Krone-Interview

Schlieri: „Tournee reizt mich mehr als Olympia“

Wintersport
20.05.2020 07:10

Österreichs Rekordspringer Gregor Schlierenzauer verrät im Gespräch mit der „Krone“, warum er auf sozialen Medien ein Umfeld sucht, wie es ihm nach einer Augen-OP geht und welche Zukunftspläne er hegt.

Österreich war wochenlang im Lockdown. Wie hast du diese Zeit erlebt?
Schlierenzauer: Ich habe viel gelesen und gekocht, an guten Tipps hat es dank meiner Fanpost nicht gemangelt.

Streamingdienste wie Netflix verbuchten weltweit Rekordzahlen ...
Schlierenzauer: Mich hat die Michael-Jordan-Doku „The Last Dance“ extrem fasziniert. Sollte ich noch einmal die Tournee gewinnen, werde ich mir auch eine Sieges-Zigarre gönnen.

Auch soziale Medien wie Facebook und Instagram erlebten einen unglaublichen Boom. Bist du auf diesen Plattformen unterwegs?
Schlierenzauer: Ja. Grundsätzlich betreue ich alles selbst, aber ich bekomme natürlich Hilfe in Stoßzeiten. Es funktioniert nicht, zwischem ersten und zweiten Durchgang eine Info rauszuhauen. Tinder mache ich klarerweise selbst.

Du bist auf Tinder?
Schlierenzauer: Ja, ich bin auf Tinder. Ich sehe das relaxt. Tinder ist verschrien, dass es sehr versext ist. Das sehe ich nicht so. Wenn man meine Geschichte kennt, weiß man, dass ich alles dem Sport untergeordnet habe. Ich verspüre in meinen Alter den Wunsch, ein Umfeld abseits des Sports aufzubauen.

Mittlerweile sind die Sportanlagen wieder offen. Warst du schon auf einer Schanze?
Schlierenzauer: Im Moment mache ich einen Kraftblock, in das Sprungtraining steige ich nach einer Augenoperation erst im Juni ein. Vor eineinhalb Jahren habe ich das linke Auge gemacht, das hat sensationell funktioniert. Das rechte Auge war gar nicht so extrem. Aber ich habe immer mehr den Unterschied wahrgenommen. Da habe ich für mich beschlossen, dass ich auch das rechte Auge lasern lassen will.

Hilft es dir beim Springen?
Schlierenzauer: Ich habe eine Hornhautverkrümmung, wenn es dunkeln wird, sieht man in der Weite verschwommen. Jetzt sollte ich die Hillsize wieder öfter sehen.

(Bild: APA/ERWIN SCHERIAU)

Mit Andi Widhölzl gibt es neuen Cheftrainer im österreichischen Herren-Team ...
Schlierenzauer: Für mich persönlich wird sich nicht viel ändern. Werner Schuster ist weiter mein Berater, wir hatten mit Andi und dem Verband ein sehr gutes Gespräch. Ich bin bei allen Team-Trainingskursen dabei, freue mich darauf. Die Herausforderungen bleiben die selben für mich, ich will den Schritt wieder nach oben schaffen.

Das heißt, du machst weiter bis du deinen 54. Weltcupsieg geschafft hast
Schlierenzauer: Ich springe so lange, wie ich die Leidenschaft spüre. Und vor allem den Biss und die Motivation habe, es noch einmal wissen zu wollen. Das Gefühl habe ich nach wie vor. Und das Schöne beim Springen ist, dass es eigentlich keine Altersbegrenzung gibt, weil es eine hochkoordinative Sportart ist, ähnlich wie Golf.

Der Schweizer Simon Ammann möchte mit seinen 38 Jahren noch bis Peking 2022 hupfen.
Schlierenzauer: Olympia reizt mich weniger, das stellt man sich als junger Athlet doch anders vor. Das bitte nicht falsch verstehen. Es gibt sehr positive Erinnerungen, wie beispielsweise an Vancouver, Sotschi oder Pyeongchang haben mich hingegen weniger überzeugt. Es ist schon sehr zwiespältig, deswegen schaue ich nicht mit einem Tunnelblick auf 2022.

Und Olympia-Gold? Es ist der einzige Titel, der dir in deiner einmaligen Karriere noch fehlt ...
Schlierenzauer: Das reizt mich weniger wie ein Tournee-Sieg. Ich finde im Springen ist einfach die Tournee das A und O.

(Bild: GEPA)

Spannend wird schon der kommende Winter. Mit Skiflug-WM in Planica, Tournee und Nordischer Ski-WM in Oberstdorf...
Schlierenzauer: Der Terminkalender ist knackig, ich schaue aber mit Vorfreude hin. Eine Skiflug-WM im Dezember habe ich noch nie erlebt. Ich war auch noch nie zu dieser Zeit in Planica, da kann es dort angeblich sehr kalt und rückenwindig sein.

Fällt ohne den berühmten Aufwind die Weitenjagd auf der Monsterschanze aus?
Schlierenzauer: Eine Weitenjagd gibt es immer. Alles was nicht fliegt, braucht mehr Anlauf. Planica steht für Saisonabschluss, Sonne, Frühjahr, Party und Weitenjagd. Darum ist es dort immer speziell. Jetzt im Dezember wird es anders sein, aber ich möchte nicht sagen, dass es weniger speziell wird.

Hast du eigentlich schon Pläne für die Zeit nach der Sportlerlaufbahn?
Schlierenzauer: Das ist schon ein Thema, womit ich mich jetzt intensiver befasse. Das eine schließt das andere nicht aus. Skispringen ist zwar sehr intensiv. Aber man hat genug Zeit, etwas anderes zu tun. Ich möchte im Herbst eine Ausbildung in Richtung Architektur und Immobilien starten. Die Idee ist, sich so fortzubilden, um später eine eigene Firma gründen zu können. Ich würde gerne aus alten Dingen Schönes machen.

Wie schaut dein Traumhaus aus?
Schlierenzauer: Eine moderne Villa. Leicht, mit viel Glas. Aber das entwickelt sich auch im Alter, man sieht neue Ideen.

Norbert Niederacher, Kronen Zeitung

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(Bild: KMM)



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