Die erste „Reise“ von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nach zehn Wochen in Wien hat den Regierungschef ins Kleinwalsertal nach Vorarlberg geführt. Nach einer Posse im Vorfeld um eine von der Gemeinde erbetene Beflaggung zu Ehren des hohen Besuchs könnte der Auftritt auch Folgen haben. Sepp Schellhorn, Nationalratsabgeordneter der NEOS, kündigte am späten Mittwochabend eine Anzeige an - weil der aufgrund der Coronavirus-Pandemie geltende Mindestabstand unter vielen Bewohnern, die Kurz im Freien willkommen hießen, nicht eingehalten wurde.
Den fehlenden Abstand sprach der Kanzler sogar mehrmals an. Schon bei seiner Ankunft bat er die wartenden Journalisten und Fotografen, sich etwas weiter auseinander zu bewegen. „Ihr seids ein bisserl eng beinand“, sagte Kurz und deutete mit seinen Händen an, man möge Abstand zueinander halten. „Bitte auseinandergehen“, wiederholte er kurz darauf. „Wir haben alle Zeit der Welt.“
Bitte um Abstand sorgte für einige Lacher
Nachdem er sich seinen Weg durch die Menge zum Eingang gebahnt hatte, richtete er seine Bitte auch an die Bürger, die ihn begeistert willkommen geheißen hatten. In einer improvisierten kurzen Ansprache sagte er: „Ich bitte euch alle, a bissl an Abstand zu halten, so gut als möglich“ - was mit einigen lauten Lachern quittiert wurde, wie auf einem Video der „Vorarlberger Nachrichten“ zu sehen ist. Kurz, Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), der Kleinwalsertaler Bürgermeister Andi Haid und andere Vorarlberger Politiker bemühten sich am zur Rede-Tribüne umfunktionierten Gebäudeeingang so gut es ging um Abstand.
Masken ebenfalls Mangelware
Masken waren auf dem Video ebenfalls nur wenige zu sehen. Manche trugen sie zudem als eine Art Halsband. Der Kanzler betonte in seiner kurzen Rede, dass die Grenzöffnungen nicht zuletzt dann wie geplant stattfinden können, wenn die Länder ihre Hausaufgaben machen und die Ansteckungsraten durch Hygiene- und Abstandsmaßnahmen niedrig halten.
Schellhorn: „Karl Nehammer, walten Sie Ihres Amtes!“
Vor allem in den sozialen Medien gingen die Wogen aufgrund der Videoaufnahmen hoch. Auch NEOS-Abgeordneter Sepp Schellhorn zeigte sich empört und kündigte eine Anzeige an: „Das ist ja unglaublich! Ist das echt? Die Kulturschaffenden, Theater und Filmemacher müssen sich über Hygienebestimmungen den Kopf zerbrechen. Wirte um Abstandsregelungen mit Masken und dann das“, twitterte er zunächst. In einem weiteren Tweet des pinken Abgeordneten heißt es an die Adresse des Innenministers: „Herr @karlnehammer walten Sie Ihres Amtes! Wir werden eine Anzeige einbringen!“
Bürgermeister Haid: „Hatten eine schwere Zeit“
Für den Bundeskanzler war es der erste Besuch im Kleinwalsertal - als bisher letzter Bundeskanzler war Bruno Kreisky im Jahr 1973 zu Gast gewesen. „Mich freut, dass wir einige Erleichterungen zustande bringen konnten. Die wirklich gute Nachricht: Mit 15. Juni sollen die Grenzen zu Deutschland und der Schweiz völlig fallen“, so Kurz. Bürgermeister Haid bedankte sich für die „besondere Ehre und Freude. Wir hatten eine schwere Zeit und waren de facto sieben Wochen in Quarantäne.“ Die neue Situation mache Hoffnung. Nun gebe es wieder eine Perspektive für den Tourismus, das einzige Standbein des Kleinwalsertals.
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