Vier junge Menschen am Tag 47 der sozialen Isolation: Die Beziehung zwischen Vincent (Gian Bhogal) und Gregor (Johannes Hubmer) verdaut sich in den immergleichen Phrasen. Sarah (Electra Lochhead) teilt die Wohnung mit einem Schläger. Manie und Depression zerreißen das Ich von Laura (Silvia Moroder).
Regisseur Konstantin Paul erzählt die Geschichten über Aufnahmen im Webcamstil. An den besten Stellen erwächst aus den leeren Dialogen Tragikomik. Darstellerin Lochhead murmelt Mantren, die an Orwellsche Dystopien erinnern: „Solidarität ohne Nähe ist Solidarität.“ Musiker Gordon Safari fasst die Spannung zwischen Langeweile und Nervosität, zwischen Nichtstun und Ausnahmezustand in düstere Klänge. Leider überdeckt die Musik stellenweise den Gesang – lieber noch mal abmischen! Die jungen Künstler schneiden in zwanzig Minuten Spielzeit eine Menge Fragen an. Das ist einerseits kurzweilig und sympathisch ungeschliffen, andererseits die größte Schwäche von „Tag 47“. Die Themen haben keine Zeit zu atmen. Die Figuren bleiben blass, werden zu reinen Symbolen der jeweiligen Prämisse. Geschickter wäre ein Serien-Ansatz gewesen, der die Themen einzeln in Episoden verdichtet.
Die Umstände, unter denen „Tag 47“ entstanden ist, lassen manche Schwäche verzeihen. Es bleibt ein junges Projekt, das viel will, nicht alles erreicht und doch zeigt, wie Kultur ihren Weg findet. Heißt: Den Netflix-Account einmal ruhen lassen und der Webseite der Kammeroper einen Besuch abstatten!
Bewertung: 3/5 Kronen
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