Ungarn im Fokus der EU

Botschafter: „Orban testet Grenzen, aber …“

Ausland
01.05.2020 21:23

Der ungarische Botschafter in Österreich, Andor Nagy, hat Premier Viktor Orban und seine nationalkonservative Fidesz-Partei gegen Kritik aus der EU verteidigt. „Die Mehrheit muss nicht immer richtig liegen, das hat sich etwa in der Migrationsfrage gezeigt“, erklärte Nagy. „Er (Orban) testet Grenzen, aber überschreitet sie nicht.“

Wenn in Ungarn eine Bestimmung gegen die EU-Grundrechte verstoßen habe, sei sie immer zurückgezogen worden, so der Diplomat. Orban sei dann stets zu Kompromissen mit der EU-Kommission bereit gewesen. „Orban handelt aus seiner Sicht nicht irrational. Er versucht immer, und das zeichnet ihn in Europa aus, ganz nahe an der Wand entlangzufahren, manchmal vielleicht zu nahe. Er testet Grenzen aus, aber wenn er an der Grenze ankommt, zieht er zurück“, wurde Nagy im Interview mit der „Wiener Zeitung“ zitiert.

Migranten an der serbisch-ungarischen Grenze (Bild: EPA)
Migranten an der serbisch-ungarischen Grenze

Kritik an Anti-EU-Slogans
Den Vorwurf, dass Orban zwar Gelder aus Brüssel akzeptiere, aber in Ungarn mit Anti-EU-Slogans Stimmung mache, sah Nagy gelassen: „Ungarn zählt zu den vier größten Netto-Empfängern, das ist richtig. Aber wir reden hier von Geldern aus dem Kohäsionsfonds, und diese Mittel betrachten wir nicht als Geschenk. Mit dem EU-Beitritt 2004 haben wir unseren Markt für ausländische Unternehmen geöffnet. Studien zeigen, dass der Profittransfer internationaler Unternehmen aus Ungarn heraus mindestens das Doppelte der EU-Förderungen beträgt. 80 Prozent der EU-Transfers fließt also über die ausländischen Firmen zurück in die Staaten der Nettozahler.“

März 2019: Ein Fidesz-Plakat mit dem ungarischstämmigen US-Investor George Soros und dem damaligen EU-Kommissionspräsident Juncker, das nahelegt, diese würden gezielt Migrationsströme Richtung Europa steuern (Bild: APA/AFP/Attila Kisbenedek)
März 2019: Ein Fidesz-Plakat mit dem ungarischstämmigen US-Investor George Soros und dem damaligen EU-Kommissionspräsident Juncker, das nahelegt, diese würden gezielt Migrationsströme Richtung Europa steuern

EU geht nicht gegen umstrittenes Notstandsgesetz vor
Orban hatte in seinem Kampf gegen die EU-Behörden zuletzt einen Teilerfolg erzielt: Gegen das umstrittene Corona-Notstandsgesetz wird Brüssel nicht vorgehen. Doch laufen Vertragsverletzungsverfahren wegen Eingriffen der Regierungen in die Notenbank, die Justiz und die Datenschutzbehörde. Auch die Mitgliedschaft von Orbans Fidesz-Partei in der EVP, der größten Fraktion im EU-Parlament, steht auf der Kippe.

Andor Nagy (57) ist seit 2018 Botschafter Ungarns in Österreich, zuvor war er in dieser Rolle in Israel akkreditiert. Der Jurist war auch Mandatar der Regierungspartei Fidesz.

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