Ischgler Top-Hotelier:

„Wir haben das Virus nicht gezüchtet“

Tirol
08.05.2020 09:00

Alexander von der Thannen leitet das Ischgler Fünf-Sterne-Hotel Trofana Royal und ist gleichzeitig Obmann des TVB Paznaun-Ischgl. Das touristische Schwergewicht im „Krone“-Interview über die bevorstehende Saison, Ungerechtigkeiten und den ungewissen Weg in die Zukunft.

„Krone“Herr von der Thannen, wie schätzen Sie und die Paznauner Touristiker die Sommer- und Wintersaison ein?
Von der Thannen:
 Wir sind hier natürlich von den Regelungen, die uns die Regierung vorgibt, abhängig. Für den Sommer wird es aber sicher schwer werden, einen vernünftigen Tourismus zu realisieren, wenn die Grenzen zu Deutschland und der Schweiz geschlossen bleiben. In Tirol wurden in den letzten Sommersaisonen zehn Prozent der Nächtigungen von Österreichern gebucht. Laut Experten könnten diese Zahlen um etwa 40 Prozent gesteigert werden. Das würde dann aber immer noch nicht mehr als 15 Prozent der gesamten Nächtigungen der vergangenen Jahre ausmachen. Für den Winter eine einigermaßen vernünftige Prognose abzugeben, ist hingegen unmöglich, ohne die dazugehörigen Vorgaben zu kennen. Eines kann aber schon einmal gesagt werden: Nach dem derzeitigen Informationsstand wird es eine große Herausforderung.

Werden kurzfristige Maßnahmen getroffen, um die Umsatzeinbußen etwas zu lindern bzw. die Saisonen zu retten?
Die geänderten Rahmenbedingungen sind für uns wirtschaftlich schwer zu verkraften. Gerade im Sommer hängen viele Nächtigungen direkt mit Veranstaltungen aus dem Sport- oder Kulturbereich zusammen. Wir als Tourismusverband arbeiten aber auf Hochtouren daran, für alle Szenarien das beste Angebot auf die Beine stellen zu können.

(Bild: Birbaumer Christof)

Sind Betriebe im Paznauntal auch in ihrer Existenz gefährdet?
Natürlich ist diese Krise nicht spurlos an uns vorübergegangen und auch bei uns im Tal gibt es Betriebe, die sich um ihre Existenz Sorgen machen. Wir haben im Paznaun aber schon so manche Krise erlebt und wir werden auch diese gemeinsam meistern.

In den vergangenen Rekordsaisonen wurde viel Geld verdient. Könnte ein Umdenken stattfinden, sich künftig Rücklagen zu bilden und nicht auf Teufel komm raus zu investieren?
Genau aufgrund der Investitionen in unsere Betriebe stehen unser Tal und das ganze Land für eine so hohe Qualität des Tourismus. Wir haben immer schon viel Zeit und Geld in die Qualität investiert - das kommt unseren Gästen zugute und genau deshalb kommen diese zu uns und werden auch in Zukunft kommen.

Gibt es Überlegungen im TVB zu einer nachhaltigen Änderung des Tourismuskonzeptes oder soll spätestens nach Entwicklung eines Impfstoffes alles gleich weiterlaufen?
Wir haben bereits in den letzten Tagen erste Gespräche zu diesem Thema geführt. Natürlich wird es auch für uns einen Prozess geben, der sich mit der Zukunft des Tourismus im Tal beschäftigt. Ischgl steht aber nicht nur für das aktuell in den Schlagzeilen stehende Après-Ski. Wir haben eines der besten Skigebiete in den Alpen, Top-Hotellerie und die größte Dichte an Haubenrestaurants mit heimischen Spitzenköchen. Ischgl wird in Zukunft vermehrt diese Stärken in den Vordergrund stellen. Ischgl ganz ohne Après-Ski wird es aber nicht geben - speziell in Hinblick auf den Party- und den Tagestourismus wird sich aber in Zukunft mit Sicherheit einiges ändern.

(Bild: APA/JAKOB GRUBER)

Ischgl hatte und hat international viele negative Schlagzeilen. Wie versucht man, das ramponierte Image zu reparieren?
Wir werden aktuell vielerorts zu Unrecht an den Pranger gestellt. Wir haben das Virus nicht nach Ischgl gebracht, wir haben es auch nicht gezüchtet. Orte, in denen viele internationale Gäste auf engem Raum aufeinandertreffen, waren natürlich weltweit ein idealer Nährboden für dieses Virus. Das führte auch dazu, dass das Bild, das über unser Tal gezeichnet wird, der Realität nicht gerecht wird. Wir werden aber dafür sorgen, dass wir aufgrund der angebotenen hohen Qualität und durch weitere Verbesserungen künftig wieder in einem anderen Licht wahrgenommen werden.

Wie kann man sich einen solchen Verbesserungsprozess vorstellen?
Als ich letzten Dezember die Obmannschaft des TVB Paznaun - Ischgl übernahm, hatte ich ein Kernanliegen: das Gemeinsame im Paznaun betonen und dadurch zu neuer Stärke finden. Wir Paznauner haben gemeinsam schon viel erlebt und noch mehr miteinander gemeistert. Wenn jeder Einzelne von großen Unternehmen bis zum kleinen Vermieter seinen Beitrag leistet, dann bin ich mir sicher, dass wir auch aus dieser Krise gemeinsam gestärkt hervorgehen können.

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