Von Jugend an galt er in seinem Heimatort Kronstorf (OÖ) als besonders fleißig, hilfsbereit und freundlich. Und als ein „braver Sohn“. Bis Florian H. seine geliebte Mama erschoss. Die „Krone“ recherchierte die Hintergründe einer angekündigten Tragödie - die niemand erkennen konnte.
Sein Gesichtsausdruck ist starr, er spricht wenig. Die meiste Zeit des Tages liegt Florian H. nun mit geschlossenen Augen auf seinem Bett, in der Krankenabteilung der Justizanstalt Garsten (OÖ).
Was er denkt, was er fühlt; ob er sein Verbrechen bereut, ob er sich der Tragweite seines entsetzlichen Handelns bewusst ist - weiß niemand. Denn es scheint, als hätte sich der 46-Jährige in eine andere Welt, die bloß in seiner Fantasie existiert, zurückgezogen.
Er, dieser Mann, der in seinem Heimatort Kronstorf immer extrem beliebt gewesen war, wegen seiner Hilfsbereitschaft, seiner Freundlichkeit, seiner Verlässlichkeit. Er, der fleißige „Körndlbauer“. Er, der fürsorgliche Sohn, der seiner Mutter Hildegard jeden Wunsch von den Augen abgelesen, mit ihr Ausflüge unternommen und jeden Sonntag den Gottesdienst besucht hatte.
„Ich stand unter enormem Druck“
Und dann die für sein Umfeld völlig unverständliche Tat: Am vergangenen Samstag, spätnachts, hat Florian H. die angeblich von ihm so geliebte Mama erschossen. In der Küche des wunderschönen Gutshofs, in dem die beiden gelebt hatten. Danach alarmierte er die Polizei: „Bitte, kommt zu mir, ich muss verhaftet werden ...“
Welche Gründe nannte der Oberösterreicher in der Folge für das Geschehene? Dass er von Jugend an in dem Familienbetrieb „bis ans Ende meiner Kräfte geschuftet“ habe, „noch mehr nach dem Tod meines Vaters vor 18 Jahren“.
Ich habe immer versucht, mein Bestes zu geben - und extrem viel gearbeitet. Aber meine Mama hat das nie so gesehen, mich immer nur runtergemacht. Und mich als einen Versager bezeichnet.
Florian H. über die Beziehung zu seiner Mutter
Dass „meine Mutter aber nie meine Leistung schätzen wollte“. Dass sie ihn, ihr einziges Kind, „wegen meiner Unfähigkeit, eine Partnerin zu finden und einen Hoferben zu zeugen, ständig kritisiert“ habe und er „den von ihr ausgeübten Druck einfach nicht mehr ertragen konnte“.
Die Vorgeschichte des Dramas ist vielschichtiger. Weil Florian H. nie der Mensch war, als welchen er sich darzustellen versuchte.
Nein, er war nie zufrieden. Nein, er empfand sich nie als erfolgreich. Ja, es verlangte ihm große Mühen ab, bei der Freiwilligen Feuerwehr das Beste zu geben. Ja, es quälte ihn, ein ewiger Junggeselle zu sein. Und ja, er hatte - seit Langem schon - massive seelische Probleme.
„Eigentlich wollte ich in die USA fliegen“
Seit zwei Jahrzehnten bereits war er in psychiatrischer Behandlung, heimlich, bei einem Arzt in Linz; lediglich sein bester Freund wusste davon. Und von seinen „irren Aussetzern“, die er manchmal hatte ...
Wie in den Stunden vor seiner Wahnsinnstat. Fest steht: Am Nachmittag des 15. April hatte Florian H., wie er letztlich in Vernehmungen berichtete, „beschlossen, Urlaub zu machen“. Ohne einen Koffer zu packen, habe er sich „spontan“ in seinen Volvo gesetzt, um zum Flughafen Salzburg zu fahren.
Ich hatte vor, nach San Francisco oder Los Angeles zu reisen. Aber irgendwann auf dem Weg zum Airport wurde mir klar, dass das wegen der Corona-Krise nicht möglich sein würde.
Florian H.
„Ich hatte vor, nach San Francisco oder Los Angeles zu reisen. Aber irgendwann auf dem Weg zum Airport wurde mir klar, dass das wegen der Corona-Krise nicht möglich sein würde.“
Und dann raste er auf der A1 zurück, in Richtung Oberösterreich. Doch bei Seewalchen ging ihm das Benzin aus. Er parkte seinen Wagen auf einem Pannenstreifen, entledigte sich, wie er behauptet, „einem göttlichen Befehl folgend“, seiner Kleidung und ging nackt los, „mit dem Ziel Linz“.
Die Autobahnpolizei griff ihn rasch auf, brachte ihn zu seinem Pkw.
„Und dann holte ich mein Gewehr und lud es“
„Dort zog ich mich wieder an, die Beamten brachten mich in ihr Büro, ich durfte einen Freund anrufen. Der mich bald abholte.“
Dieser Freund, der engste Vertraute von Florian H., war wenig erstaunt über das Geschehene. Wiederholt hatte er den Oberösterreicher ja bereits in Notsituationen in Kliniken gebracht. Jedenfalls: An diesem Abend nahm er den 46-Jährigen zu sich nach Hause mit. Er sprach mit ihm. Über seine absurde Aktion. Und er fragte ihn, ob er, wieder einmal, seine Medikamente abgesetzt hätte.
„Alles ist gut“, sagte der 46-Jährige, und: „Ich hab mich eingekriegt.“
Ich ging in mein Zimmer, dachte nach - und beschloss, sie umzubringen. Noch nie davor hatte ich so eine Idee gehabt, aber nun war ich mir sicher, dass ich das tun müsse.
Florian H.
Um etwa 23.30 Uhr wurde Florian H. von dem Mann vor dem Gutshof in Kronstorf abgesetzt. „Meine Mutter“, so der Täter im Verhör, „war noch wach und machte mir gleich Vorwürfe, weil ich so lange ausgeblieben war. Ich ging in mein Zimmer, dachte nach - und beschloss, sie umzubringen. Noch nie davor hatte ich so eine Idee gehabt, aber nun war ich mir sicher, dass ich das tun müsse. Also lud ich mein Gewehr auf.“
Ist der Täter geisteskrank?
Zwei Schüsse, einen in den Kopf, den zweiten in den Hals - dieser war tödlich -, hat er auf die 81-Jährige abgefeuert.
Florian H. soll demnächst von Gerichtspsychiaterin Heidi Kastner untersucht werden. Sein Verteidiger, Andreas Mauhart, vermutet bereits: „Mein Klient kann nicht bei sich gewesen sein, bei seiner Tat ...“
Martina Prewein, Kronen Zeitung
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