Die Öffis werden hochgefahren, viele Menschen kehren in Büros zurück. Das bereitet Freude, kann aber das Viren-Risiko künftig wieder erhöhen. Ein Blick der „Krone“ in die öffentlichen Verkehrsmittel zeigt: Während das Abstandhalten in so manchem Wiener Bus schon jetzt ein schwieriges Unterfangen ist, sieht es in Tirol noch anders aus. Distanz zum nächsten Fahrgast zu halten ist da noch leicht möglich, Bus, Tram und Co. sind nahezu menschenleer.
Mittwoch, 11 Uhr, eine generell ruhige Zeit in den Wiener Öffis, derzeit sowieso, und trotzdem wird es in der Buslinie 5B jetzt schon eng. Der vordere Bereich um den Fahrer ist abgesperrt, zum Ein- und Aussteigen steht nur die hintere Tür offen - und die ist nicht gerade so breit wie die Tore der Bundesgärten. Mit zwei Kinderwagen nebeneinander ist der Mittelbereich voll. Das kann ja was werden, wenn die Schule losgeht, Eltern mit dem Bus ihre Kleinen zum Kindergarten bringen und nach Feierabend Öffi-Nutzer eng aneinandergedrängt stehen.
Dagegen bieten die U-Bahn und die Bim derzeit noch zumindest reichlich Platz. Beim Einsteigen wird Abstand zum Vordermann gehalten. In der U4 findet jeder einen Vierersitz für sich alleine. Ein Mann zückt Handdesinfektionsgel aus seiner Jackentasche. Alle Fahrgäste haben Masken aufgesetzt.
Diese Rücksicht werden Öffi-Nutzer auch brauchen. Schließlich weiß jeder, wie es ohne Shutdown zu Stoßzeiten in der U-Bahn zugehen kann. Geschweige denn, wenn eine Linie an einem normalen Werktag ausfällt, nachdem alles hochgefahren wurde.
Gespenstische Stille in Tiroler Öffis
Ein Blick nach Tirol: Es ist 12.45 Uhr am Mittwoch, in der Linie 501 von Innsbruck nach Hall in Tirol, wo sich normalerweise unzählige Schüler tummeln, herrscht gespenstische Stille. Fünf Fahrgäste befinden sich im Bus - alle tragen Maske, jeder sitzt für sich alleine. Nicht einmal ein Telefongespräch gibt es zu belauschen.
In der Straßenbahn Richtung Amras bietet sich dasselbe Bild. Die Fahrgäste sitzen, schweigen und schauen dem Regen zu, der gegen die Fenster prasselt. Nur ein Mann zieht sich verstohlen die Maske vom Gesicht und beißt in eine Semmel. Er erntet böse Blicke und zieht die Maske schnell wieder hoch. Sagen will aber offenbar niemand etwas.
Der Innsbrucker Hauptbahnhof ist wie ausgestorben. In der Linie F hört man eine Durchsage: „Bitte bedecken Sie Mund und Nase, also wirklich beides.“
Maskenpflicht in Hotspots wie U-Bahnen „besonders wichtig“
Klar ist: Die Gefahr einer möglichen Ansteckung lauert überall dort, wo es demnächst wieder eng werden könnte. Vor allem in öffentlichen Verkehrsmitteln und Büros. „Diese Bereiche sind besonders zu beachten“, sagt Hans-Peter Hutter, Umweltmediziner an der Med Uni Wien. Er ist guter Dinge, vor allem angesichts der jüngsten Entwicklungen, warnt jedoch: „Wenn wir übermütig werden, sind alle Fortschritte zunichte. Besonders wichtig ist in Hotspots wie U-Bahnen die Maskenpflicht.“
An normalen Tagen in normalen Zeiten transportieren die Wiener Linien bis zu 2,6 Millionen Fahrgäste täglich. In der anormalen Corona-Zeit ist das anders (aktuell minus 70 Prozent) - die Zahlen steigen aber kontinuierlich, so die Wiener Linien, die speziell auf Maskenpflicht (wer keine tragen will, wird des Verkehrsmittels verwiesen) und Einhaltung von Sicherheitsabstand und Hygiene achten. Zudem sollen nicht zu viele Personen in einem Waggon sein (Security passt auf).
„Alle müssen kreativ sein“
Mit 18. Mai (Schulbeginn) fahren neben U-Bahn auch Bus und Bim im normalen Rhythmus. Masken- und Abstandspflicht selbst für Volksschulkinder - ob das gut geht? „Wichtig sind zeitliche Staffelungen, damit die Spitzenzeiten nicht mehr kulminieren“, sagt Mediziner Hutter. „Alle müssen kreativ sein, auch die Arbeitgeber, und die Rahmenbedingungen schaffen, damit es keine zweite Welle gibt.“ Aus dem Büro von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) heißt es: „Es wird immer nur die Hälfte der Schüler vor Ort sein. Die Verkehrsauslastung kann auch mithilfe von Unternehmen geringer gehalten werden, durch Home-Office und Gleitzeit.“
Viele - vor allem Pendler - sind in der Corona-Krise von Öffis auf Pkw umgestiegen. Werden sie wieder zu den Öffis zurückkehren? Verkehrsforscher meinen, dass viele Angst vor den Öffis haben werden, sie weiterhin als Gefahrenherde betrachten.
„Virenschleuder“ Großraumbüro
In Kürze kehren auch etliche Arbeitnehmer in ihre Büros zurück. Um eine weitere Erkrankungswelle zu verhindern, darf das nur mit strengen Hygienemaßnahmen und Abstandsregeln erfolgen. Wie schnell sich das Virus sonst ausbreitet, hat sich in einem Callcenter in Seoul (Südkorea) gezeigt: Bei einem unbemerkt an Covid-19 Erkrankten hatte sich binnen kürzester Zeit beinahe die Hälfte der 216 Mitarbeiter des Großraumbüros angesteckt.
Experten der Unfallversicherung AUVA raten: körperliche Kontakte meiden, zwei Meter Abstand zwischen Kollegen herstellen. Arbeitsflächen, Tastaturen, Telefone, allgemeine Kontaktflächen (z.B. Türschnallen) müssen regelmäßig desinfiziert werden. Hände waschen! Wenn möglich, regelmäßig lüften. Klimaanlage warten lassen.
Kronen Zeitung
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