Neue Reise-Normalität
Grenzöffnungen: EU gleicht einem Fleckerlteppich
Die schrittweise Rückkehr zur Normalität ist nicht zuletzt an den Grenzöffnungen zahlreicher EU-Staaten zu beobachten. Die derzeitigen Regelungen gleichen jedoch einem Fleckerlteppich. So hat zum Beispiel Kroatien seine Grenzen praktisch für alle Urlauber geöffnet. Denn eine gebuchte Ferienunterkunft gilt nunmehr als wirtschaftliches Interesse, welches eine Einreise auch ohne verpflichtende Selbstisolierung ermöglicht. Doch die Reise über Slowenien gestaltet sich für Gäste aus Deutschland oder Österreich schwierig, denn die Regierung in Ljubljana hat ihrerseits die Lockerungen am Samstag wieder relativiert. Zudem müssen Einreisende nach Österreich bis Ende Mai entweder ein ärztliches Attest mit einem negativen Coronavirus-Test vorweisen oder 14 Tage in Quarantäne verbringen.
Die wenigsten EU-Staaten haben eine bilaterale Vereinbarung wie Österreich und Deutschland abgeschlossen. Derzeit gibt es nur noch stichprobenartige Kontrollen in beide Richtungen. Dies gilt auch für Reisen in die Schweiz und nach Liechtenstein, die ihrerseits ebenfalls die Grenzen geöffnet haben. Mit Italien, das seine Grenzen wiederum ab 3. Juni für EU-Bürger öffnen will, werden solche bilaterale Vereinbarungen wohl nicht so schnell erfolgen.
Druck auf Tschechien erhöht
Die Lockerungen der österreichischen Kontrollen an der Grenze zur Slowakei, Ungarn und zu Tschechien ändern praktisch nichts für tschechische und slowakische Reisende. Bei der Rückkehr nach Tschechien brauche es nämlich weiterhin einen negativen Corona-Test oder es werde eine 14-tägige Heimquarantäne angeordnet. Eine Öffnung der Grenzen in Tschechien wird laut der Regierung in Prag für Mitte Juni angepeilt. Der Druck ist durch die Lockerungen in den Nachbarstaaten aber gestiegen.
Slowakei beharrt auf strengen Kontrollen
Die slowakische Regierung hat einer raschen Grenzöffnung ebenfalls eine Absage erteilt. „Es sieht sehr hoffnungsvoll für weitere bedeutende Lockerungen bei uns in der Slowakei aus, aber mit dem Schutzwall an unseren Grenzen müssen wir weiterhin wachsam und vorsichtig bleiben“, schrieb der konservative Regierungschef Igor Matovic am Sonntag auf Facebook.
Die Slowakei weist eine der niedrigsten Infektionsraten mit dem neuartigen Coronavirus in Europa auf. Bis Sonntag verzeichnete das 5,4 Millionen Einwohner zählende Land nur 1494 bestätigte Infektionsfälle und 28 Corona-Tote. Die Regierung führt diese im Vergleich zu allen Nachbarländern außerordentlich günstigen Zahlen auf ihre radikalen Schutzmaßnahmen zurück und beharrt daher auf einer Abschottung nach außen.
Noch bis 31. Mai darf man nach Österreich nur für den Berufs- und Pendlerverkehr, bei berücksichtigungswürdigen familiären Gründen und zur Versorgung von Tieren ohne die Pflicht zur Vorlage eines negativen Coronatests oder Heimquarantäne einreisen. Dies gilt auch für Slowenien, das bereits am Freitag alle seine Grenzen für EU-Bürger geöffnet, dies aber einen Tag später ein wenig relativiert hat.
Slowenien: „Keine allgemeine Öffnung der Grenze“
„Es gibt keine allgemeine Öffnung der Grenze zu Italien und auch Österreich und Ungarn, weil das nur eine bilaterale Maßnahme sein kann“, twitterte der slowenische Ministerpräsident Janez Jansa am Samstag. „Die Gespräche sind noch im Gange, die verwaltungsrechtliche Grundlage wird vorbereitet und beschlossen“, schrieb Jansa in Anspielung auf Gespräche mit den Nachbarländern.
Bereits unmittelbar nach der Grenzöffnung hatten Medienberichten zufolge Hunderte Slowenen die neue Reisefreiheit nach Kroatien genutzt, weil viele dort Zweitwohnsitze haben. Mit Blick auf Kroatien betonte Jansa, dass auch an der Grenze zu Kroatien „immer noch gesundheitliche Einschränkungen gelten“, obwohl das Nachbarland die Maßnahmen bereits gelockert habe.
Ähnliche Kolonnen wie an den slowenisch-kroatischen Grenzen konnte man am Wochenende an den deutschen Grenzen nicht beobachten. Lediglich etwas mehr Verkehr hatten die Behörden vermeldet.
Schweiz: Etwas stärkerer Andrang an den Grenzen
Die Schweizer Zollverwaltung zog am ersten Tag der Grenzöffnung eine positive Bilanz. Alles sei ruhig verlaufen, teilte ein Sprecher am Samstagabend mit. Der Verkehr über die Grenzen sei zwar etwas stärker gewesen als in den vergangenen Wochen, habe aber in etwa einem Drittel eines normalen Samstags entsprochen. Einkaufstourismus sei kein Thema gewesen. Fahrten in ein Nachbarland nur zum Einkaufen sind weiterhin verboten.
Die deutsche Regierung geht davon aus, dass trotz Corona-Pandemie in weiten Teilen Europas ein Sommerurlaub möglich sein wird. „Die Chancen stehen gut, dass wir unsere Sommerferien nicht nur im Inland, sondern auch im europäischen Ausland verbringen können“, sagte Thomas Bareiß, der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“. Ziel sei es, dass alle Länder in Europa wieder bereist werden könnten, sofern die Krankheitsentwicklung es zulasse und vertrauenswürdige Schutzkonzepte zur Anwendung kämen.
EU-Außenminster beraten am Montag über koordiniertes Vorgehen
Der deutsche Außenminister Heiko Maas, der am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ meinte, nach dem 15. Mai solle es „eigentlich“ keine weltweiten Reisewarnungen geben, will am Montag mit seinen Kollegen aus beliebten Urlaubsländern der Deutschen beraten, wie die Reisebeschränkungen wegen der Corona-Pandemie nach und nach gelockert werden können. Zu der Videokonferenz sind Spanien, Italien, Österreich, Griechenland, Kroatien, Portugal, Malta, Slowenien, Zypern und Bulgarien eingeladen. Ziel des Treffens ist ein koordiniertes Vorgehen bei der Öffnung der Grenzen für Touristen.
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