, Lebensmittel zu rationieren. Oft sind sie noch strenger zu sich als sonst, da Bewegung im Fitnessstudio nun ausfällt und sie eventuell nicht auf ihre von sich selbst geforderten Sporteinheiten kommen. „Wer bemerkt, dass er in eine Essstörung kippt, sollte sich zunächst Freunden oder Familie anvertrauen, später eventuell auch professionelle Hilfe suchen“, betont Dr. Argeny. „Bei ,sowhat’ haben wir die Behandlung für die Zeit der Ausgangsbeschränkungen auf Tele-Medizin umgestellt. Das wird von allen Patienten sehr gut angenommen.“
Eva Greil-Schähs, Kronen Zeitung
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