Musik als Lebenselixier - besonders für das Wochenende, wo man hoffentlich auch Zeit dafür hat. Wir haben für euch wieder die besten Alben und Veröffentlichungen der Woche zusammengesammelt. Quer durch alle Genres ist hier garantiert für jeden was dabei. Viel Spaß dabei!
ACxDC - Satan Is King
Wer jetzt jauchzend frohlockt, dass die australische Hardrock-Legende sich klammheimlich an neues Material gemacht, der kann gleich aufhören weiterzulesen. ACxDC haben nicht umsonst das „x“ in ihrem Bandnamen und rufen auch keine Assoziationen zu Gleichstrom/Wechselstrom hervor, sondern nennen sich ausgeschrieben „Antichrist Demoncore“. Das gibt die Richtung der kalifornischen Wüteriche schon einmal gut vor, denn geboten wird vom Quartett in den adretten Promobildanzügen polternder Grindcore mit Punk-Attitüde und politischer Kante. „Satan Is King“ lässt wenig offen, aber die überzeugten Veganer huldigen eben nicht nur dem Deibel, sondern holzen sich auch für eine bessere Welt durchs Gebälk. „Mouth Breather“, „Copsucker“ und „Come Out Fighting“ stoßen noch einmal besonders hervor. Die Mischung aus Napalm Death, Nails und den Belgiern Leng Tch’e überrollt einen kompromisslos wie eine Stampede. Guten Morgen auch. 8/10 Kronen
Alma - Have U Seen Her?
Gut Ding braucht eben manchmal Weile. Dieser mehr als abgedroschene Spruch trifft in der Realität des Öfteren zu. Die ersten Singles wie „Dye My Hair“ oder „Karma“ hat Alma schon vor vier Jahren veröffentlicht. Es folgten Zusammenarbeiten mit internationalen Superstars wie Charli XCX oder Miley Cyrus und ein respektables Standing im Pop-Business. Nur zum Album hat es für die Finnin nie ganz gereicht. „Have U Seen Her?“ ist nun das längst fällige Exzerpt einer unangepassten und schrägen Person, die sich niemals darum geschert hat, einem vorgefertigten Schema zu entsprechen. Von den EDM-Klängen der Frühzeit hat sie sich gottlob emanzipiert, der Electropop klingt vier Jahre nach den ersten Babyschritten reifer, zeitgemäßer und vor allem spannender. Songs wie „Worst Behaviour“ oder „Nightmare“ drehen sich autobiografisch um schlechte Erfahrungen und Ängste, dazu hat Alma ihre Versatilität gesteigert. „My Girl“ hat einen feinen R&B-Beat, die Single „Bad News Baby“ ist zeitloser Pop und „Stay All Night“ groovt unaufgeregt durch die Gehörgänge. Experimente im Pop-Korsett sind immer möglich, die Massentauglichkeit bleibt. Toller Einstand! 8/10 Kronen
Asking Alexandria - Like A House On Fire
Das krampfhafte Schielen nach Geld und Erfolg kann schon ein Schwein sein. Davon können viele Bands ein Lied singen, die sich von ihren Wurzeln wegbewegt haben. Bullet For My Valentine gelang die Richtungsänderung von Metalcore zu Mainstream ganz gut, Bring Me The Horizon waren letztes Jahr mit ihrem Pop-Ausflug zwar künstlerisch interessant, haben aber bereits wieder eine Kurskorrektur angekündigt. Asking Alexandria haben auf ihrem selbstbetitelten Album auch schon vor drei Jahren begonnen, ihre Hardcore-Roots möglichst zu kappen und lieber Bastille oder Maroon 5 nachzueifern. Mit einer guten Stimme (Danny Worsnop) gelingt das technisch zwar gut, aber das Songwriting ist derart langweilig und beliebig, dass man bei Track 6 schon nicht mehr weiß, ob er Track 2 oder 5 ähnelte - ach, eigentlich sind alle gleich. Strophe, Refrain, Strophe. Emotionaler Teil, leidender Gesang, sanfte Gitarre, kurzer eruptiver Ausbruch. Das titelgebende Haus kann man ruhig brennen lassen, es schadet nicht… Wer trotzdem Lust hat: am 7. November in der Wiener Ottakringer Brauerei. 3,5/10 Kronen
The Dears - Lovers Rock
Mit Murray Lightburn hat man es nicht leicht, das wissen nicht zuletzt geschätzte drölfzighundert Mitmusiker, die er in mittlerweile 25 Jahren The Dears verbraucht hat. Einzige Konstante ist Keyboarderin und Sängerin Natalia Yanchak, wohl nicht zuletzt deshalb, dass sie auch seine Ehefrau ist. Wer sich aber mit dem diktatorischen Regime des famosen Songwriters arrangieren kann, der bekommt seit Dekaden kanadische Indie-Rock-Ware der Oberklasse serviert. Vor allem „No Cities Left“ (2003) und „Gang Of Losers“ (2006) waren - wohl auch wegen des richtigen Zeitpunkts - vertonte Schätze, an denen sich Genre-Connaisseure bis heute nicht satthören können. „Lovers Rock“ schlägt tatsächlich wieder in die Kerbe der alten Meisterwerke. Orchestraler Pop („Instant Nightmare!“), The Smiths-Referenzen („Heart Of An Animal“) und apokalyptische Lovesongs („No Place On Earth“, „Play Dead“) vermischen sich zu einem romantischen Indie-Spektakel, das jedweden Trends trotzt. Entschleunigt, ausdrucksstark, fein komponiert - ein Volltreffer. 8/10 Kronen
Firewind - Firewind
Mit den Sängern ist das so eine Sache bei der griechischen Heavy-Metal-Institution Firewind. Herbie Langhans, den Szenekundige schon von Avantasia und Radiant kennen, ist bereits der dritte Frontmann innerhalb der letzten drei Alben. Das macht im Endeffekt mehr aus, als man glauben mag, auch wenn die Band seit jeher von den einzigartigen Gitarrenkünsten von Gus G. lebt. Der hat sich ja nach und vor Zakk Wylde auch lange bei Ozzy Osbourne verdingt und treibt sein Lebensprojekt nach dem letzten Split wieder ordentlich voran. Durch Langhans klingen die Songs auf dem selbstbetitelten Album aber wieder härter, raue und kompromissloser, wodurch Firewind wieder stärker Richtung Power Metal rücken, wie ursprünglich einmal gemeint war (ohne zu viel Bombast und überbordenden Drachenkitsch). Die meiste Zeit gibt es ohnehin exaltiertes Gitarrengewixe zu bejubeln, Neues oder Innovatives sucht man nach 22 Bandjahren natürlich vergeblich. Solide Genrekost, nicht mehr und nicht weniger. 6/10 Kronen
Nick Hakim - Will This Make Me Good
Es ist schon starker Tobak und ein hartes Stück, mit dem uns der Wahl-Brooklyner Nick Hakim in der Mitte seines Zweitwerks „Will This Make Me Good“ fordert. „Qadir“ ist eine hypnotisierende, paralysierende, todtraurige, dann aber doch wieder hoffnungsfrohe Auseinandersetzunt mit sich und seinem vor zwei Jahren verstorbenen Freund namens Qadir. Fast acht Minuten lang dauert die Tour de Force und fordert auch dem unbeteiligten Hörer einiges ab. Nick Hakim leidet zeit seines Lebens an Konzentrationsproblemen, blieb in der Schule auch mal sitzen und hat mit 17 als vielleicht letzten Ausweg die Flucht in der Musik gefunden. Dort hat er am 2017er Debüt „Green Twins“ dem Soul zu einem Revival verholfen, drei Jahre später folgt er diesem Schema mit mehr Zugang zur modernen Elektronik. Bei Songs wie „3. Bouncing“ oder „Vincent Tyler“ vermischt sich die Wärme eines Curtis Mayfield mit dem Maschinellen eines James Blake. Das ist nicht immer einfach und zugänglich, aber spannend und authentisch. Zwei, drei Songs wenige hätten es im Endeffekt auch getan. 7/10 Kronen
Horisont - Sudden Death
Zugegeben - die Schwemme an Retro-Rockbands, die sich vor allem in Skandinavien und dort noch genauer spezifiziert in Schweden angesammelt haben, war schon nicht mehr auszuhalten. Mittlerweile gibt es schon eigene Festivals, die zwei Tage Line-Ups damit tragen, doch wie bei allen Trends trennt sich auch hier auf Langstrecke die Spreu vom Weizen. Horisont, natürlich aus Schweden, gehören nämlich eindeutig zu den besseren Beispielen der Nostalgieverehrerschiene. Mit „About Time“ gelang ihnen vor drei Jahren das vielleicht beste Retro-Album, das eine Band aus der jüngeren Vergangenheit jemals fertigte. Drei Jahre später bewegen sich die fünf Recken auf „Sudden Death“ noch weiter zurück und lassen sich in Songs wie „Revolution“, „Free Riding“ oder „Into The Night“ tief in die 60er-Jahre fallen. Da klimpern auch mal die Orgeln und das immer populärer werdende Saxofon bricht sich ebenso Bahn. Die Dringlichkeit und Hitverdächtigkeit des Vorgängers erreichen Horisont aber nicht mehr. Aus dem Gros der Konkurrenz sticht man aber immer noch mühelos hervor. Ein mehr als solides Werk. 7/10 Kronen
Horn - Mohngang
Pagan Metal hatte einmal eine richtig große Zeit. Vor allem rund ums Millennium war die Metalszene voll davon, später haben sich mehr (Finntroll) oder weniger lustige (Korpiklaani) Truppen des Themas grob angenommen und mit Saufsongs gewürzt, wodurch alle Ernsthaftigkeit irgendwann flögen ging. Im Untergrund floriert natürlich jedes Subgenre noch immer und da kann sich ein Projekt wie Horn auch vorurteilsfrei ausbreiten. Nerrath nennt sich der bärtige Recke aus Paderborn, der seit fast 20 Jahren im Alleingang seine persönliche Traumvision von paganistischem Metal mit leichten Schwarzwurzel-Einflüssen umsetzt. „Mohngang“ ist schon das achte Werk, auf dem er abwechselnd in Deutsch, Englisch oder Norwegisch die Schönheit der Natur, die Widerwärtigkeit der Menschen und die sukzessive Zerstörung unseres schönen Planeten besingt. Mal mit rasselnder Doublebass, mal mit polternden Donnerschlägen und dann auch wieder nur durch die Riffbotanik rasend. Das haben unzählige andere vor ihm nur schon besser und spannender hingekriegt. 5/10 Kronen
Jason Isbell And The 400 Unit - Reunions
Wenn klassische „Heartland-Amerikaner“ in schmachtenden Songs von ihrem harten Leben erzählen, ist natürlich oft genug unauthentischer Mummenschanz dabei. Nicht aber so bei Jason Isbell, dem einstigen Bassisten der Drive-By Truckers, der nicht nur vier Grammys in der Tasche hat und auf eine beeindruckende Solokarriere verweisen kann, sondern durch seine grassierende Alkohol- und Drogensucht eine eigentlich fein laufende Ehe frontal in den Sand setzte. Wenn der 41-Jährige aus Alabama also über die Hürden seines Lebens singt, dann ist hier definitiv nichts dramatisiert oder dick aufgetragen, sondern durchwegs echt. „Reunions“ ist das erste Album seit 2009, wo er auch wieder prominent seine Band The 400 Unit anführt. Ein Gemeinschaftsprojekt, mit sehr persönlichem Inhalt - es scheint, als wäre Isbell auf radikalem Versöhnungskurs. Nach drei erfolgreichen und gelobten Alben war der Druck groß, doch Isbell hält ihm Stand. Country, Americana, Heartland-Rock - alles verbindet sich zu einem Ganzen, nichts ist verboten. Bis zum großen Finale „Letting You Go“, eine träumerische Ode an die frische Vaterschaft. Isbell bleibt souverän in Topform. 8/10 Kronen
King Buzzo with Trevor Dunn - Gift Of Sacrifice
Mit guten Freunden lässt es sich halt doch am Besten arbeiten. Zumindest weiß man, was man vom anderen kriegt, wie er tickt und - wohl am Allerwichtigsten - wo man lieber mal den Mund hält. Melvins-Legende Buzz Osborne kennt Trevor Dunn schon von der gemeinsamen Zeit bei den Stilverweigerern Fantômas, Dunn ist auch Bassist bei Mr. Bungle und hier vorliegendes Album wird bei Ipecac veröffentlicht, was nun endgültig jede Querverbindung zu Genie Mike Patton führt. So genial King Buzzo sich auch schon seit fast 40 Jahren in diesem Genre bewegt, es war auch viel Mist dabei. Das ist hier zum Glück nicht der Fall. „Gift Of Sacrifice“ kann man am ehesten als dunkelromantische Akustik-Atmosphärenplatte bezeichnen, bei der das Frisurenwunder Osborne seine komisch-theatralischen Texte über ziemlich finstere Soundbögen legt. Bei „Housing, Luxury, Energy“ würde man sich gerne mal ein Schlagzeug wünschen und „Science In Modern America“ wirkt halbfertig, ansonsten wird die Zielgruppe - Querdenker und treu ergebene Langzeitfans - sehr gut vom Duo bedient. Ein paar Nummern weniger hätten es aber auch getan. 6,5/10 Kronen
Ilse DeLange - Changes
Der Mai 2014 wird ihr immer in Erinnerung bleiben. Als Hälfte des holländischen Duos The Common Linnets sangt sich Ilse DeLange in die Herzen der Fans, aber da gab es eben auch eine Conchita mit „Rise Like A Phoenix“ und damit einhergehend am Ende nur Platz zwei. Aber die Band feierte auch weiterhin Erfolge und seit geraumer Zeit reüssiert DeLange auch solo mit großem Erfolg. Nur ein halbes Jahr nach „Gravel & Dust“ erscheint nun „Changes“, aber mit gehörigem Richtungswechsel. Anstatt sich im entschlackten Country zu suhlen, setzt die 43-Jährige hier wieder auf Dance-Pop („Changes“) oder Pop mit Schlager-Appeal („Wrong Direction“ mit Michael Schulte). Spannend ist das Dargebotene nicht, zudem sind die Songs viel zu sehr auf Nummer sicher gebürstet und lassen keinen Platz für interessante Wendungen. Die zwölf Songs bestehen übrigens auch aus vier alten Klassikern, die neu arrangiert wurden - also ist das auch ein bisschen eine Mogelpackung. 6,5/10 Kronen
The Magnetic Fields - Quickies
Stephin Merritt war schon immer etwas anders als die anderen. Man erinnere sich zurück an das Jahr 1999, seine Magnetic Fields waren da schon eine Dekade auf der Welt. Da kam ihm die Idee für „69 Love Songs“, ein dreiteiliges Konzeptalbum über - no na - Liebeslieder, wo der abgedrehte Bostoner erstmals breitenwirksam bewies, dass hier wirklich das Unerwartete zu erwarten ist. Nun gibt es die „Quickies“. Was digital in einem Aufwaschen das Licht der Welt erblickt, sind insgesamt 28 Songs, allesamt unter drei Minuten, die eigentlich auf fünf EPs aufgeteilt sind. Eingespielt mit seiner ganzen Band kommt vor allem der Humor einmal mehr nicht kurz. Das übermitteln Songtitel wie „I’ve Got A Date With Jesus“, „Let’s Get Drunk Again (And Get Divorced)“ oder „I Wish I Were A Prostitute Again“ relativ unmissverständlich. Doch Merritt sitzt nicht nur der Schalk im Nacken, er beherrscht seine sanfte, fast schon barocke Form von Art-Pop wunderbar. Magnetic Fields muss man eben mögen, sonst erschließt sich einem die krude Welt des Bandenführers nicht wirklich… 7/10 Kronen
Scott Matthew - Adorned
Scott Matthew ist ein Mann des Nachdenkens. Der gebürtige Australier, der seit fast 20 Jahren in New York lebt, macht sich Gedanken über das Klima, über Corona, über die Zwischenmenschlichkeit und wohin wir Menschen die Welt künftig steuern werden. All diese Gedanken und Sorgen finden auch Einzug in seine sanften Popalben, die er mit durchdringender Falsett-Stimme und zarter Instrumentierung veredelt. „Adorned“ ist aber kein brandneues Studiowerk, sondern eine Zusammenfassung von seinen persönlichen Favoriten und jenen des Publikums. Quasi eine Best-Of-Scheibe, versteckt im Mantel eines „herkömmlichen“ Albums. Mit Enigma-Produzent Jens Gad hat er nun zehn Songs einen neuen Anstrich verpasst und sie dadurch auch zeitgemäß gestaltet. Die Stimmspuren bleiben gleich, das Instrumentarium wurde adaptiert. Die Inhalte der Songs sind teilweise noch immer mehr als zeitgemäß und spiegeln Matthews untrügliches Gespür für aktuelle Weltprobleme wider. Ein wundervolles, überraschend „klassisches“ Album, das in der Form gerne auch zu einem richtigen neuen Studioalbum führen darf. Am 1. Oktober live im Porgy & Bess zu sehen. Ohne Bewertung
Moby - All Visible Objects
Moby ist der Bono unter den Elektronikern. Man hat das untrügliche Gefühl, das sein bunt-weltliches Engagement die Musik überlagert. Das kann man natürlich mögen und schätzen, muss man aber nicht. Nichtsdestotrotz geht es dem überzeugten Veganer und Naturliebhaber um den Schutz dieses ohnehin so fragilen Planeten, wodurch er - wie schon von den letzten Werken gewohnt - wieder einmal sämtliche Erlöse des Albumverkaufs an unterschiedliche karitative oder wohltätige Einrichtungen spendet. Das muss man dem 54-Jährigen auf jeden Fall anerkennen, aber auch, dass er musikalisch noch immer etwas zu sagen hat. Gerade nach den eher düsteren, von der prekären Weltlage beeinflussten Alben wirkt „All Visible Objects“ fasst schon wie ein Füllhorn an Hoffnung und Optimismus. Faithless streift bei Songs wie „Refuge“ durch, auch den trendigen EDM hat er für sich entdeckt, wenn auch in dezenterer Art und Weise. Auf der Single „Power Is Taken“ gräbt Moby seine Punkrock-Roots aus und kooperiert mit D. H. Peligro von den Dead Kennedys. „All Visible Objects“ erinnert mehr denn je an seine Glanzzeiten in den 90ern und ist mehr globalpolitisches Statement als Unterhaltung. In dieser Qualität aber mehr als bekömmlich. 8/10 Kronen
Nahko And Medicine For The People - Take Your Power Back
Nahko Bear ist so etwas wie das grundgute Gewissen Amerikas. Er stammt aus dem Künstlermekka Portland, Oregon, hat puerto-ricanische und philippinische Wurzeln, reifte von Alaska bis Hawaii zur Person, die er heute ist und es sich mit seiner Band zur Aufgabe gemacht, positive Energie über die Welt zu streuen. Seit 2008 firmieren Nahko And Medicine For The People und haben in dieser Zeit relativ wenige Alben veröffentlicht. Das liegt mitunter aber auch daran, dass die Band quasi unentwegt unterwegs ist und nomadisch auf allen Festivalbühnen der Welt steht. Die Gegenwart ist also bitter, doch dafür war nach vier Jahren endlich Zeit, „Take Your Power Back“ zu veröffentlichen. Die Liebe zu sich selbst und anderen, zur Natur und der Welt im Allgemeinen nimmt einmal mehr eine treibende Rolle ein. Manchmal im Singer/Songwriter-Stil („Slow Down“), manchmal mit traditionell getrommelten Interludes („The Healing Song“) und dann wieder zwischen R&B und Folk changierend, gibt es keinen Platz für Negativität. In Zeiten wie diesen auch wichtig. 7/10 Kronen
Paradise Lost - Obsidian
Man kann es eigentlich gar nicht in Worten beschreiben, wie prägend Paradise Lost 1991 mit ihrem Album „Gothic“ für die Metalszene waren. Weithin etablierte Bands wie Katatonia haben ihre ganze Karriere auf dem frühen Meisterwerk der Briten begründet. Fast 30 Jahre später gehen Frontmann Nick Holmes und Co. längst zu den „Elder Statesmen“ der Szene und experimentieren mit großer Lust in ihrem eigenen Kosmos hin und her. Mal klingt das elektronischer, mal poppiger und dann auch wieder etwas mehr nach Doom - so wie auf dem brandneuen Werk „Obsidian“, dessen Veröffentlichung man sich von der Coronakrise auch nicht madig machen wollte. Bei einer zähen Hymne wie „Fall From Grace“ oder dem mit Akustikgitarre einleitenden Opener „Darker Thoughts“ lässt es sich wunderbar im Weltschmerz suhlen, so wie die Band allgemein ein untrügliches Gespür für bleierne Schwere hat. Growls und Clean Vocals wechseln sich bei Holmes ab, Gregor Mackintosh webt im Hintergrund seine melancholisch-schneidenden Gitarrenteppiche. Rotwein-Metal für die Erwachsenenfraktion. Aber einmal mehr erhaben und stimmig umgesetzt. 7,5/10 Kronen
Pattern-Seeking Animals - Prehensile Tales
Prog-Rock kann so und so ausfallen. Entweder man hat es mit einem dissonanten Brocken Schwere zu tun, der sich in punkto Sperrigkeit nur noch vom Free Jazz übertrumpfen lässt, oder aber die Musiker schrauben ihre zweifellos vorhandenen Fertigkeiten zugunsten der Songdienlichkeit zurück und lassen nicht nur Musikuniversitätsprofessoren, sondern auch einfachen Hörern Zugang zur ihrer Klangkunst. Die Genre-Supergroup ist jedenfalls motiviert, denn „Prehensile Tales“ erscheint nur etwas mehr als ein Jahr nach dem sehr bekömmlichen Debüt. Die poppigen Melodien, die als Fundament für die instrumentalen Verquickungen dienen, hat man sich gut erhalten, auch wenn Songs wie „Lifeboat“ oder „Elegant Vampires“ noch mehr in den Psych-Rock-Bereich á la Pink Floyd reichen. Die Genialität der Pioniere erreicht die Band rund um Spock’s Beard-Bassist Dave Meros natürlich nicht, aber für Genre-Anhänger offenbart sich hier einmal mehr eine knappe Stunde Kurzweil mit wirklich feinen Kompositionen. 7,5/10 Kronen
Perfume Genius - Set My Heart On Fire Immediately
Mike Hadreas aka Perfume Genius ist nicht nur einer der genialsten, sondern auch einer der verletzlichsten Künstler, die das amerikanische Art-Pop-Business in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Seine Liveshows (wie etwa 2017 in der Wiener Arena zu sehen) sind extrovertierte Kunstprodukte, in seinen Texten handelt er aber die Tücken des Schwulseins im konservativen Amerika, seine langjährige Alkohol- und Drogensucht, sowie seine unabänderbaren Probleme mit dem Selbstverständnis für den eigenen Körper ab. Sein Leben ist eine Geschichte über die vielen zweiten und dritten Chancen, über das Kämpfen und Wiederaufstehen, über erhoffte Akzeptanz und fehlende Toleranz. Auf „Set My Heart On Fire Immadiately“ gibt sich der 38-Jährige mehr denn je dem Barockpop hin, lässt seine sanften, hochpersönlichen Geschichten fast schon hochkulturell und klassisch begleiten. Diese intensive Atmosphäre, vermischt mit den schonungslosen Trips ins eigene Seelenleben sind nicht immer leicht zu verdauen, entfachen aber einen Wirbelsturm an ehrlichen Emotionen. Perfume Genius bleibt das Produkt eines Genies, das seine Genalität aufgrund unverheilter Wunden nicht genießen kann. 9/10 Kronen
Rone - Room With A View
Als Rone ist Erwan Castex vor allem in den französischsprachigen Ländern seit Jahren ein begnadeter Star der Elektronikszene. Nicht nur seine Tracks und Alben sorgten für Furore, selbst Nationalheld Jean-Michel Jarre hat sich seiner Kunst bedient und mit ihm zusammengespielt - ein Ritterschlag, so als würde bei uns Falco aus dem Grab heraus mit einem Jungkünstler kooperieren. „Room With A View“ ist ein ganz besonders interessantes Projekt. Das rein elektronische, völlig ohne Gesang auskommende Werk wurde extra für ein Ballettstück konzipiert, das im März mit 20 Tänzern in Paris uraufgeführt und aufgrund von Corona relativ schnell wieder abgebrochen werden musste. Der Klang ist mannigfaltig. Manchmal fühlt man sich an Aphex Twin erinnert, dann wieder an Philip Glass. Im Titeltrack rührt Rone sogar Vivaldi-Klassik mit der Elektronik des 21. Jahrhunderts zusammen, was erwiesenermaßen ziemlich gut funktioniert. Sanfter Dancefloor paart sich partiell mit Up-Tempo-Parts, melodische Beats kreuzen sich mit dichten, atmosphärischen Soundelegien. Ein luzides Erlebnis, das sich mit Ballett hoffentlich bald wieder visualisieren lässt. 8/10 Kronen
She Hates Emotions - Melancholic Maniac
„Melancholic Maniac“ also, das Debüt von She Hates Emotions. Wem das jetzt erst einmal absolut gar nichts sagt - kein Problem. Dahinter steckt Chris Pohl, Frontmann der deutschen Gothic-Institution Blutengel und damit seit längerer Zeit schon sehr erfolgreich. Mit She Hates Emotions erfüllt sich das Marilyn-Manson-Look-A-Like eine Art Jugendtraum und taucht knietief in die 80er ein. Das Jahrzehnt des Kokains, der New Wave, des Gothic, der Synthesizer und der blütenweißen Anzüge. Irgendwie kommt einem all das auf einmal in den Sinn, wenn man sich die Kompositionen fallen lässt. Sehr viel Depeche Mode hier, ein bisschen Alphaville dort, etwas Human League und Anne Clark dazwischen. Originär ist hier überhaupt nichts, selbst Die Krupps stechen (ohne den martialischen Gesang) das eine oder andere Mal hervor. Das holprige Norddeutsch-Englisch Pohls tut oft weh und nimmt den Songs viel von ihrer Magie, doch wer sich von all dem vorher Gesagten angesprochen fühlt, der wird hier garantiert vollends glücklich. Kurzweilig, aber spannungsarm. 6/10 Kronen
Shrapnel - Palace For The Insane
Der Frühling 2020 hat es für Thrash-Fans wahrlich in sich. Neue Alben von Testament, Havok, Warbringer und jetzt auch Shrapnel fordern das Börserl ordentlich, aber dafür spart man sich die Kohle derzeit ja auch an anderen Fronten. Mit „Palace For The Insane“ begehen die Briten Shrapnel jedenfalls neue Wege, den letztes Jahr hat man sich über das meist einzige No Go im Bandsektor getraut - einen Sängerwechsel. Aarran Jacky Tucker nennt sich der junge Mann, der Shrapnel aber auch eine neue Klangfarbe verleiht („Begin Again“). Neben dem gewohnt beißenden Gekeife sorgt der nämlich auch für melodischere Momente und könnte das Norwich-Quartett dadurch eventuell für eine etwas breitere Publikumsschicht zugänglich machen. Mit dem Holzhammer wird aber freilich trotzdem noch geklopft, das bezeugen ratternde Songs wie „Salt The Earth“, „Cannibal“ oder „Violent Now, Forever“ unmissverständlich. Für die A-Liga reichts auch weiter nicht ganz, dafür fehlen noch die riffigen Ohrwürmer, aber Thrash-Jünger werden trotzdem freudig jauchzen. 7/10 Kronen
Sleep Sleep - The Lost Art Of Questioning Everything
Pieter Gabriel muss man erst einmal heißen. Da hat es der Herr Papa in seiner grenzenlosen Genesis-Ehrerbietung mit dem Sohnemann sehr gut gemeint. Wie ein Elfmeter, diese Chance kann nicht ungenutzt gelassen werden. Mit seinem Projekt Sleep Sleep hat sich Gabriel aber schon vor vielen Jahren selbst als ideenreicher und innovativer Musiker emanzipiert. Psychedelisch war auf seinem Album „Gospel“ vor sieben Jahren vorwiegend unterwegs. Nach einer Nirvana-Cover-EP war es jetzt auch mal Zeit für etwas Neues. „The Lost Art Of Questioning Everything“ ist schon allein durch den Titel ein Juwel, denn Dinge ganz allgemein zu hinterfragen und nicht als gegeben hinzunehmen ist tatsächlich eine verschwindende Fähigkeit. Bei Gabriel geht es um die Chronologie einer langjährigen Beziehung, die er mal mit träumerischem Pop („1979“), mal mit internationalem Hit-Flair („Sonnet“), mal mit kruden Tennis-Samples („The City“) verarbeitet. Bossa Nova, Krautrock, Radiohead, Smashing Pumpkins - alles vorhanden. Gabriels privates Pech ist des Hörers Glück. Dieses sanfte Album ist ein Geschenk österreichischer Tonkunst. 7,5/10 Kronen
Smokey Brights - I Love You But Damn
Eine Rockband aus Seattle sind die Smokey Brights. Da kommen einem jedenfalls andere Assoziierungen in den Sinn, als der doch eher gediegene, entspannte Sound, den das Quartett auf „I Love You But Damn“ schlussendlich liefert. Angeführt vom Ehepaar Kim West (Vocals, Keyboards) und Ryan Devlin (Vocals, Gitarre) klingen Smokey Brights jedenfalls weit weniger gefährlich, als sie gerne sein würden oder zumindest von ihren PR-Abteilungen angekündigt werden. Von rockigen Disco-Grooves ist da die Rede, ebenso davon, sofort mittanzen und sich in die Musik verlieben zu müssen. Das ist nett gemeint, aber für die Realität doch etwas zu großspurig geraten. Natürlich, das Songwriting funktioniert im Großen und Ganzen schon. Songs wie der Titeltrack, „Since ‘85“ oder „Dance Until We Die“ machen Spaß, eine fast schon an Coldplay gemahnende Schmierseifenoper á la „Save Us Sarah“ sollte man aber lieber schon im Keim ersticken. Wenn man die psychedelisch-rauchigen Elemente forciert und das Schmalz weglässt, dann wird das noch was! 6,5/10 Kronen
Moses Sumney - græ
Es ist dies nach langer Zeit nicht nur die Woche ungemein vieler starker neuer Alben, sondern auch die Woche selbstreflektierender Männer. Nicht nur Perfume Genius glänzt auf seinem neuen Barock-Pop-Album mit schmerzhaftem Hinterfragen, auch Moses Sumney blickt tief in seine Seele. Nach seinem 2017er-Megadebüt „Aromanticism“ rückt er vom Thema Liebe ab und hinterfragt lieber seine Identität. Ghanaer? Amerikaner? Afrikaner? Weltenbürger oder nichts von allem? Er habe das Recht, viele zu sein, besingt er in „boxes“. Sumney hinterfragt auch die Dogmen der Männlichkeit, toxische Maskulinität und warum es immer noch so verdammt schwierig ist, schwarz zu sein. Das 20 Songs starke Doppelalbum hat er digital schon vorab in zwei Tranchen veröffentlicht. Angesichts der Intensivität der Songs kein Wunder, denn die zwischen Art-Pop, Soul und Indie Folk changierenden Songs mit ihren tonnenschweren Inhalten muss man erst einmal sacken lassen und verdauen. Fast schon kosmisch, außerweltlich sind die Kompositionen. „græ“steht genau für die Grauzone, in der sich der 28-Jährige befindet. Ein konzeptionelles Meisterwerk, das dem Mainstream ob seiner opulenten Vielseitigkeit aber unter Garantie verwehrt bleibt. 9/10 Kronen
Thao & The Get Down Stray Down - Temple
Auch schon wieder vier Jahre, seit Thao & The Get Down Stray Down ihr letztes Studioalbum veröffentlichten. Die Qualität hat in der Zwischenzeit gottlob nicht wirklich gelitten, denn die Band aus San Francisco weiß auch gegenwärtig, mit spannenden Kompositionen zu überzeugen. Im Direktvergleich zu „A Man Alive“ hat sich aber doch einiges getan. Die instrumentalen Experimente wurden stark zurückgefahren und auch die Hip-Hop-Referenzen, die damals noch klar hervorstachen, erscheinen stark minimiert. Lediglich in „Phenom“ und „Rational Animal“ rücken sie in den Vordergrund, dafür sind Songs wie das schleppende „Marauders“ oder das etwas krude entwickelte „Lion On The Hunt“ mitunter doch einige Level unter den besseren Stücken, die sich quer über die ganze Platte aufteilen. Noch viel wichtiger als die Musik ist aber die Botschaft - auf „Temple“ besingt Frontfrau Thao Nguyen mutig ihre Queerness, berichtet über die dadurch entstandenen Probleme in der Familie und mit ihrer zweiten „Heimat“ Vietnam und den Folgen in der Gesellschaft. Mutig getextetes Album, instrumental aber zu stark auf Nummer sicher gepolt. 6,5/10 Kronen
Triptykon With The Metropole Orkest - Requiem
Kooperationen mit einem Orchester sind mittlerweile nicht mehr selten, aber gerade im Metal-Bereich fehlt es den Bands oft doch am nötigen Budget. Beim renommierten Roadburn-Festival, dem wohl mutigsten und interessantesten in ganz Europa, erfüllten sich die Schweizer Triptykon letztes Jahr aber einen Lebenstraum, indem sie ihr dreiteiliges „Requiem“ mit dem holländischen Metropole Orkest aufgenommen haben. Gut drei Dekaden geisterte die Idee schon im Kopf von Mastermind Tom Gabriel Fischer herum, zwei Jahre hat er mit seiner Band intensiv daran gearbeitet, diesen einzigartigen Abend würdig zu gestalten. Heraus kommt eine Mischung aus Material der 80er-Kultband Celtic Frost, der halbstündigen, neu arrangierten Nummer „Grave Eternal“ und einem fast ausschließlich vom Orchester getragenen Song aus der Triptykon-Ära 2006. Ein beeindruckendes Mahnmal von und für einen der wichtigsten Köpfe der Extreme-Metal-Szene. Ohne Bewertung
Tyrant - Hereafter
Sich im Heavy-Metal-Sektor Tyrant zu nennen ist schon ziemlich wagemutig. Aber fairerweise muss man wohl sagen, dass hier vorliegende Tyrant die allerersten waren, haben sie sich doch immerhin schon 1978 formiert. Zwei starke Alben in den 80er-Jahren, ein untergegangenes 1996 und nun ein - das wievielte? - egal, x-tes Comeback. „Hereafter“ trumpft aber mit einem besonderen Schmankerl auf, denn vor drei Jahren hat sich die Truppe mit Robert Lowe am Mikrofon verstärkt. Der hat mit Candlemass und Solitude Aeternus durchaus Genre-Geschichte geschrieben und gibt dem Heavy-Metal-Gebräu einen besonders melodischen Anstrich. Ansonsten ignoriert die Altherrentruppe so gut wie möglich sämtliche Trends und Innovationen und bewegt sich irgendwo zwischen Judas Priest, Black Sabbath und Diamond Head. Das ist ehrlicher, blitzgrauer Heavy Metal für die traditionelle Garde - und in diesem Sektor wirklich gut gemacht. 7,5/10 Kronen
Voodoo Gods - The Divinity Of Blood
Alle heiligen Jahre wieder treffen sich Kapazunder aus verschiedenen Ecken der Welt, um unter dem Banner Voodoo Gods ihre größten Fertigkeiten zu beweisen und auf die Menschheit loszulassen. Die von Drummer Alex Voodoo gegründete Band aus Tampa, Florida, hatte schon Kaliber wie Behemoth-Frontmann Nergal oder Tim Browning an Bord. Seit einigen Jahren glänzen vor allem zwei Herren heraus. Cannibal-Corpse-Frontgenick George „Corpsegrinder“ Fisher und an der Gitarre der deutsche Saitenhexer Victor Smolski. Klingt absurd? Ist es in gewisser auch, aber dennoch spannend. Einerseits hat man die schwindelerregenden, vor Egomanie nur so strotzenden Soli des einstigen Rage-Gitarristen, andererseits grölt Fisher gewohnt kompromisslos ins Mikro, kriegt aber durch den melodischen Klanghintergrund eine ganz andere Gesamtfarbe verpasst. So vermischen sich Death-, Thrash- und Prog-Metal gleichermaßen. Mit knapp einer Stunde ist die Spielzeit aber viel zu lange und durch die Vermischung ist das Endprodukt oft nicht Fisch, nicht Fleisch. Eine schöne Spielwiese für alle Beteiligten, Hitpotenzial ist aber nicht wirklich auszumachen. 6,5/10 Kronen
Weltwiener - April EP
Ob die Weltwiener gleich auf globalen Erfolg aus sind? Mit deutschsprachigen Texten wohl nicht und deutschsprachig muss hier dick angeschrieben werden. Die Newcomer aus, no na, Wien folgen nämlich nicht dem Gros der heimischen Szene und setzen auf mundartliche Authentizität, sondern würzen ihre national aufgeladenen Texte mit astreinem Hochdeutsch und typischen Deutschpop-Melodien. „Anders“ und „Hypes“ sind glatt produziert und einwandfrei arrangiert, zum Abheben von der Konkurrenz fehlt es aber noch an der eigenen Identität. Die mit Kathi Kallauch aufgenommene Nummer „April“ hat stärkere Ohrwurmqualitäten und zeigt, was möglich wäre, wenn man sich ein bisschen vom klassischen Deutschpop-Bereich emanzipieren will. „April“ im Mai - warum auch nicht. Ein netter Einstand mit Mainstreamtauglichkeit, da geht aber noch mehr. Ohne Bewertung
Western Addiction - Frail Bray
Mitten aus dem Stall der Punk-Labellegende Fat Wreck Records stammen Western Addiction - und das wortwörtlich, denn die bereits Ende der 80er-Jahre als Funprojekt gegründete Truppe entstand ursprünglich wirklich aus Mitarbeitern von dort. Richtig in Fahrt kamen sie erste in diesem Jahrtausend mit zahllosen EPs und mittlerweile drei Alben, dazu fleißigen Touren mit NOFX und Co. Auf „Frail Bray“ bleibt das Quintett seiner zwanglosen und flotten Ausrichtung treu. Auch wenn sie sich selbst gerne mit einem Hardcore-Stempel etikettieren, dominiert der Punk-Rock mit groovigen Breakdown-Parts. Angenehm ist aber, wie wenig Berührungsängste Jason Hall und Co. mit Stilfremden haben. So vernimmt man in „Rose’s Hammer Part I“ ein Streicherarrangement und wagt sich in den anderen Songs gerne auch einmal in den Rock’n’Roll-Bereich (Titeltrack) vor oder lehnt sich an US-Folk. Eine knappe halbe Stunde, die zu keiner Sekunde fad ist und irrsinnig Spaß macht. Und jetzt ab zum Two-Step. 8/10 Kronen
Jess Williamson - Sorceress
Mit ihrem dritten Album 2018 wurde auch der renommierte „Rolling Stone“ auf Jess Williamson aufmerksam. Ihre feine Mischung aus Indie-Folk, Americana und leichten Counry-Anleihen auf „Cosmic Wink“ wertete das Magazin als hochinteressant ein und kürte die heute 32-Jährige zum „Artist You Need To Know 2018“. Zwei Jahre später hat sich einiges getan. Durch die Corona-Krise durchlief Williamson laut eigenem Bekunden einen persönlichen Relaunch und sieht die Suche nach Erfolg als nicht mehr sonderlich erstrebenswert an. Schade, aber wenn die Welt eine gerechte ist, dann geht das auch ohne persönlichen Nachdruck. „Sorceress“ ist ein ungemein intensives Statement einer verletzlichen, aber gleichzeitig starken Frau, die es tatsächlich schafft, Lucinda Williams, Angel Olsen, Lana Del Rey und Waxahatchee irgendwie unter einen Hut zu packen. Paralysierend setzt sich der Opener „Smoke“ fest, nur um gleich darauf mit der Ballade „As The Birds Are“ zu betören und auf dem etwas poppigeren „Infinite Scroll“ die Vielseitigkeit eindrucksvoll zu bestätigen. Ein heißer Kandidat für die Platte des Monats. 9/10 Kronen
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