Die Tirolerin Petra Mayer-Linnehan arbeitet in New York. Für die „Krone“ schildert sie ihre Eindrücke aus der Corona-geplagten Stadt.
Während in Österreich die schrittweise Öffnung nach Covid-19 voranschreitet, gibt es in den USA bereits mehr als 1,2 Millionen Infizierte. „Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist an eine landesweite Öffnung derzeit noch nicht zu denken“, sagt Petra Mayer-Linnehan, die als Office Managerin des Österreichischen Außenwirtschafts-Centers in New York arbeitet.
„Verkompliziert wird die Lage durch einen überforderten Präsidenten, 50 Staaten, deren Gouverneure teilweise unkoordiniert agieren, sowie die Größe des Landes, in dem bereits Tausende Menschen auf die Straße gehen, um – ohne Abstände – für eine schnelle Öffnung des Landes zu protestieren.“
Seit Mitte März befindet sich Mayer-Linnehan wie der Rest ihrer sieben Kollegen im Home-Office. Mit Petra sind auch ihr Mann Hugh, der in der Stiftung eines regionalen Krankenhauses arbeitet, und ihre drei Kinder Eileen (13), Norah (11) und Daniel (10) derzeit daheim. Die Kinder werden online unterrichtet.
Die älteste Tochter besucht eine Sonderschule und hat täglich mehrere Stunden strukturierten Video-Unterricht inklusive Musik, Werken/Zeichnen, Turnen und Yoga. Die beiden jüngeren Kinder arbeiten selbstständig und haben Videokonferenzen mit ihren Lehrern und Klassenkameraden.
Home-Office ist mal besser, mal schlechter
Vor dem Ausbruch der Pandemie hat ein Au-pair die Familie unterstützt, dieses ist aber mit Beginn der Quarantäne nach Hause zurückgekehrt. Seitdem „schaukelt“ die Familie - wie so viele andere auch - den Alltag mit Home-Office und -Schule, „mal funktioniert es besser, mal schlechter“, sagt die gebürtige Tirolerin, die vor fünf Jahren den Sprung über den großen Teich gewagt hat. Sie wohnt in New Jersey und ist froh, während dieser Zeit nicht in New York City sein zu müssen.
In der Stadt herrscht beklemmende Stille
„Die Stadt hat sich innerhalb weniger Wochen sehr verändert. Belebte Straßen und Plätze sind verwaist, und das Sicherheitsgefühl hat doch deutlich abgenommen. Gastronomie und Geschäfte sind geschlossen, teilweise mit Brettern verriegelt, auch ein beklemmendes Gefühl. Es ist traurig, wenn man die Stadt und überhaupt die USA als offen und umtriebig – fast rund um die Uhr – kennt und plötzlich alles so still ist. Auch der Broadway ist dunkel, alle Veranstaltungen und Messen wurden bereits bis in den Sommer abgesagt.“
Kontakte verfolgen in der Millionenmetropole
Alle hoffen zwar auf eine baldige „Öffnung“, aber so einfach wird dies nicht sein. Tests waren zu Beginn kaum verfügbar, nun versucht man so viele wie möglich durchzuführen. Aktuell sind es 30.000 täglich. Bis jetzt sei das Nachverfolgen der sozialen Kontakte von Infizierten („tracing“) vernachlässigt worden. Aber nun werden künftig bis zu 80 Personen pro 100.000 Einwohner dafür abgestellt.
Im Außenwirtschafts-Center hofft man, mit Juni wieder ins Büro zurückkehren zu können. Bis dahin wird Mayer-Linnehan weiterhin Videokonferenzen mit ihrem Team abhalten. Die WKÖ-Zweigstelle hat auch bereits mehrere neue Online-Veranstaltungsformate entwickelt, um österreichischen Firmen in den USA zu helfen.
Ein großes „Wir-Gefühl“ macht sich derzeit breit
„Es steht noch vieles in den Sternen“, sagt Mayer-Linnehan. Sie ist aber optimistisch: „Ein großes Wir-Gefühl ist stark spürbar. Täglich um 19 Uhr applaudiert die Stadt den Ersthelfern und Mitarbeitern im Gesundheitssystem. Und an Fenstern sind Botschaften und Danksagungen zu finden. Die USA werden diese Krise überwinden“, hofft sie. Und sie hofft auch, dass sich ihr Heimatbesuch in Tirol im Juli ausgeht!
Aktuelle Zahlen der Corona-Infizierten in Bergen County, dem Bezirk, in dem die Familie Linnehan wohnt, im Vergleich zu Tirol und New York City (Stand 5. Mai 2020):
Bergen County:
Einwohner: ca. 900.000
Corona-Fälle: 16.000
Todesfälle: 1200
Tirol:
Einwohner: 754.000
Corona-Fälle insgesamt: 3500
Todesfälle: 105
New York City:
Einwohner: 8,4 Millionen
Corona-Fälle: 170.500
Todesfälle: 13.700
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