Causa Ischgl

E-Mails bringen Behörden in Erklärungsnot

Tirol
04.05.2020 19:47

Der Vorwurf, dass die Tiroler Behörden nach Bekanntwerden der ersten Covid-Infektionen im Tiroler Skiort Ischgl zu spät reagiert haben, wird durch vor Kurzem aufgetauchte E-Mails aus Island weiter genährt. Darin werden schon am 5. März konkrete Hotels genannt, wo erkrankte isländische Touristen genächtigt haben sollen. 

Wie das Nachrichtenmagazin „profil“ berichtet, informierten isländische Behörden das Gesundheitsministerium in Wien nicht nur über die positiven Testergebnisse bei den Heimkehrern, sondern einige Stunden später in einem weiteren E-Mail auch über die Namen jener Hotels, in denen die Erkrankten untergebracht gewesen seien. Diese Informationen mit fünf Hotelnamen seien anschließend vom Gesundheitsministerium an das Land Tirol weitergeleitet worden.

Trotz detaillierter Information zu lasch reagiert?
Einen Tag später seien „anhand dieser Informationen Kontaktpersonen in den betreffenden Hotels ermittelt“ worden, heißt es in einer Stellungnahme des Landes gegenüber dem Magazin. Wie viele von diesen Personen letztendlich auf das Virus getetest wurden, sei nicht beantwortet worden. Lediglich ein Hotelbetreiber habe die Auskunft gegeben, dass eine Mitarbeiterin, die „am meisten“ mit den isländischen Patienten zu tun gehabt hatte, untersucht worden sei. Bei ihr sei der Test negativ verlaufen.

Symbolbild (Bild: APA/Helmut Fohringer)
Symbolbild

Im Unterschied dazu hatte es im Fall einer erkrankten Rezeptionistin in einem Innsbrucker Hotel eine Woche zuvor weit intensivere Maßnahmen gegeben. Das Hotel wurde stundenlang abgeriegelt, und alle Gäste und das Personal, die mit der Frau Kontakt gehabt hatten (und nicht nur jene mit Symptomen), wurden untersucht. Anschließend kamen mehrere Personen zur Sicherheit in Quarantäne.

Gästen wurde der Zutritt zum Hotel verwehrt und ihre Daten aufgenommen. (Bild: APA/EXPA/JOHANN GRODER)
Gästen wurde der Zutritt zum Hotel verwehrt und ihre Daten aufgenommen.

Landtag will Untersuchungskommission einsetzen
Warum die Behörden in Ischgl viel lascher reagiert haben als in Innsbruck, soll nun nicht nur im Zuge staatsanwaltschaftlicher Untersuchungen, sondern auch durch die Arbeit einer Untersuchungskommission des Tiroler Landtags beantwortet werden. Die Kommission soll dem Vernehmen nach demnächst eingesetzt werden.

Nachdem der Verbraucherschutzverein (VSV) eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft eingebracht hatte, weil die Tiroler Behörden die Sperren von Hotels und Pisten hinausgezögert haben sollen, soll Ende der Woche ein Zwischenbericht der Polizei vorliegen. Dann soll über weitere Ermittlungen entschieden werden.

(Bild: Christof Birbaumer/Kronen Zeitung)

Verbraucherschutzverein: 4500 Ansteckungen in Tirol
Mehrere Hundert Personen, die sich in Tiroler Skiorten mit dem Coronavirus angesteckt hatten, schlossen sich dem Verfahren als Opfer an. Der größte Teil - ungefähr 90 Prozent - stammt aus Deutschland. Der VSV und deren Obmann Peter Kolba hatte gegen Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), Landesräte, Bürgermeister und Seilbahngesellschaften eine Anzeige eingebracht.

Kolba hatte zuletzt mitgeteilt, dass sich beim Verein bereits 4500 Personen gemeldet hatten, die sich in Tirol Anfang März beim Skifahren mit dem Virus angesteckt hatten. Die meisten Ansteckungen waren demnach in Ischgl erfolgt. Rund 400 Deutsche hätten bisher den Verein bevollmächtigt, ihre Interessen zu vertreten. Laut Kolba werden die Betroffenen als Privatbeteiligte im Strafverfahren angemeldet.

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