Ein neues Buch von „Krone“-Politikredakteur Klaus Knittelfelder beleuchtet das Phänomen Kurz und stellt jene verschworene Truppe vor, die im Hintergrund für ihn die Fäden zieht.
Ein neues Buch von „Krone“-Politikredakteur Klaus Knittelfelder beleuchtet das Phänomen Kurz und stellt jene verschworene Truppe vor, die im Hintergrund für ihn die Fäden zieht. In der Corona-Krise wurde einmal mehr deutlich, worauf der sagenhafte politische Erfolg von Sebastian Kurz vor allem beruht: Es ist seine Management-Qualität in Personalfragen.
Der erst 33-jährige ÖVP-Chef hat ein untrügliches Gespür für die Auswahl seiner Leute im engsten Umfeld, aber auch an der politischen Machtbasis. Mit dem jüngsten Kanzler kam eine Gruppe junger, extrem ehrgeiziger Konservativer an die Schalthebel der Macht. Dieser Zirkel bewältigt mit ihm jede Krise - vom Flüchtlingsstrom über die Ibiza-Affäre bis hin zur Covid-19-Pandemie. Und noch jedes Mal stand Kurz danach besser da als davor.
Mit genau diesem Phänomen setzt sich „Inside Türkis“ (Verlag edition, 22 Euro) auseinander, das heute (9.5.) erscheint. Klaus Knittelfelder aus dem „Krone“-Politikressort wirft darin einen präzisen und kritischen Blick auf das türkise Netzwerk. Auf jene Leute, mit denen sich Sebastian Kurz umgibt, auf den innersten Kreis der neuen ÖVP, die sich „türkis“ nennt und an die Spitze der „Schwarzen“ gesetzt hat.
Es ist eine Art Schattenmänner-Allianz, denn zum Großteil sind es Männer zwischen 30 und Anfang 40, denen im System Kurz die relevanten Aufgaben zukommen. Ob Kommunikation, Medien, Organisation, Kampagnen, Social-Media oder Politstrategie: Sebastian Kurz hat für jeden Bereich den aus seiner Sicht besten Kopf. „Ich will immer Leute um mich haben, die irgendwas können, wofür ich sie bewundere“, sagt er selbst in dem Buch. Axel Melchior, der von Anfang an eng an seiner Seite stand und mittlerweile Generalsekretär der ÖVP ist, beschreibt die türkise Maschinerie so: „Jeder hat in unserem Team seinen Platz, jeder hat seine Stärke, und keiner ist dem anderen einen Zentimeter neidig. So funktionieren wir.“
Im zweiten Teil des Buchs widmet sich Klaus Knittelfelder den bekannteren Gesichtern der Macht. Jenen Schlüsselspielern, die all das, was die Truppe ausheckt, realpolitisch umsetzen. Immer wieder geht dem Leser von „Inside Türkis“ ein Licht auf. Ach so, das ist also die gemeinsame Geschichte von Nehammer, heute Innenminister, und Kurz. Bei dieser Gelegenheit ist also Mahrer, heute Wirtschaftskammer-Boss, dem ÖVP-Chef das erste Mal über den Weg gelaufen.
Der Autor zieht unsichtbare Fäden und macht die Erfolgsgeschichte des Sebastian Kurz begreifbar. Aber auch seine Art zu denken: „Ich bin ein totales Rudeltier, ich funktioniere nur in der Zusammenarbeit mit anderen Menschen“, so Kurz, der zwar kein Faible für öffentlichen Diskurs hat, im kleinen Kreis jedoch die Widerrede braucht. „Es ist eine Grundvoraussetzung für mich, dass sie mir sagen, was sie denken.“
Dieses „Rudel“ gibt heute den Takt einer ganzen Regierung vor, Kurz schart es seit vielen Jahren um sich, teilweise kennt sich die Truppe schon aus Schulzeiten. Sie orchestrierte seinen Aufstieg und verfolgt ein gemeinsames Ziel: Die politische Wende, weg von der Großkoalition mit der SPÖ, hin zu Türkis - ob gemeinsam mit der FPÖ oder den Grünen ist dabei fast nebensächlich.
Wie Österreich durch die womöglich schwerste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg kommt und wie der wirtschaftliche und gesellschaftliche Wiederaufbau des Landes gelingt, daran könnten auch die Türkisen scheitern, schreibt Klaus Knittelfelder. Sehr wahrscheinlich ist es allerdings nicht.
Kronen Zeitung
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