Die hochrangige Kanzler-Beraterin Antonella Mei-Pochtler geht davon aus, dass Contact-Tracing-Apps und andere Technologien künftig wesentlicher Bestandteil des sozialen Lebens sein werden. „Das wird Teil der neuen Normalität sein. Jeder wird eine App haben“, sagte sie im Gespräch mit der „Financial Times“. Die europäischen Länder müssten sich an Tools gewöhnen, die „am Rand des demokratischen Modells“ seien. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gab dazu am Montag vorerst keinen Kommentar ab: „Das ist jetzt bei den Sozialpartnern ein Thema“, sagte er unmittelbar vor einem Treffen mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern lediglich.
Die Regierung hatte zuvor mehrfach betont, dass die Nutzung der Corona-App des Roten Kreuzes, die Kontakte aufzeichnet und somit nachverfolgbar macht, auch in Zukunft nicht verpflichtend sein werde. Die „Financial Times“ berichtet nun unter Berufung auf Mei-Pochtler allerdings, dass eine verpflichtende App zumindest für Personen angedacht wird, die nach Österreich einreisen.
Ich glaube, die Leute werden diese Kontrolle von sich aus wollen.
Antonella Mei-Pochtler, Think Austria
„Pandemie von unten nach oben managen“
„Ich glaube, die Leute werden diese Kontrolle von sich aus wollen“, sagte Mei-Pochtler. Sie erklärte, es müsste das Ziel von Regierungen sein, jetzt an das Verantwortungsgefühl für individuelles Handeln zu appellieren, um die Zeit nach dem Ende der Lockdowns zu gestalten. „Man kann eine Pandemie nicht für ewig von oben nach unten managen. Man muss sie von unten nach oben managen“, betonte sie.
Debatten rund um Immunitätsnachweis
Hitzig diskutiert werde innerhalb der österreichischen Regierung derzeit auch, ob man für Personen mit durchgemachter Erkrankung eine Art von Immunitätsnachweis ausgeben soll. Mei-Pochtler ist offenbar dafür. „Man will keine Zweiklassengesellschaft schaffen, aber es muss Klarheit über die Risiken geben“, sagte sie. Die Weltgesundheitsorganisation rät von solchen Plänen übrigens ab, da Antikörper-Tests, die eine Immunität bescheinigen sollen, aktuell noch nicht zuverlässig genug seien.
Mei-Pochtler ist eine der wichtigsten Beraterinnen von Bundeskanzler Kurz und dürfte gerade in Sachen Corona-Krise großen Einfluss auf den Regierungschef haben. Der Leiterin der dem Kanzleramt angegliederten Denkfabrik „Think Austria“ wurde vor Kurzem auch die Koordinierung des „Future Operations Clearing Board“ übertragen. Dieses inoffizielle Gremium soll Maßnahmen prüfen, Expertise für zukünftige Schritte liefern und Perspektiven für die kommende Monate aufzeigen.
Während ÖVP und Grüne stets betonen, die App wird freiwillig bleiben, bringt eine führende Beraterin des Bundeskanzleramtes die Verpflichtung wieder ins Spiel. Was soll die Bevölkerung glauben?
NEOS-Abgeordneter Nikolaus Scherak
Scharfe Kritik von NEOS-Abgeordnetem Scherak
Irritiert reagierten die NEOS auf die Aussagen Mei-Pochtlers. „Während ÖVP und Grüne stets betonen, die App wird freiwillig bleiben, bringt eine führende Beraterin des Bundeskanzleramtes die Verpflichtung wieder ins Spiel. Was soll die Bevölkerung glauben?“, fragte der stellvertretende Klubobmann Nikolaus Scherak. „Ich fordere Sebastian Kurz und (Vizekanzler) Werner Kogler auf, hier rasch für Klarheit zu sorgen.“
Das Interview von Mei-Pochtler sei generell fragwürdig, so Scherak. Was den Einsatz einer App betrifft, würden die NEOS ein europaweit kompatibles System befürworten. „27 verschiedene Apps bringen uns nicht weiter“, sagte Scherak. „Die Kommission hat Richtlinien für Apps präsentiert. Diese sollten für die Mitgliedsstaaten verpflichtend und nicht freiwillig sein.“ Der Datenschutz müsse jedenfalls gewährleistet sein.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.