Auf Huawei-Smartphones darf wegen des US-chinesischen Handelszwists derzeit kein Google Play Store vorinstalliert werden. Wer Geräte wie die neue P40- oder Mate-30-Reihe kauft, kann den Google-Softwaremarkt nicht einfach nachinstallieren, sondern muss seine Anwendungen aus anderen Quellen beziehen. Huawei hat eiligst selbst die App Gallery als Alternative in Stellung gebracht, dort fehlt aber noch vieles. Wo Sie die nötigsten Anwendungen auch ohne Play Store her bekommen, lesen Sie hier.
Das Betriebssystem Android ist grundsätzlich freie Software und kann von jedermann für seine Hardware verwendet und nach den eigenen Bedürfnissen angepasst werden. So ein Open-Source-Android läuft auf neuen Huawei-Handys. Weil Google mit dem Play Store eine effiziente Vertriebs-, Bezahl- und Update-Plattform für Apps geschaffen und auch sonst recht viele mächtige Werkzeuge wie die Navi-Software Maps oder das Taschenkino YouTube im Sortiment hat, installieren die meisten Handyhersteller die Dienste aber mit Google-Genehmigung auf ihren Geräten vor.
Der Deal: Google hegt und pflegt im Kräftemessen mit Apple Android und die vom Betriebssystem gebotenen Dienste wie den Play Store - und entbindet damit Smartphone-Hersteller weitgehend von der Software-Entwicklung. Dafür hat Google - das beschäftigt Europas Kartellwächter - eine gewaltige Werbeplattform und reichlich Einnahmen aus dem App-Verkauf. Und ein ungemein mächtiges Kundenbindungswerkzeug, das obendrein massenhaft verwertbare Daten erzeugt.
Android ist dominierendes Handy-Betriebssystem
Die Symbiose zahlt sich für Android aus. Das linuxbasierte Open-Source-Betriebssystem ist zum dominierenden Smartphone-Betriebssystem gewachsen und hat schon viele Herausforderer - Windows Phone, Samsung Bada, Nokias SymbianOS oder das einst etablierte BlackberryOS - überlebt. Alles unter tatkräftiger Mitwirkung des Suchmaschinengiganten.
Bei Huawei ist nun aber vorerst Schluss mit der Google-Schützenhilfe. Besitzer neuer Huawei-Smartphones müssen ohne den Google Play Store auskommen und ihre Apps aus anderen Quellen beziehen - etwa Huaweis App Gallery, die bei einem krone.at-Lokalaugenschein aber noch viele populäre Anwendungen missen ließ. Glücklicherweise gibt es aber auch noch andere App Stores, die Huawei-Nutzer ohne Play Store anzapfen können.
Was Huawei nicht hat, hat vielleicht Amazon
Zielführend kann die Installation des von den Fire-Tablets des Online-Riesen bekannten Amazon Appstore sein. Der lässt sich im Gegensatz zum Google Play Store völlig problemlos auf Huawei-Smartphones nachinstallieren und bietet ein eher auf westliche Kundschaft abgestimmtes Sortiment - inklusive öffentlich-rechtlicher Mediatheken oder manch populärem Streaming-Dienst, den man direkt bei Huawei noch nicht findet. Amazon verteilt seinen Appstore unter: amazon.de/androidapp
Mit dem Amazon Appstore haben Huawei-Nutzer eine alternative Quelle für Apps, die man in der App Gallery noch nicht bekommt. Sowohl Amazons Appstore als auch Huaweis App Gallery bieten automatische Updates für darüber bezogene Apps, helfen dem Nutzer also nach der Erstinstallation bei der Wartung und sollten daher als bevorzugte Installationsquellen dienen.
APK-Installationen direkt vom Hersteller
Bei Programmen, die Sie weder bei Huawei noch bei Amazon bekommen, können Sie die Installation aus einer APK-Installationsdatei in Erwägung ziehen. Die Android-Installer gibt es meist direkt beim jeweiligen Hersteller. Facebook und WhatsApp kann man beispielsweise auf diesem Weg auf Huawei-Smartphones installieren.
Der Nachteil dieser Lösung: Wer seine Apps selbst auf seinem Handy installiert, ist auch selbst für die Updates zuständig und sollte zu seiner Sicherheit darauf achten, dass sie aktuell bleiben. Außerdem bekommt man nicht jede APK-Installationsdatei direkt beim Hersteller, weshalb zahlreiche App-Archive im Netz um die Android-User buhlen, von denen manch eines eine schlimme Werbeschleuder ist.
APK-Dateien nur aus sicheren Quellen installieren
Wenn Sie eine Anwendung aus einer APK-Datei installieren, sollten Sie also vorsichtig sein: Nicht jedes APK-Archiv im Netz ist seriös, manch eines verteilt gar Malware. Als unbedenklich gelten etwa APKMirror, APKPure oder APK Store, aber auch bei Apps aus diesen Quellen schadet es nicht, die heruntergeladenen Dateien vor der Installation am Smartphone noch einmal auf Malware zu scannen. Gut geeignet dafür ist etwa der Online-Scanner von Virustotal.
Ein nützliches Hilfsmittel zur APK-Suche im Netz kommt von Huawei selbst: In seiner App Gallery bietet der chinesische Telekom-Gigant mit MoreApps eine Art APK-Suchmaschine an, die laut Huawei automatisch seriöse APK-Quellen im Web nach der gewünschten Anwendung durchsucht. Mit der Huawei-Suchmaschine findet man sogar manch eine Google-Anwendung - etwa Maps oder den Chrome-Browser. Den Play Store bekommt man aber auch damit nicht aufs Huawei-Handy.
„Phone Clone“-App überträgt vieles vom alten Handy
Nützlich bei der Ersteinrichtung eines Google-freien Huawei-Smartphones kann Huaweis hauseigene „Phone Clone“-App sein. Sie überträgt nicht nur Kontakte, Fotos, Anruflisten, SMS und Einstellungen, sondern auch viele Apps von einem vorhandenen Smartphone mit Google Play Diensten auf das neue Huawei-Gerät. So bekommt man beispielsweise manch Online-Banking-Tool auf Huawei-Geräte, das man weder als APK-Datei vom Hersteller noch über Huaweis oder Amazons Appstore bekäme.
Der Nachteil dieser Lösung: Hier werden kurzerhand die jeweils aktuellen App-Dateien vom alten auf das neue Gerät kopiert, eine Möglichkeit zum Update gibt es für so übertragene Apps später nicht mehr. Es ist also gut möglich, dass der Nutzer einer via PhoneClone übertragenen Banking-App nach einer Weile aus selbiger ausgesperrt wird, weil es eine neue Version gibt, die er mangels Play Store nicht erhalten hat. Ein weiterer Fallstrick: Viele Apps zapfen Google-Programmierschnittstellen an, die es auf Huawei-Handys derzeit nicht gibt. Ist das der Fall, funktioniert die App trotz erfolgreicher Übertragung per „Phone Clone“ später nicht am Huawei-Handy.
Vieles kann man einfach im Browser nutzen
Was man nicht als App für Huawei-Smartphones findet, lässt sich oft einfach als mobile Website im Browser nutzen. Google Maps, YouTube oder Gmail beispielsweise bekommt man mangels Google-Diensten nicht ohne weiteres auf Huawei-Smartphones, die Google-Dienste bieten aber allesamt eine gut gemachte mobile Website, die man auch auf einem Huawei-Smartphone mit dem Browser seiner Wahl öffnen und nutzen kann.
Generell kann man viele Apps einfach durch den Besuch der mobilen Website des Anbieters ersetzen. Neben Google-Angeboten sind beispielsweise auch Nachrichtenangebote oder Streaming-Seiten oft gut im Browser nutzbar und nicht zwingend auf die Installation einer App angewiesen. Einfach die wichtigsten Dienste als Lesezeichen speichern und schon hat man via Browser auch ohne App schnell Zugriff.
Vorsicht bei Play-Store-Schwarzinstallation
Wer mit dem Gedanken spielt, angesichts der zu erwartenden Probleme selbst Googles Play Store auf sein Huawei-Smartphone zu installieren, sei gewarnt. Im Netz kursieren zwar einschlägige Anleitungen, allerdings sind die nur ausgefuchsten Android-Bastlern zumutbar und mit tiefen Eingriffen ins System und der Nutzung chinesischer Software aus nicht nachvollziehbaren Quellen verbunden. Geht bei so einer Aktion etwas schief, hat man in aller Regel die Herstellergarantie verspielt.
Auch Google selbst scheint etwas gegen Nutzer zu haben, die die Installation des Play Store selbst in die Hand nehmen. Bei unseren Experimenten mit einem Google-freien Huawei-Smartphone bekamen wir zwar den Play Store auf das Gerät, er war allerdings unbenutzbar. Google schickte im Sekundentakt „Ihr Gerät ist nicht Google-Play-Protect-zertifiziert“-Fehlermeldungen auf das Gerät und selbst, wenn man dafür eine Lösung findet, funktionieren später Push-Benachrichtigungsfunktionen nicht.
Manches läuft schlicht nicht auf Huawei-Handys
Mit den genannten App-Quellen bekommen Nutzer neuerer Huawei-Handys trotz US-Sanktionen zumindest die meisten Apps auf ihren Smartphones zum Laufen, die sie im Alltag brauchen. Benutzerfreundlich sind solche Lösungen aber nicht, weil man sich selbst um Updates kümmern, APK-Archive durchstöbern und stets damit rechnen muss, aus Diensten ausgesperrt zu werden, weil man mit einer veralteten App darauf zugreift.
Manche Dienste und Funktionen, die auf Programmierschnittstellen aus Googles Mobile Services zugreifen, bekommt man trotz aller Mühe gar nicht zum Laufen. Dazu zählen insbesondere Multimedia-Features: Den Streaming-Riesen Netflix beispielsweise brachten wir auf neueren Huawei-Smartphones partout nicht zum Laufen, weil der auf eine Kopierschutzschnittstelle zugreift, die sonst als Teil der Google Play Services auf das Handy vorinstalliert wird. Chromecast-Streaming-Sticks kann man bislang auch nicht bespielen, weil der nötige Standard von Google stammt.
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