Imker und Biologen in den USA sind angesichts mehrerer Sichtungen japanischer Riesenhornissen im Bundesstaat Washington im Grenzgebiet zu Kanada in Sorge, dass sich ein neues räuberisches Insekt in Nordamerika etablieren könnte, das auch Menschen gefährlich werden kann. Die in Asien auch Yak-Töter-Hornisse genannte Art wird bis zu fünf Zentimeter lang, durchdringt mit ihrem Stachel Schutzanzüge und rottet Bienenvölker aus.
Im Gespräch mit der „New York Times“ schildert Imker Ted McFall, wie er in den Wäldern nördlich von Seattle, gleich an der Grenze zu Kanada, im vergangenen Herbst Bekanntschaft mit der japanischen Riesenhornisse machte. Er sei in den Wald gefahren, um nach seinen Bienen zu sehen, erinnert er sich. Als er beim Bienenstock ankam, machte er einen grausigen Fund: Überall lagen enthauptete Bienen am Boden, auch im Inneren fand er Zigtausende Kadaver. Den meisten fehlte der Kopf.
Ich hatte zuerst überhaupt keine Idee, was so etwas getan haben könnte.
Ted McFall, Imker
„Ich hatte zuerst überhaupt keine Idee, was so etwas getan haben könnte“, erinnert sich McFall. Dann erinnerte er sich an Erzählungen über eine „Mörder-Hornisse“ aus Japan, die sich auf die Jagd auf Bienen spezialisiert hat - und die im vergangenen Jahr erstmals in den USA nachgewiesen wurde, nur wenige Meilen nördlich von McFalls Bienenstöcken. Ganz offensichtlich hatte sich ein gefährlicher Bioinvasor an seinen Bienen gütlich getan.
Riesenhornisse fordert in Japan jährlich rund 50 Todesopfer
Die japanische Riesenhornisse ist ein Furcht einflößendes Geschöpf. Fast doppelt so groß wie unsere heimischen Hornissen und mit einem Stachel ausgestattet, der Schutzkleidung durchdringt, ist das giftige Insekt in Japan jedes Jahr für den Tod von rund 50 Menschen verantwortlich. Gestochene beschreiben den Stich so, als würde heißes Metall in die Haut injiziert.
Ernähren sollen sich die Tiere in erster Linie von Bienen: Sie fliegen Bienenstöcke an und töten bei ihren Angriffen Tausende Bienen durch Enthauptung mit den scharfen Kiefern. Die kopflosen Körper tragen die Hornissen in ihren Stock, um den Nachwuchs zu füttern. Ein Bienenstock kann bei einem Angriff japanischer Riesenhornissen binnen Stunden vollständig ausgerottet werden. Verteidigen können sich die Bienen gegen die weit größeren und schwer gepanzerten Angreifer kaum.
Die Hornissen sind vor allem in der Gruppe eine Gefahr. Experten aus Japan berichten, dass bei einem Angriff durch einen Schwarm Riesenhornissen auf den Menschen mitunter so viel Gift ins Opfer injiziert wird wie bei einem Schlangenbiss.
Jetzt haben wir noch ein Zeitfenster, um sie daran zu hindern, sich hier festzusetzen.
Chris Looney, Biologe
Biologen und Imker eröffnen Jagd auf Riesenhornissen
Unter Biologen geht nun die Angst um, die Neuankömmlinge könnten das Ökosystem aus dem Gleichgewicht bringen und zur Bedrohung für die nordamerikanische Bienenpopulation und damit auch den Menschen und die Landwirtschaft werden. Sie haben daher gemeinsam mit den Imkern die bedingungslose Jagd auf die eingeschleppten Hornissen eröffnet. „Jetzt haben wir noch ein Zeitfenster, um sie daran zu hindern, sich hier festzusetzen“, sagt der Biologe Chris Looney von der lokalen Landwirtschaftsbehörde. „Wenn wir das nicht in den nächsten Jahren schaffen, ist es wahrscheinlich nicht mehr zu schaffen.“
Die ersten Sichtungen der japanischen Riesenhornisse in den USA datieren auf vergangenen Dezember zurück: Jeff Kornelis, der nur wenige Kilometer von Imker McFalls entfernt wohnt, fand ein verendetes Exemplar auf seiner Veranda. Das Tier kam ihm bekannt vor, weil er zuvor ein Video des YouTube-Abenteurers Coyote Peterson gesehen hatte, der sich darin publikumswirksam stechen ließ.
Kornelis schickte das verendete Insekt an die Behörden, wo es tatsächlich als japanische Riesenhornisse identifiziert wurde. Wenig später wies auch ein Bienenzüchter in der Nähe die Hornissen nach. Auch jenseits der kanadischen Grenze in British Columbia gab es Sichtungen.
Selbst für langjährige Imker eine echte Gefahr
In Kanada gelang es Biologen auch, ein Nest der Riesenhornissen aufzuspüren. Die Tiere hatten sich auf Vancouver Island vor den Toren der gleichnamigen Großstadt eingenistet, der Biologe und Imker Conrad Berube wurde engagiert, um das Nest auszumerzen. Auch für den erfahrenen Spezialisten ein heikler Einsatz: Mit dicken Jogginghosen und Schutzanzug sowie Klebeband um seine Knöchel und Handgelenke näherte er sich nachts dem Hornissennest.
Es war, als hätte man glühend heiße Reißnägel in mein Fleisch getrieben.
Conrad Berube, Biologe
Noch bevor er es mit Kohlendioxid fluten konnte, um die Tiere zu töten, wurden diese vom Licht seiner Taschenlampe und den Geräuschen, die der Imker machte, geweckt. Sie schwärmten aus und attackierten Berube. Sieben Stiche durchdrangen seinen Schutzanzug, bevor das Nest neutralisiert war. „Es war, als hätte man glühend heiße Reißnägel in mein Fleisch getrieben“, erinnert er sich. Berube wurde schon Tausende Male von Bienen gestochen. Am Tag nach dem Einsatz gegen die Hornissen hatte der Imker aber Schmerzen, wie er sie in seiner Karriere noch nie erlebt hatte.
Die Jagd nach den Hornissennestern geht weiter
Eine genetische Analyse der gefundenen Hornissen in den USA und Kanada hat gezeigt, dass es sich um unterschiedliche Populationen handelt, es müssen also weitere Nester existieren. Diese zu finden, gestaltet sich für die Imker und Biologen aber extrem schwierig: In den riesigen Wäldern Nordamerikas finden die Riesenhornissen viele passende Lebensräume, die Nester sind zudem gut getarnt.
Biologe Looney und die betroffenen Imker versuchen trotzdem, sie zu finden. In den kommenden Monaten wollen sie Hunderte Fallen aufstellen und mit Wärmebildkameras und Suchrastern nach den durch das rege Treiben im Inneren aufgeheizten Nestern suchen. Auch die Bevölkerung wurde aufgerufen, Sichtungen zu melden. Selbst Peilsender werden diskutiert, um die Nester der Tiere aufzuspüren. Die Hornissen sind groß genug, um das zusätzliche Gewicht zu tragen ...
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